76 | Geschwister

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"Woher willst du so genau wissen, dass es nicht Orlando war?"

Seit zwei Stunden saßen Ayaz und ich gemeinsam in einem Restaurant am Strand. Wir hatten bereits die gesamte Nachspeise Karte durch und diskutierten immer weiter über jene Nacht. Meine Erinnerungslücke machte mir wirklich zu schaffen. Eines wusste ich aber. Riziero und Orlando hatten nichts damit zu tun.

"Hier probier das", forderte ich und hielt Ayaz eine Gabel mit einem Stück Apfelkuchen entgegen. Er verzog sein Gesicht und schüttelte den Kopf.

"Nives ... Ich habe genug von diesen Desserts. Ich will endlich wissen, was passiert ist."

"Ai, dio Mio!", regte ich mich auf und ließ dabei die Gabel auf den Teller sinken. Mein Blick glitt zum hohen Fenster neben uns, durch welches ich das Meer sehen konnte. Die Sonne schien herab und der Strand war voller Touristen. "Ich will auch wissen, wer mir Drogen gegeben hat. Ey bringt aber nichts, immer nur Orlando zu beschuldigen! Er war es nicht!"

"Ach. Er war es nicht!", wurde Ayaz lauter und lehnte sich etwas vor auf dem Glastisch, um mir tief in meine Augen zu sehen. Ich erwiderte seinen Blick und setzte eine ausdruckslose Miene auf. "Du schützt jemanden, dem ich das Schlechteste zutrauen würde."

"Du bist nur eifersüchtig", warf ich ihm vor. "Und diese Eifersucht macht dich blind."

"Nein, ganz sicher nicht."

"Du hast ihn sogar ohne Grund geschlagen, Ayaz!"

"Ich hatte meine Gründe", gab er mir zurück und nahm anschließend seinen Kaffee zur Hand. Ich tat es ihm gleich, jedoch hatte ich mir einen Champagner bestellt. Wenn schon so viel Stress mein Inneres einnahm, dann konnte wenigstens Alkohol meine Sinne etwas beruhigen.

"Und was waren die Gründe? Dass er besser aussieht als du?", provozierte ich Ayaz, der auf meine Worte hin dämlich grinste und eine Augenbraue hoch zog.

"Er sieht also besser aus?"

"Naja, er ist immerhin jünger und hat noch nicht diese Lachfalten." Ich zuckte mit den Schultern und tat so, als würde ich es vollkommen ernst meinen. Dabei liebte ich seine Lachfalten so sehr. Sie machten ihn schöner, als er sowieso schon war.

"So ist das also", hauchte Ayaz und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. "Ich denke, nächstes Mal werde ich ihn umbringen und nicht nur schlagen."

"Siehst du. Eifersucht. Sag ich doch."

"Nives ...", mahnte Ayaz. "Du denkst wirklich, du könntest mich mit einem Kind eifersüchtig machen, oder? Ich will nicht arrogant klingen, aber immerhin ziehst du nicht mal mehr Unterwäsche an, wenn wir uns treffen. Dazu kannst du nicht eine Sekunde deine wunderschönen Augen von mir nehmen, wenn ich mich im Raum befinde. Ich scheiß auf diesen Orlando und ich bin mir mehr als sicher, dass er es war, der dich unter Drogen gesetzt hat."

"Wow", lächelte ich. "Was für eine Ansage. Bist du nicht der, der schon sabbert, wenn ich den Raum betrete?"

"Ich sabbere, weil ich weiß, wie fantastisch du schmeckst..."

Ich schüttele kichernd den Kopf und spürte trotz meines Selbstbewusstseins die Hitze in meinen Wangen.

"Du bist unmöglich."

Auch Ayaz legte ein Schmunzeln auf, woraufhin wieder eine kurze Stille zwischen uns entstand. Ich fütterte ihn weiter mit dem Apfelkuchen, während wir die Zweisamkeit genossen und jeder seinen Gedanken nachging. Natürlich schwirrte mir auch Orlando im Kopf herum, doch ich konnte mich nicht mal erinnern, ob er überhaupt auf meinem Geburtstag war. Alles verschwommene Erinnerungen, die nicht zusammenzufügen waren. Dazu die Tatsache, dass Stella meinte, Orlando wäre mit ihr unterwegs gewesen... Das alles sprach eindeutig dagegen, dass er etwas damit zu tun hatte.

Obsession with my bodyguard Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt