11/Gefühl der Enttäuschung

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Valeria

„Er ist abgehauen", brüllt Philip, der es nach einer halben Stunde endlich gewagt hat, nach Vincent zu sehen. Zum Glück hat dieses Haus nicht nur ein Badezimmer, wo der Keller mit der integrierten Sauna eher als Wellnessoase zählt.

Im Grunde hatte ich nichts anderes erwartet und trotzdem überkommt mich ein Gefühl der Enttäuschung. Er hätte sich zumindest bei uns verabschieden können oder Bescheid geben, dass er wieder geht.

Was ist eigentlich, wenn er den Paparazzi jetzt irgendeine Story vertickt?

Das glaube ich nicht. Er ist doch selbst froh, wenn er seine Ruhe vor denen hat. Oder?

„Wieso hast du ihn überhaupt reingelassen. Gestern Abend erzählst du uns noch, Ria soll sich ja von ihm fernhalten, sonst brodelt die Gerüchteküche bei den Paparazzi über, und dann das?", macht Sienna ihren Ärger gegenüber ihrem Freund Luft, als er wieder ins Wohnzimmer gelaufen kommt und mich damit aus meinen Gedanken holt.

„Ich hatte Mitleid mit dem Kerl", verteidigt Philip sich. „Ich stelle es mir grauenhaft vor, wenn man nicht einmal im Urlaub seine wohlverdiente Ruhe und Erholung genießen kann."

„Das macht es aber nicht besser", mault Sienna und verschränkt die Arme vor der Brust. „Ria und ich, wir hatten uns diesen Urlaub auch ein wenig anders vorgestellt und stattdessen sitzen wir hier in einer verrammelten Bude, wo wir so viel lieber die Sonne genießen würden. Wir haben heute Morgen nicht einmal auf der Terrasse gefrühstückt, was wir so gerne getan hätten."

„Morgen gehen wir einen Ausflug machen", mische ich mich in den aufkeimenden Streit der beiden ein. „Am besten gehen wir wandern. Ich habe da sogar schon ein paar Routen ausgesucht, die auch gar nicht anspruchsvoll sind, sondern eher als gemütlicher Spaziergang durchgehen."

„Also ich bin dabei", strahlt Philip, was ihn einen bösen Blick meiner Schwester kassiert.

„Okay...Überredet", sagt sie schließlich und nimmt Philips Hand schüchtern in ihre.

„Was machen wir jetzt mit dem Kerl, ich meine mit Vincent?", fragt dieser und grinst über beide Backen, als Sienna ihm einen flüchtigen Kuss auf die Hand gibt.

„Wir sollten gar nichts machen", sage ich schnell, wohl zu schnell, was den beiden natürlich nicht entgeht. „Ab heute sollten wir uns von ihm fernhalten. Sicher will er dasselbe, sonst wäre er ja nicht abgehauen."

„Also das vorhin zwischen euch war ja echt nicht zu übersehen oder falsch zu deuten. Was auch immer du dir einredest. Der Kerl steht voll auf dich, Valeria", meint Philip.

Oh Gott. Wie peinlich!

„Definitiv, Süße", bestätigt Sienna. „Alleine wie er sich die Hände vor die Hose gepresst hat, sagt ja schon alles."

„Und ich dachte es sind immer nur wir Männer, die gaffen." Philips Blick liegt siedend heiß auf Sienna, was sogar mich etwas nervös macht.

„Ich konnte nicht anders. Es war quasi direkt in meinem Sichtfeld, als er so plötzlich aufgesprungen ist und damit das ganze Spiel durcheinander gebracht hat."

„Ach so ist das", zieht Philip meine Schwester weiter auf. „Und hat dir gefallen was du gesehen hast?"

Sienna will gerade etwas erwidern, als ich dazwischen schreie.

„Stopp!"

Die beiden Turteltauben sind sofort still und schauen mich jetzt leicht irritiert an.

„Ich glaube ich brauche ein bisschen frische Luft", murmele ich verlegen. „Am besten nehme ich das Auto und fahre zum nächsten Wanderparkplatz und drehe dann eine große Runde"

„Soll ich dich begleiten?", wirft Sienna in den Raum. „In etwa einer Stunde wird es dunkel. Nicht, dass du noch entführt wirst oder schlimmer vergewaltigt und dann einfach liegen gelassen. Wir Frauen sollten zu so später Stunde nicht mehr alleine spazieren gehen. Vor allem nicht in der Pampa"

„Das wird sicher nicht passieren", versuche ich sie zu beruhigen. „Ich schau, dass ich in einer Stunde wieder hier bin. Und für den Fall der Fälle habe ich immer mein Pfefferspray dabei, das weißt du doch."

„Aber..."

Ich schüttele nur mit dem Kopf, was Sienna sofort zum Schweigen bringt.

Es ist so nett von meinem Zwilling und so ganz unrecht hat sie nicht, aber ich brauche jetzt einfach etwas Zeit für mich um meine Gedanken zu sortieren. Es sind nicht einmal zwei Tage vergangen und trotzdem ist schon so viel passiert. Alles ist irgendwie... durcheinander. Der ganze Urlaub, auf den ich monatelang hingearbeitet habe, entwickelt sich zum reinsten Chaos. Was nicht nur mein Herz betrifft...

Ich gehe in den Flur und schlüpfe in meine Sneakers. Danach greife ich den Schlüssel, der in einem Schlüsselkästchen direkt neben der Eingangstür, hängt.

Hoffentlich schaffe ich es bis zum Auto, ohne die Aufmerksamkeit der Paparazzi zu erregen.

Blitzlichtgewitter-Eine Liebe wie aus dem Film?!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt