Kapitel 24 - Willkommen in meiner Heimat

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„Wer ist das?", fragte Harry stöhnend, als es am nächsten Morgen an der Tür klingelte. Es hielt ihn nicht davon ab, weiterhin in mich zu stoßen. „Zayn", hauchte ich ihm entgegen. „Gib mir nur...", begann er zu sagen, doch in dem Moment kam er in mir zum Höhepunkt. „Fertig", rief er freudig und zog sich sofort aus mir. „Ich aber noch nicht?!", erwiderte ich völlig entnervt. Harry zog seine Boxershorts an und gab mir einen Kuss auf die Wange. „Ich mach's nachher wieder gut, Liebling", sagte er und verließ das Schlafzimmer. Ich stand noch immer mit dem Gesicht an der Wand gelehnt. „Arschloch", murmelte ich vor mich hin, als ich mich auf die Suche nach meiner Kleidung begab.

Die Nacht war lang, an Schlaf war überhaupt nicht zu denken. Wir haben die Zeit anderweitig verbracht. Entsprechend gerädert lief ich ins Wohnzimmer. „Du hast deine Sachen noch nicht gepackt?", fragte Zayn, der mich von oben bis unten musterte. „Wofür sollte ich denn Sachen packen?", fragte ich, denn ich hatte wirklich keine Ahnung. „Du hast gestern Abend deiner Mutter am Telefon versprochen, dass du mich nach Doncaster begleitest?!", fragte Zayn, doch ich sah ihn lediglich verwirrt an. „Du weißt es nicht mehr?", hakte er nach. Ich schüttelte den Kopf und sah fragend zu Harry, der lediglich mit den Schultern zuckte.

Ich war es nicht gewohnt Alkohol zu trinken, weswegen die Wirkung mir nicht bekannt war. Scheinbar vergaß man Dinge, denn ich konnte mich beim besten Willen an kein Telefonat erinnern. Zögerlich holte ich meinen Reisekoffer aus dem Schlafzimmer. „Dann fahre ich wohl nach Doncaster", sagte ich leise und blickte noch einmal zu Harry, der mich mit leicht hängenden Mundwinkeln ansah. Ich wollte nicht weg von ihm, ich wollte meine Zeit mit ihm verbringen.

Eine halbe Stunde später saß ich mit Zayn in dessen Fahrzeug. Ich blickte noch einmal aus dem Fenster und winkte Harry zu, der vor der Haustür stehenblieb, nachdem er uns verabschiedete. Zayn startete den Motor und Harry wurde immer kleiner, bis er komplett am Horizont verschwand. Ich seufzte. „Ach Tommo, du siehst ihn doch in ein paar Tagen wieder", sagte Zayn und streichelte mir sanft über meinen Oberschenkel. Er hatte recht, das wusste ich, aber wir haben die letzten Wochen ständig zusammen verbracht und jetzt, wo wir endlich zusammen waren, würde sich der Zustand erstmalig ändern. Es nervte mich.

Meine Augen wurden immer schwerer. „Hast du nicht gut geschlafen letzte Nacht?", fragte Zayn, der mich aus dem Augenwinkel beobachtete. „Überhaupt nicht", antwortete ich, gefolgt von einem Gähnen. „Was hast du denn... Nein, ich will es nicht wissen", sagte Zayn lachend, woraufhin ich ihn nur angrinste. „Weißt du, als wir im Pub waren... Er hat mir unter dem Tisch einen runtergeholt", sagte ich stolz grinsend. „Boah Louis, das ist widerlich", sagte er und verzog das Gesicht. Ich sah wieder nach draußen und beobachtete die vorbeiziehenden Fahrzeuge. „Ich freu mich wirklich für dich", sagte Zayn nach einem kurzen Moment der Stille. Zufrieden nickte ich, bis meine Augen endgültig zufielen.

„Komm meine kleine Traumprinzessin, du musst aufstehen", flüsterte Zayn mir zu, während er mich wachrüttelte. „Ich will nicht", murmelte ich und zog meine Knie an meinen Körper. „Los jetzt", sagte er und löste bereits meinen Sicherheitsgurt. Ich blickte verschlafen aus dem Fenster und entdeckte das Haus meiner Familie. Offensichtlich hatte ich die ganze Fahrt über geschlafen. Ich nahm mein Handy und musste grinsen, als ich Harry's Namen in den Benachrichtigungen sah. Ein Foto von ihm und Harriet mit der Überschrift ‚Wir vermissen dich'. Mein Herz hüpfte vor Freude auf und ab.

„Schatz", rief meine Mutter, die mir freudestrahlend entgegen lief und mich sofort in die Arme schloss. „Komm rein, das Essen ist gleich fertig", sagte sie und bat Zayn und mich ins Haus. Das ganze Haus roch nach Essen und ich fühlte mich sofort wohl. „Wo hast du deinen Freund gelassen?", fragte meine Mutter mich, nachdem wir in der Küche ankam. Ich sah sie fragend an. „Du hast mir gestern erzählt, dass ihr zusammen seid und du ihn mir vorstellen möchtest", sagte sie. Böser, böser Alkohol. „Du meinst, ich hätte Harry mitbringen können?", fragte ich nach. „Natürlich mein Schatz, er gehört doch zu dir, also gehört er auch zu uns", sagte sie.

Meine Mundwinkel gingen direkt wieder nach unten. Ich habe überhaupt nicht daran gedacht, Harry zu fragen, ob er mich begleiten will. Ich empfand es als zu früh, aber jetzt ärgerte ich mich. Ich hätte meinen Harry bei mir haben können. „Gehst du nach oben und holst deine Schwester?", fragte meine Mutter und unterbrach meine negativen Gedanken damit. Ich nickte und lief nach oben. „Lotts?", fragte ich, als ich vorsichtig das Zimmer meiner Schwester betrat. „Lou Lou", schrie sie quietschend auf und rannte mit offenen Armen auf mich zu. „Mom hat überhaupt nicht erzählt, dass du herkommst. Ich freu mich so", sagte sie und zerquetschte mich beinahe in ihren Armen.

Wir gingen gemeinsam nach unten, während meine Mutter gerade den Tisch für uns deckte. Ich blickte auf mein Handy und öffnete den Chat mit Harry.

‚Meine Mutter ist traurig, dass du nicht mitgekommen bist.'

‚Das stand zur Auswahl? Warum hast du nicht gefragt?'

‚Ich habe nicht dran gedacht.'

‚Möchtet du mich dabei haben?'

‚Ehrlich gesagt schon. Du fehlt mir.'

Nach meiner letzten Nachricht erhielt ich keine weitere Reaktion von ihm, weswegen ich mein Handy wieder einsteckte und mich neben meine Schwester an den Esstisch setzte. „Wie wars in London, Zayn?", fragte meine Mutter ihn, während sie die Lasagne auf unseren Tellern verteilte. „Es war schön, meinen besten Freund wiederzusehen. Auch wenn ich ihn nicht mehr für mich allein habe", sagte er scherzhaft. „Erzähl uns von Harry!", forderte Lottie ihn auf. „Lotts!", fuhr ich sie an. „Louis, er ist dein erster Freund, wir wollen alles wissen", rechtfertigte sie sich.

„Er hat offensichtlich ein gutes Durchhaltevermögen. Das brauch er bei Louis auch, denn wir wissen alle, wie anstrengend er sein kann", sagte Zayn lachend. Ich verschränkte die Arme vor meinem Körper und sah ihn böse an. „Ach Lou, ich hab dich lieb", sagte er direkt im Anschluss. Das Handy in meiner Hose vibrierte und ich sah auf das Display.

‚Du fehlst mir auch. Komm bald zurück. Ich liebe dich.'

Nach seiner letzten Nachricht hatte ich für einen kurzen Moment die Hoffnung, er würde plötzlich in Doncaster auftauchen, aber das war scheinbar irrsinnig. Die Fahrt war viel zu lang für einen spontanen Besuch.

Gemeinsam mit Zayn räumte ich den Tisch ab, während Lottie die Nintendo Switch anschmiss. „Mario Kart?", fragte sie und ich nickte ihr zu. Als ich noch in Doncaster gewohnt habe, haben wir mindestens an einem Abend in der Woche Mario Kart gespielt, es war eine Art Familientradition. „Spielst du mit?", fragte ich Zayn, der sofort den Kopf schüttelte. „Hab noch Training. Sehen wir uns später am Spielfeld?", fragte er mich stattdessen. „Ja, gerne. Bis später und Danke. Für einfach alles", sagte ich und verabschiedete mich mit einer Umarmung von ihm. „Immer, das weißt du", erwiderte er.

Von insgesamt zehn Runden gewann ich neun und Lottie war dennoch der Meinung, sie hätte mich geschlagen. Das konnte ich unmöglich auf mir sitzen lassen und wir starteten eine neue Runde, als es an der Tür klingelte. „Ich geh schon", sagte meine Mutter und lief zur Tür. Sie kam mit einer mittelgroßen Kiste zurück. Die Kiste war in blaugrünem Geschenkpapier eingewickelt und in der oberen Ecke befand sich eine kleine Schleife und ein kleiner Anhänger. Auf dem Anhänger stand mein Name. Ich pausierte das Spiel und öffnete die Kiste, als Harriet mir plötzlich entgegen sprang. Völlig irritiert schloss ich sie in meine Arme und sah mich um, konnte Harry jedoch nirgends entdecken.

Ich setzte meine Katze ab, lief schnellen Schrittes zur Haustür und öffnete sie. „Du bist da", sagte ich mit aufgerissen Augen und leicht offen stehendem Mund, als ich direkt vor Harry stand, der einfach nur perfekt aussah. „Wie könnte ich auch nicht", sagte er. Ich griff an seine Schultern und sprang nach oben, umschloss mit meinen Beinen seinen Körper und er hielt mich an der Rückseite meiner Oberschenkel fest, bevor er seine Lippen auf meine presste. Ich erwiderte den Kuss sofort und griff mit meinen Händen an seinen Nacken. Er ließ mich auf den Boden sinken und strahlte mich an. „Du hast mir gefehlt", sagte ich. „Du mir auch, mein Liebling", sagte er und gab mir noch einen Kuss, bevor wir das Haus betraten.

„Willkommnen in meiner Heimat", sagte ich mit leuchtenden Augen.

Neighborhood | L.S.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt