»Das hier ist also der Wald, in dem Hattori und seine Ninja leben?«, wollte Shiori wissen und sah sich neugierig um. »Wie kommt es dann, dass wir bisher noch niemandem begegnet sind?«
»Nur weil wir keinen von ihm gesehen haben, heißt das noch lange nicht, dass wir unbemerkt geblieben sind«, entgegnete Akiyoshi. Auch er sah sich jetzt um. »Wahrscheinlich haben sie uns längst gesehen und zeigen sich nur nicht.«
Kazu nickte. »So sehe ich das auch. Alles andere würde mich auch überraschen.« Er seufzte. »Es kann doch nicht sein, dass er immer noch wütend auf mich ist«, murmelte er vor sich hin. »Oder doch?«
Akiyoshi sah zu ihm. »Wütend?«, wiederholte er. »Wovon sprichst du? Gibt es da etwas, das wir wissen sollten?«
Kazu schüttelte den Kopf. »Es ist nichts.«
Akiyoshi nahm ihm das nicht ab, doch das sagte er nicht. Das war auch gar nicht nötig.
»Aber wenn sich keiner von Hattoris Leuten oder selbst blicken lässt, wie sollen wir dann zu ihm finden?«, wollte Ludwijk wissen. Er sah Kazu an. »Kennst du den Weg?«
Dieser seufzte. »Ich kannte ihn.«
»Du kanntest ihn?« Shiori blickte Kazu an. »Was meinst du damit?«
»Ist doch klar«, meinte Ludwijk. »Er hat mal zu ihnen gehört. Doch irgendwie hat er es sich mit ihnen verscherzt. Da Hattori und dessen Leute aber weiter im Geheimen bleiben wollen, haben sie aber sicher den Ort gewechselt.« Er sah Kazu an. »Stimmt das so?«
»Im Großen und Ganzen, ja. Auch wenn es doch sehr vereinfacht ausgedrückt und viel komplizierter ist, als es sich so anhört.«
Ludwijk zuckte mit den Schultern. »Du kannst uns gerne alles im Detail erklären«, meinte er. »Ich bin mir sicher, weder Akiyoshi, noch Shiori hätten was dagegen.« Er verzog das Gesicht. »Überhaupt finde ich, dass du uns noch nicht genug von dir erzählt hast.«
»Sehe ich echt so aus, als ob ich einem Barbaren wie dir meine Lebensgeschichte erzählen würde?«, fauchte Kazu.
Shiori sah ihn mit solch einem wütenden Blick daraufhin an, dass es sogar Akiyoshi kalt den Rücken hinunter lief. »Du hast kein Recht so etwas über ihn zu sagen«, knurrte sie.
»Ist schon gut, Shiori-san«, entgegnete Ludwijk. Er wollte noch mehr sagen, doch er kam nicht dazu.
»Nein. Es ist nicht gut«, meinte Shiori verärgert. »Du magst fremd in unserem Land sein, doch das heißt noch lange nicht, dass du es hinnehmen solltest, als Barbar bezeichnet zu werden.«
Akiyoshi nickte zustimmend. Er selbst würde sich zwar ebenfalls nicht als jemand bezeichnen, der den Fremdländern unbedingt offen gegenüber stand, wie so viele andere. Dennoch ärgerte er sich darüber, wenn Kazu von Ludwijk als Barbaren sprach. Trotzdem: Ludwijk war so etwas wie sein Freund. Er verdiente es nicht, dass man ihn beleidigte.
»Also schön.« Kazu seufzte. »Entschuldige.«
Ludwijk schüttelte den Kopf. »Ist schon gut«, wiederholte er das, was er zuvor sagte. »Ich weiß wie du es gemeint hast.«
Akiyoshi runzelte die Stirn. Er verstand nicht, wie Ludwijk so ruhig bleiben konnte. Wäre er an seiner Stelle, dann ...
»Du bist wirklich seltsam«, murmelte Kazu und sah Ludwijk irritiert an. »Sind alle so wie du, dort wo du her kommst?«
Ludwijk grinste. »Nein, nicht wirklich. Es ist genau wie hier, denke ich. Auch hier in Japan gibt es Menschen mit unterschiedlichen Charakteren. Das ist doch genau das, was ein Land ausmacht, oder nicht?«
»Du meinst wohl, dass es das ist, weshalb wir hier so ein Chaos haben«, knurrte Kazu. »Weil jeder nur an sich selbst denkt, und nicht an das große Ganze. Von ein paar wenigen mal abgesehen.«
»Und Hattori gehört zu diesen dazu?«, fragte Shiori ihn.
Akiyoshi musste zugeben, dass ihm diese Frage ebenfalls auf der Zunge lag. Doch er hätte sie deutlich sarkastischer gestellt. Bei Shiori dagegen war heraus zu hören, dass sie aus Interesse fragte. Auch wenn Akiyoshi nicht begeistert war, dass sie sich für Hattori interessierte. Ganz im Gegenteil. Es beunruhigte ihn.
»Selbstverständlich gehört Hattori dazu«, kam auch direkt die Antwort, ohne jegliches Zögern. Doch es war nicht Kazu, der ihr antwortete. Sondern ein junger Mann, der unbemerkt von ihnen, auf einmal dort stand und sie herausfordernd angrinste.»Naoto!«
Der junge Mann, der sie gerade angegrinst hatte, warf Kazu einen verärgerten Blick zu. »Du lernst nie dazu, wie?«
Kazu lachte auf. »Hast du etwas anderes erwartet?«
Der Mann, Naoto, seufzte und schüttelte den Kopf. »Nein, wirklich nicht.« Er blickte ihn ernst an. »Wer sind diese drei? Und warum zum Henker bist du hier? Solltest du nicht in Mikawa sein?«
Jetzt lachte Kazu nicht mehr. »Es ist viel passiert«, antwortete er ausweichend. »Auch deshalb bin ich hier. Um diese Dinge zu besprechen.«
Naoto zog eine Braue in die Höhe. »Bei dem Gespräch wäre ich gerne dabei. Es denn, dass du Lust hast mir zu erklären, was du mit einem Samurai, einem Fremdländer und diesem Mädchen zu schaffen hast.« Er beäugte Shiori etwas näher. »Ist sie eine Onna-musha?«
»Was ist eine Onna-musha?«, erkundigte sich Ludwijk, der langsam ungeduldig wurde.
»Nein, ist sie nicht«, antworteten derweil Akiyoshi und Kazu synchron.
»Was ist eine Onna-musha?«, wiederholte Ludwijk noch einmal seine Frage.
»Eine Frau, die im Krieg kämpft«, erklärte Akiyoshi seinem Freund.
»Achso.« Ludwijk nickte. »Nein, das ist Shiori wirklich nicht.« Er sah zu ihr. »Oder habe ich was verpasst?«
»Nein, natürlich nicht«, antwortete diese sofort.
»Wer seid ihr beiden überhaupt?«, fragte Naoto jetzt. »Ihr habt euch noch gar nicht richtig vorgestellt.«
Akiyoshi verneigte sich gerade so knapp, dass es nicht unhöflich war. »Mein Name ist Hasegawa Akiyoshi«, stellte er sich vor. »Dies sind Shiori und Ludowiku. Sie sind meine Freunde.«
»Shiori, wie?« Naoto musterte sie neugierig. »Hast du auch einen Familiennamen?«, wollte er wissen.
»Nein«, antwortete Shiori. »Einfach nur Shiori. Ich bin niemand besonderes.«
»Glaub Ihr kein Wort«, meinte Kazu. »Sie ist die Enkelin von Hashimoto Tatsuo.«
»Was echt?« Naoto starrte sie mit weit aufgerissenen Augen an. »Ich dachte seine Verwandte sind alle tot und in dem großen Feuer gestorben.«
»Ich bin nicht blutsverwandt mit ihm«, stellte Shiori klar. »Sondern lediglich bei ihm aufgewachsen.« Sie seufzte. »Könnte mir endlich mal jemand erklären, was so besonders an ihm war?«
»Das würde mich auch interessieren«, gab Akiyoshi zu.
»So wie mich brennend interessiert, was ein Samurai, ein Fremdländer und ein scheinbar gewöhnliches Mädchen dazu bringt gemeinsam zu reisen. Und dann auch noch nach Iga.« Naoto sah zu Kazu. »Wie es scheint, hast du uns mal wieder einiges verschwiegen.«
Kazu verdrehte die Augen. »Was soll das heißen: Mal wieder? Du übertreibst.«
Naoto zog eine Braue in die Höhe. »Ach echt? Ich denke eher, dass du untertreibst.« Er verschränkte die Arme vor der Brust. »Ganz besonders nachdem du-«
»Naoto! Du weißt ganz genau, dass ich damals keine Wahl hatte!«, rief Kazu wütend. »Es war nicht meine Schuld, dass alles so gekommen ist!« Für einen Moment sah es so aus, als wollte er mehr sagen. Doch dann schien ihm einzufallen, dass Shiori, Ludwijk und Akiyoshi da waren.
»Rede ruhig weiter«, ermunterte dieser ihn. »Ich werde dich ganz sicher nicht aufhalten.«
»Nein«, knurrte Kazu. »Ganz sicher nicht. Das glaube ich dir sofort.« Er sah zu Naoto. »Wärest du bitte so freundlich und bringst uns zu Hattori? Das ist doch auch ganz bestimmt der Grund, weshalb du dich uns zu erkennen gegeben hast, oder nicht?«
Naoto zuckte mit den Schultern. »Glaubst du?«
»Natürlich. Wenn du es nicht darauf angelegt hättest, hätten wir dich bestimmt auch die nächsten Stunden nicht bemerkt. Vielleicht sogar länger.« Kazu seufzte. »Also was ist?«
»Das nehme ich jetzt als Kompliment. Dabei hast du doch sonst Augen und Ohren wie ein Luchs.« Naoto grinste. Dann wurde er ernst. »Aber du liegst nicht falsch.« Er griff in seine Hosentasche und zog einige schwarze Stoffstreifen hervor. »So leid es mir tut, aber ich werde euch nun die Augen verbinden. Auch dir Kazu.«
Genau das tat er dann.
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Der letzte Gruss des Samurai
Tiểu thuyết Lịch sửJapan im März 1567, Zeit der streitenden Reiche. Gerade als Akiyoshi seinen Tod akzeptiert hat, rettet die junge Shiori ihm das Leben. Obwohl er sich zu ihr hingezogen fühlt weiß Akiyoshi, seines Zeichen Samurai, dass er nun da er überlebt hat, sein...