53. Unbekannt

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Als ich im Wald eine gute Stelle gefunden hatte, roch ich plötzlich einen Duft, den ich hier nicht erwartet hatte.

Er war von meiner tot geglaubten Gefährtin. Noch dazu war er gemischt mit einem männlichen Duft, der mir sagte, dass sie sich gepaart hatten.

Eigentlich dachte ich, ich hätte sie getötet. Nun denn. Ich rieb mir die Hände und machte mir eine Notiz, sie in naher Zukunft aufzuspüren, um meinen Fehler zu korrigieren.

Hier auf dem Territorium war zwar ein großes Rudel zu Hause, dennoch hatte ich keine Angst vor ihnen. Warum auch? Sie kannten mich nicht und ich konnte immer noch auf ahnungslos tun und behaupten, ich hätte mich verirrt.

Mein Wolf war damals sauer, da ich unsere Gefährtin abgelehnt hatte und zog sich daraufhin zurück. Ich hatte lange gebraucht, um ihn davon zu überzeugen, eine starke Gefährtin für uns zu finden, und letztendlich stimmte er mir zu.

Für meinen Job war sie damals hinderlich, dennoch musste ich zugeben, dass sie eine hübsche Wölfin gewesen war. Ihre Fellfarbe war außergewöhnlich und ich hätte mit Sicherheit viel Geld für sie bekommen. Sei es drum. Damals hatte ich mein Urteil gefällt und sie beseitigen wollen, was mir wohl misslang.

Ein Wimmern ertönte und ich sah auf die hellgraue Wölfin in meinen Armen. Sie sollte eigentlich noch nicht aufwachen, doch schien das Betäubungsmittel nicht mehr zu wirken.

Ich legte sie auf den Waldboden und sah mich um. Ich suchte einen großen Stein, um es hier und jetzt zu Ende zu bringen. Mir tat es nicht leid um sie, eher um das Geld, das wir durch einen Wiederverkauf verloren.

Mit voller Abscheu sah ich auf die blutende Kreatur unter mir. 
Natürlich hatte sie meine Kleidung voll geblutet. Ich hätte gerne den Teppich genommen, aber Edward hätte mir die Kehle zerfetzt, wenn ich seinen Perser benutzt hätte. Folie hatten wir zu diesem Zeitpunkt auch nicht im Haus.

Im Grunde war der Kunde schuld. Er musste sie ja unbedingt züchtigen wollen und hatte sie schlimm misshandelt. Jetzt konnten wir sie nicht weiter verkaufen und mussten sie für ihn beseitigen. Zumindest hatte er uns den Verkaufspreis erstattet und suchte sich in diesem Moment eine andere Wölfin aus.

Ich fand einen großen Stein und trat auf die Wölfin zu. Sie wimmerte und versuchte aufzustehen. Ich hielt sie im Nackenfell fest und wollte gerade zuschlagen, als ich Schritte hörte, die auf uns zukamen.

Ich fluchte innerlich, ließ den Stein fallen und rannte in die Richtung, aus der ich gekommen war. So ein verdammter Mist. Fluchend kam ich an meinem Auto und öffnete die Tür, schlug sie zu und trat aufs Gaspedal, um davonzurasen. Warum hatte ich immer so ein Pech.

Das war die Zweite, die lebend davon kam. Vielleicht hatte ich auch Glück und die hellgraue überlebte den Tag nicht. Dann müsste ich mir keine Gedanken mehr machen. Viel konnte sie zum Glück nicht über unsere Organisation sagen.

Sie wusste nicht, wo sie zuvor gewesen war, oder wie wir aussahen. Wir hatten immer Masken getragen, wenn wir uns um sie gekümmert hatten. Unseren Duft konnten wir überdecken. So war eine Wiedererkennung fast unmöglich.

Schneller als gedacht kam ich in unserem Hauptquartier an und parkte in der Tiefgarage.

Ich schlenderte zum Aufzug und fuhr in die oberste Etage. Mein Büro war gleich das nächste. Doch da kam ich erst gar nicht rein, da mich mein Boss sah und zu sich winkte.

<Hast du es erledigt?>: fragte er mich und blätterte im neuen Katalog unserer Wölfinnen, die wir im Angebot hatten.

Als von mir keine Antwort kam, sah er mich finster an.

<Ja. Zumindest.. naja ... eigentlich nicht so ganz.>: sagte ich kleinlaut und sah auf den Boden. 
Ich konnte ihm nicht in die Augen schauen.

<Was soll das heißen? Du hattest einen Job und den bekommst du nicht hin? Was ist passiert?>: fragte er mich und kam um den Schreibtisch herum.

<Es kam jemand. Derjenige war im Wald und hatte sie gehört. Sie war wirklich kaum noch am Leben. Unser Kunde hatte sie übel zugerichtet. Ich bin sicher, dass sie das nicht überlebt. Sie war vorher schon so schwach.>: sagte ich und versuchte zuversichtlich zu klingen.

<Ich hoffe, es für dich. Zumindest kann sie nicht viel erzählen. Sieh zu, dass du herausfindest, wo sie ist und was sie erzählt hat.>: sagte er und nickte zur Tür. Ich sollte gehen und dem konnte ich nicht widersprechen, denn ich wollte jetzt lieber woanders sein als die Wut meines Bosses ausgesetzt zu sein.

Ich ging erst mal zu meiner Wohnung und ließ mir ein heißes Bad ein. Dabei sah ich mir auf meinem Handy ein Footballspiel an, um dann nach einem aufgewärmten Essen einen Powernap zu machen.

Ich überlegte, wie ich am besten vorging und malte mir nebenbei aus, wie ich meine ehemalige Gefährtin um die Ecke brachte.

Ich höre nachts immer noch ihr Flehen und Wimmern, bevor ich zuschlug. Doch jetzt würde ich es nachholen und hoffte, dass meine Albträume dann endlich aufhörten.

Doch jetzt brauchte ich einen guten Plan, um beide Frauen von dieser Erde zu entfernen.

Mit diesem Gedanken schlief ich selig ein.

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