»Herzlich willkommen in Iga, dem Reich von Hattori Hanzo«, sagte Kazu einige Tage später. »Bleibt am besten in meiner Nähe und der meiner Leute. Denn ansonsten könnte es sein, dass ihr nicht lange genug hier sein werdet um eure Fragen beantwortet zu bekommen. Das wäre zu schade, nicht wahr?«
Akiyoshis Blick verfinsterte sich. »Das würde Hattori nicht wagen.«
»Das ist ein Gedanke, der mir schon oft gekommen ist. In den meisten Fällen hat er mich überrascht.« Kazu grinste. »Aber natürlich gibt es Ausnahmen.«
Akiyoshi umfasste die Zügel seines Hengstes ein wenig fester. Es war ihm schon vor kurzem aufgefallen, dass Kazu oft in einem sehr lockeren Ton redete, wenn er über Hattori sprach. So, als würde er ihn gut kennen. Es wurde wirklich Zeit für ein Gespräch.
»Kazu wir sollten los«, meldete sich einer von Kazus Leuten und riss Akiyoshi so aus seinen Gedanken. »Hattori wird uns sicher schon erwartetn, denkst du nicht? Du weißt ja, dass er nicht gerade der geduldigste unter der Sonne ist.«
Kazu nickte. »Das ist wahr.«Shiori, die bisher den Männern schweigend zugehört hatte, mischte sich nun auch ein. »Ihr alle scheint zu reden, als ob ihr Hattori-san näher kennen würdet«, stellte sie das fest, was Akiyoshi zuvor gedacht hatte. »Oder liege ich falsch?«
Zu dessen Erstaunen schüttelte Kazu den Kopf. »Nein, das tust du nicht.« Er sah erst Shiori an, dann zurück zu Akiyoshi. »Weißt du, es ist so: Hattori ist mein ehemaliger Dienstherr«, antwortete er.
Akiyoshi brauchte einen Moment, um zu verdauen, was Kazu da, wie beiläufig gesagt hatte. Er starrte ihn mit großen Augen an. »Ich dachte-«, setzt er an, weiter kam er nicht.
»Ich weiß.« Kazu grinste schief. »Es ist eine lange und abenteuerliche Geschichte. Das einzige, was jetzt für euch wichtig ist, ist dass ich Tokugawa-dono diene.«
Akiyoshi runzelte die Stirn. Er war sich nicht sicher, was er dazu sagen sollte. Seiner Meinung nach konnte man nur einen Dienstherrn haben. Einen, und diesen dann für immer.
»Wirst du uns deine Geschichte erzählen?«, erkundigte sich Shiori bei Kazu. »Mich würde sie nämlich sehr interessieren, weißt du?«
Dass es ihm nicht genauso erging, wäre eine Lüge gewesen, wusste Akiyoshi.
Kazu runzelte die Stirn. »So einfach ist es nicht«, wich er aus. »Ich kann das nicht selbst entscheiden, ohne Absprache mit Hattori und Tokugawa-dono. Das wäre nicht rechtens. Dafür verdanke ich beiden zu viel.«
Akiyoshi zuckte mit den Schultern. »Wir werden sehen«, entgegnete er. Musste aber zugeben, dass er es zu schätzen wusste, dass Kazu ihnen nicht einfach irgendeine Geschichte erzählte. Zudem stellte er ihn nicht zur Rede, weil Ieyasu der Dienstherr von Hattori war. Es gab also nichts, dass sie fürchten mussten. Das beruhigte ihn ein wenig.
»Aber du hast hier mal gelebt, oder?«, erkundigte Shiori sich bei Kazu.
»Ist das so offensichtlich?«, wollte dieser wissen.
»Wenn man genau hinschaut schon«, meinte Shiori. »Es wirkt so auf mich, als würdest du nicht zum ersten Mal durch diesen Wald hier gehen.«
»Du hast ein scharfes Auge«, meinte Kazu anerkennend. »Da ich dich nicht täuschen kann, muss ich wohl zugeben, dass ich hier aufgewachsen bin. Iga ist meine Heimat.«Für einen Moment lang, sagte keiner von ihnen etwas. Denn in dieser Wahrheit, die Kazu ausgesprochen hatte, klang noch so viel mehr mit.
»Aber wenn du hier aufgewachsen bist und Hattori-san dein Dienstherr war, wieso ist dann jetzt nicht mehr?«, wunderte sich Shiori.
»Das ist eine gute Frage«, stimmte Kazu ihr zu. »Eine, die ich jetzt nicht beantworten werde.« Er lachte.
Akiyoshi seinerseits fand das alles andere als lustig. Er blickte Kazu finster an. »Es gibt noch viele Fragen mehr als diese, die ich dir stellen werde – und auf die ich Antworten erwarte.«
»Nur weil du darauf Antworten erwartest, heißt das noch lange nicht, dass ich dies auch tun werde«, entgegnete Kazu, nun wieder ernst. »Das ist dir hoffentlich klar.«
Akiyoshis Blick verfinsterte sich noch mehr. »Und dir ist hoffentlich klar, dass ich dir längst nicht vertraue, nur weil du uns gesagt hast, dass du hier geboren bist und mal in Hattoris Dienst standest«, knurrte er.
»Oh, aber ich tat weit mehr als das.« Kazu lächelte.
Dies machte Akiyoshi nur wütender. Er zwang sich, tief durchzuatmen. Was ihm nicht leicht fiel. Erst als er Shioris Hand in seiner spürte, entspannte er sich wieder.
»Akiyoshi, bitte«, sagte sie leise zu ihm und drückte seine Hand zusätzlich. »Zu gegebener Zeit werden wir sicherlich alles erfahren, was wir wissen müssen.«
Er drehte sich zu ihr um und blickte Shiori jetzt direkt an. »Ich weiß.« Akiyoshi hoffte sehr, dass seine Stimme nicht verriet, wie unzufrieden er mit dieser ganzen Situation war.
»Wir sollten weitergehen«, mischte sich Ludwijk ein, der sich bisher vorsichtshalber aus allem rausgehalten hatte. Die Situation zwischen Akiyoshi und Kazu war ohnehin schon angespannt genug. »Alles andere können wir sicher auch später besprechen, oder nicht?« Er sah zu Kazu. »Ich bin sicher es wird klarer werden, wenn wir erst mit Hattori reden.«
»Einige werden mit Hattori reden«, korrigierte Kazu ihn. »Ich glaube kaum, dass du dazu zählen wirst.«
Ludwijk ließ sich nicht von ihm provozieren. Er zuckte lässig mit seinen Schultern. »Vielleicht erleben wir ja eine Überraschung.«
»Hab ich schonmal erwähnt, dass ich Überraschungen nicht leiden kann?«, knurrte Akiyoshi.
»Wundert mich nicht. Samurai haben meiner Erfahrung nach immer über alles ganz gerne die Kontrolle«, entgegnete Kazu. »Hätte mich sonst auch echt gewundert, wenn das bei dir anders wäre.«
»Sag mal, was willst du eigentlich?«, erkundigte sich jetzt Shiori. »Entweder sagst du es uns, oder du lässt es bleiben. Aber wenn du Akiyoshi schon Vorwürfe machst, dann erkläre es wenigstens.«
»Kein Grund sich aufzuregen.« Kazu hob abwehrend seine Hände. »Ludowiku hat Recht, wir sollten langsam weitergehen. Besonders, wenn wir bis zum Abend da sein wollen.« Er schwang sich auf sein Pferd. »Bis zu dem Dorf ist es nämlich noch ein kleines Stück.«
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Der letzte Gruss des Samurai
Historical FictionJapan im März 1567, Zeit der streitenden Reiche. Gerade als Akiyoshi seinen Tod akzeptiert hat, rettet die junge Shiori ihm das Leben. Obwohl er sich zu ihr hingezogen fühlt weiß Akiyoshi, seines Zeichen Samurai, dass er nun da er überlebt hat, sein...