Kapitel 14 - Harold, die Katze

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„Harry", murmelte ich, als ich langsam wieder zu mir kam. „Lou". Ich spürte einen sanften Druck an meiner linken Hand und öffnete langsam die Augen. Das Licht war viel zu grell, weswegen ich sofort mein Gesicht verzog und die Augen wieder schloss. „Warte, ich mach das Licht aus", sagte er und ließ meine Hand los. „Besser?", fragte er, doch ich schüttelte den Kopf. „Komm bitte wieder her", sagte ich leise und noch immer geschwächt. Ich hörte seine Schritte näher kommen und spürte kurz darauf erneut den angenehmen Druck an meiner linken Hand.

„Bin ich verhaftet?", fragte ich. Ich meine die Frage ernst, denn die Befürchtung hatte ich wirklich. „Nein, Lou, bist du nicht", antwortete Harry zu meiner Erleichterung. „Okay", sagte ich und versuchte erneut, meine Augen zu öffnen. Ich lag offenbar im Krankenhaus. „Was ist passiert?", fragte ich Harry, der mich mit besorgter Miene ansah. „Du bist zusammengebrochen, hast die letzten zwei Tage durchgeschlafen", sagte er, während er sanft meine Hand streichelte. „Warst du die ganze Zeit hier?", fragte ich ihn irritiert. „Ich bitte dich, als wäre ich dermaßen anhänglich. Ich war bestimmt dreimal in der Kantine und hab circa zwei Schachteln Zigaretten geraucht", scherzte er. „Danke Harry".

„Mr. Tomlinson?", hörte ich eine weibliche Stimme fragen. „Ja", sagte ich. Die zivile Polizistin, bei der ich kürzlich die Anzeige gegen Jacob aufgegeben hatte, betrat das Krankenzimmer. „Wie geht es Ihnen?", fragte sie. „Könnte besser sein, könnte aber auch schlimmer sein. Wie geht es ihm?", fragte ich. „Oh Gott, Lou, es ist doch völlig egal, wie es ihm geht. Dieses...", begann Harry sich gerade in Rage zu reden, doch ich unterbrach ihn und sah wieder zu der Polizistin. „Er ist noch auf der Intensivstation eines anderen Krankenhauses. Es werden noch einige Tests durchgeführt, aber er wird es schaffen", sagte sie. „Also kann sich das alles wiederholen? Er kann mir wieder auflauern?", fragte ich und spannte mich sofort an.

„Das wird nicht passieren, gegen Mr. Moriarty wurde Haftbefehl erlassen", sagte sie. Ich sah sie irritiert an. „Wir haben die Aufzeichnungen der Überwachungskameras Ihres Hausflures ausgewertet. Und auf den expliziten Wunsch von Mr. Styles haben wir die Spuren an Ihrem Hals unmittelbar nach Ankunft im Krankenhaus genommen. Die Beweise sind eindeutig", sagte sie. „Er kann dir nichts mehr tun, Lou", sagte Harry, der sich gerade über mich beugte und mir einen Kuss auf die Stirn gab. „Einen kleinen Wermutstropfen gibt es dennoch. Gegen Sie wird wegen Körperverletzung in Notwehr ermittelt. Jedoch werde ich alles Nötige tun, dass das Verfahren eingestellt wird", sagte sie. Ich nickte. „Kommen Sie bitte in der Dienststelle vorbei, sobald Sie entlassen wurden und sich etwas erholt haben. Bis dahin alles Gute und vor allem gute Besserung", sagte sie, verabschiedete sich und verließ den Raum.

„Danke", sagte ich zu Harry, während ich mich wieder zu ihm drehte. „Du warst richtig tapfer. Entschuldige bitte jedes einzelne Mal, als ich dich zum Spaß Schwächling genannt habe", erwiderte er grinsend. „Machst du dir immer noch Vorwürfe?", fragte ich, woraufhin er leicht nickte. „Mach das nicht. Du bist nicht mein Beschützer, ich muss auf mich selbst aufpassen können. Und ganz so schlecht hab ich das doch gar nicht gemacht", sagte ich mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. „Du warst großartig. Ich bin unglaublich stolz auf dich", sagte er und presste seine Lippen auf meine.

Nach Abschluss der letzten Untersuchung verließen Harry und ich das Krankenhaus. Sofort nahm er meine Hand, als wir uns auf dem Weg zu seinem Fahrzeug befanden. „Wollen wir noch etwas essen gehen?", fragte er mich, doch ich schüttelte sofort den Kopf. „Ich will einfach nur nach Hause", sagte ich, was mit zustimmendem Nicken seinerseits bestätigt wurde.

Ich beobachtete die vorbeifahrende Landschaft, verlor mich vollkommen in meinen Gedanken. Dieser Abend war derart kräftezehrend, sowohl körperlich, als auch emotional. Ich spürte den Druck seiner Hand noch immer auf meinem Hals. Vorsichtig klappte ich die Sonnenblende des Fahrzeuges nach unten und sah in den Spiegel. Ich erkannte unzählige farbliche Veränderungen an meinem Hals. Sofort klappte ich erschrocken die Sonnenblende nach oben. „Hier", sagte Harry, der sich sein blaues Tuch vom Hals nahm und mir reichte. Sofort legte ich es um und versuchte, die Flecken auf meinem Hals zu verdecken. „Wollen wir lieber in ein Hotel gehen?", fragte Harry mich, als wir vor dem Wohnhaus ankamen. Ich schüttelte sofort den Kopf. „Keine Angst mehr", sagte ich. „Ich bin so stolz auf dich", erwiderte er und wir stiegen aus dem Fahrzeug aus.

„Was zur Hölle?", fragte ich laut, als ich meine Wohnungstür öffnete und mir eine kleine Katze mit einer Schleife auf dem Kopf entgegenrannte. Harry brach in schallendem Gelächter aus. „Harry, was soll das Vieh in meiner Wohnung?", fragte ich ihn völlig hysterisch. „Ich hab doch gesagt, dass du wie jemand aussiehst, der eine Katze hat. Jetzt hast du eine", sagte er noch immer laut lachend. „Ich hasse Katzen!", fuhr ich ihn an, konnte mir ein Lachen jedoch ebenso nicht verkneifen. „Louis, du musst deine Katze einfangen!", sagte Harry. „Harold!", rief ich in Richtung der Treppe, an welcher die Katze saß. „Harold? Ernsthaft? Du nennst deine Katze Harold?", fragte er. „Ich kann sie ja schlecht Harry nennen, das ist ein furchtbarer Name", erwiderte ich grinsend. „Du bist furchtbar", sagte er und verschränkte die Arme vor seinem Körper. „Oh Gott, wir verbringen echt zu viel Zeit miteinander", merkte ich grinsend an.

Nachdem ich Harold eingefangen und in die Wohnung geführt habe, blickte ich mich überrascht um. Im Wohnzimmer hing ein riesiges ‚Welcome Home' - Banner und der Boden bestand zu großen Teilen aus Luftballons. „Willkommen zu Hause", flüsterte Harry mir ins Ohr und gab mir einen Kuss auf die Wange. „Du, Harry?", fragte ich ihn leise, während ich mich zu ihm drehte und ihm tief in die Augen sah. „Ja, Lou?", fragte er. „Woher hast du eigentlich meine Wohnungsschlüssel?", fragte ich mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Er antwortete nicht, verband stattdessen unsere Lippen miteinander und zog mich fest an seinen Körper.

„Harold", fuhr ich meinen neuen Mitbewohner an, der sich gerade an meinem Bein hochzog. „Harold ist übrigens eine Harriet", merkte Harry an, während ich mein Bein schüttelte, um die Katze loszuwerden. „Sie nervt", sagte ich. „Aber du liebst sie trotzdem?", fragte er mit einem Grinsen im Gesicht. „Natürlich liebe ich sie. Ich habe sie schließlich von dir", erwiderte ich und packte die Katze mit beiden Händen, um sie in meine Arme zu ziehen. „Du kannst gehen, Harry, ich hab jetzt eine Freundin. Bin eher so der Katzen - Typ", sagte ich scherzhaft. „Vergiss es", sagte Harry, nahm die Katze und setzte sie wieder auf dem Boden zwischen all den Ballons ab, um mich wieder ganz für sich zu haben.

„Lou, wie geht's dir?", fragte er mit ernster Miene. „Super", antwortete ich ihm. „Bitte sei ehrlich und rede mit mir", sagte er leise. „Es geht. Ich bin froh, dass ich es allein aus der Situation geschafft habe, aber der Schock sitzt noch in den Knochen. Ich hatte wirklich Angst. Ich möchte sogar behaupten, dass ich in meinem gesamten Leben nie zuvor so große Angst hatte", sagte ich mit ehrlichen Worten. „Kann ich dir irgendwie helfen?", fragte er direkt im Anschluss. „Harry, du warst und bist die allergrößte Hilfe überhaupt. Ich fühl mich nicht nur sicher bei dir, ich fühle mich vor allem auch wohl. Du kannst mir gar nicht noch mehr helfen", sagte ich, was Harry sichtlich überraschte. „Danke", sagte er leise und nahm den zuvor unterbrochenen Kuss wieder auf.

„Was hältst du davon, wenn wir langsam schlafen gehen?", fragte Harry und blickte in Richtung meines Schlafzimmers. „Muss ich nicht erst noch mit Harold Gassi gehen?", fragte ich ihn mit einem Schmunzeln. „Ich werd dir wohl das Sorgerecht entziehen müssen, sie überlebt keine drei Tage bei dir", antwortete er grinsend. „Du nimmst mir meine Katze nicht weg!", fuhr ich ihn theatralisch an. „Halt die Klappe und komm mit mir ins Schafzimmer", forderte er mich auf.

Wir blieben vor meinem Bett stehen, als Harry seine Arme von hinten um mich schlang und mir einen sanften Kuss auf die Wange gab. Ich drehte mich sofort in seine Richtung, bis unsere Blicke sich trafen. „Danke für Alles", sagte ich leise und presste meine Lippen auf seine. Unsere Münder öffneten sich leicht und ich fuhr mit meiner Zunge vor, bis sie auf seine Zunge traf. Meine Hände vergrub ich in seinen Haaren und zog sein Gesicht so nah an mich, wie nur irgendwie möglich. Ich spürte seine Hände an meiner Taille. Sein Griff war fest und ich spürte das bedrückend enge Gefühl in meiner Hose.

Langsam fuhr ich mit meinen Händen weiter nach unten, bis sie auf seinen unteren Rücken trafen. Ich ließ sie unter sein Shirt gleiten und zog es ihm langsam über den Kopf, was sofort eine Gänsehaut auf seinem Körper entstehen ließ. Das Shirt fiel lieblos zu Boden und ich drückte mich mit meinem Körper gegen seinen, bis Harry sich von mir löste und einen Schritt zurückging. „Lou, was soll das werden?", fragte er mich, wobei ich eine Mischung aus Verlangen und Verzweiflung in seinem Blick erkannte.

„Ich möchte mit dir schlafen, Harry".

Neighborhood | L.S.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt