Chapter twenty- two

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Leidet unter dem Erfolg.
Suffers from success.

-unbekannte Seele

Erfolg fühlt sich definitiv kurzfristig gut an, soviel können wir sagen. Aber letztlich ist er keine stabile Basis für den Selbstwert. Denn niemand von uns kann damit rechnen, immer Erfolg zu haben. Und wenn wir unseren Selbstwert stark darauf gründen, besteht die Gefahr, dass er einbricht, wenn es mal nicht so gut läuft. Es gibt solidere Quellen für den Selbstwert, zum Beispiel sozial eingebunden zu sein oder ethische Grundüberzeugungen zu haben wie »jeder Mensch ist wertvoll«.

Aber wenn ich beruflich etwas erreiche, dann folgt daraus doch nicht nur die äußere Ankerkennung in Form von Lob, Status oder Geld. Sondern auch das Gefühl, etwas zu können, selbstwirksam zu sein. Warum stärkt mich das nicht für die Zukunft?

Das ist recht komplex. Es besteht die Gefahr, dass der Erfolg einen Standard setzt und das kurzfristig positive Gefühl langfristig zum Druck wird: Ich muss wieder so etwas erreichen, ich kann nicht dahinter zurückfallen. Wir kennen in der Psychologie ja auch das so genannte impostor syndrome, das Hochstaplersyndrom, bei dem Menschen den Eindruck haben, sie hätten die Führungsposition oder die Auszeichnung nicht verdient und würden bald als vollkommen inkompetent entlarvt.

Hier begünstigt der Erfolg sogar die Selbstzweifel. Und das liegt eben unter anderem daran, dass wir Erfolg nur teilweise selbst in der Hand haben. Günstiger ist es, wenn wir uns über unsere Erfolge freuen – aber einen Selbstwert entwickeln, der von beruflich Erreichtem, Geld oder Auszeichnungen unabhängig ist, so dass er nicht ständig schwankt.

Würden Sie sagen, dass Erfolg eher eine Quelle für Glück als für Selbstwert ist?

Glück ist mir als Begriff etwas zu groß, denn echtes tiefes Glück hat auch viel damit zu tun, dass ich etwas mache, das über mich selbst hinausgeht. Ich würde eher sagen, dass Erfolg kurzfristig die Zufriedenheit hebt.

Eine sehr wichtige Information, wenn man bedenkt, wie zentral für viele Menschen das Streben nach Erfolg ist – und wie wenig er dann doch langfristig zum Selbstwert beiträgt.

Wir alle leben in einer Leistungsgesellschaft, deshalb ist es notwendig, dass wir nach Erfolg streben. Aber wir sollten unseren Wert als Mensch nicht daran knüpfen. Studien haben gezeigt, dass Menschen, die ihren Selbstwert von finanziellem Erfolg abhängig machen, unter mehr Sorgen und Stress litten als andere. Der Erfolg hängt dann wie eine Karotte vor meiner Nase – und kann mich sogar zu einem Abgrund führen, in den ich dann stürze.

Ist umgekehrt ein hoher Selbstwert die Voraussetzung, um erfolgreich zu sein?

Ich glaube, wir können sagen: Bei niedrigem Selbstwert ist es schwierig, große Erfolge zu erzielen. Weil Menschen mit niedrigem Selbstwert oft so stark von Angst vor Misserfolg getrieben sind, dass sie in einen Teufelskreis geraten: Sie gehen geringe Risiken ein, damit sie nicht scheitern, setzen sich niedrige Ziele und leiten daher dann eben oft keine großen Projekte ein oder wagen sich nicht an Neuerungen. Die geringen Erfolge wiederum bestärken sie in ihren Selbstzweifeln. Es kann insofern helfen, wenn andere Menschen – Vorgesetzte, Teammitglieder – an sie glauben. Das kann ein Schritt heraus aus dem Teufelskreis sein. Es ist nicht einfach, aber hier besteht eine mögliche Exit-Strategie.

Sie hatten das Hochstaplersyndrom bereits erwähnt: Menschen, die sehr erfolgreich sind, aber trotzdem glauben, dass sie bald als unfähig entlarvt werden. Wie erklärt sich das?

Dahinter steht oft ein niedriger, instabiler Selbstwert und die Tendenz, die eigenen Erfolge external zu attribuieren. Das heißt, wenn die Person einen Karriereschritt gemacht habe, sagt sie:»Oh, da habe ich aber Glück gehabt.« Und nicht:»Das habe ich mir erarbeitet, weil ich diese Fähigkeiten oder jene Leistung erbracht habe.« Menschen, die unter dem Hochstaplersyndrom leiden, legen starken Fokus auf ihre eigenen Schwächen. Frauen, so zeigt die Forschung, sind davon stärker betroffen als Männer. Im Schnitt haben Frauen ja auch einen etwas niedrigeren Selbstwert als Männer und machen sich stärker von sozialer Rückmeldung abhängig.

BUNGOU STRAY DOGS (JUST A BEAST, LOOKING FOR MY BEAST)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt