17.Logan

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Wir saßen in der Lounge und hielten uns an einem Glas Whisky fest.
Ich sah Ash nachdenklich an. Ich wusste, das er viel für Selina empfand. Ich hätte nichts dagegen, falls sie zusammen kämen. Er war wie ein Bruder für mich. Ich wollte keinen anderen für sie.

Das Problem an der Sache war, sie wusste nicht:

Das sie meine Schwester war.

Das sie ein Wolf war.

Und das Ash Gefühle für sie hatte.

"Also Ash! Was denkst du? Ist sie deine Mate?": fragte ich direkt hinaus. Wir hatten noch kein einziges mal über die Situation gesprochen.

Ich war mir nicht sicher, ob wir es ihr einfach so sagen konnten. Wie ihre Psyche das verarbeitete. Sie erinnerte sich nicht mal an Brendan und an ihre Zeit auf der Flucht.

Ich sah wie er schluckte und etwas blass wurde. Er ahnte schon länger, das ich ihn irgendwann darauf ansprechen würde. Der Moment war jetzt gekommen.

"Ich weiß es nicht sicher! Es fühlt sich nicht so intensiv an, wie bei Stella! Aber Selinas Wolf ist nicht da oder schläft. Daher könnte es sein, das sie es nicht so spürt!": sagte er bedrückt.

"Sie fühlt auf jeden Fall etwas! Sie hatte mich gefragt und ihr Körper reagiert auf mich! Das steht außer Frage. Deshalb ist sie wahrscheinlich auch zusammengebrochen!"

Er schluckte wieder und seine Augen wurden glasig.
Er litt und hatte Angst um sie. Seine Gefühle für sie wurden von Tag zu Tag stärker.

"Sie wird wieder gesund! Da bin ich mir sicher! Luna hat sie zu uns zurückgebracht und ich glaube nicht, das sie Selina uns wieder wegnehmen würde!": sagte ich zu ihm und lächelte ihn an.

Ich war mir sehr sicher! Ich fühlte es.

"Ich habe Dad informiert! Sie unterbrechen ihre Reise und kommen zurück! Er kann es noch gar nicht glauben! Er ist zwar sauer, warum ich es nicht schon früher gesagt hatte. Aber ich habe ihm versucht zu erklären, das wir erst mal abwarten wollten! "

Ich schenkte ihm noch ein Glas ein und wir hoben die Gläser.

" Auf die Gesundheit "

Wir blieben noch eine Weile sitzen, doch zog es mich zu meiner Schwester. Ich besuchte sie auf der Krankenstation. Ihr Zustand war unverändert!

Ich stand neben ihrem Bett und betrachtete sie. Sie sah wirklich aus wie Mum. Ich zog die Schuhe aus und kletterte in ihr Bett. Ich zog sie sanft auf meinen Körper und achtete darauf nicht ihren Kopf großartig zu berühren. Wir lagen Bauch auf Bauch. Ihr Gesicht lag auf meiner Brust. Wie bei einem Säugling fuhr ich mit Hand auf ihrem Rücken auf und ab.

Mein Wolf schnurrte und mein Brustkorb vibrierte leicht. Selina seufzte und kuschelte sich weiter an mich heran. Sanft massierte ich ihren Rücken und schlief dann doch ein. Die Nähe tat mir und meinem Wolf gut. Ich wollte nie mehr ohne sie sein.
Das beste wäre, wenn sie wirklich Ashs Mate wäre, denn dann würde sie auf jeden Fall in meinem Rudel bleiben.

Mit diesen Gedanken glitt ich ins Land der Träume.

Ich spielte vor dem Haus mit meinem Fußball. Lilly fuhr mit ihrem Dreirad in der Gegend umher. Es war ein wunderschöner Tag und die Sonne schien hell am Himmel. Mein Fußball rollte am Tor vorbei und ich rannte ihm hinterher. Als ich ihn gerade aufheben wollte, stand plötzlich ein Mann vor mir und lächelte mich an. Er sagte kein Wort und wartet womöglich darauf, das ich ihn fragte wer er ist. Doch bevor ich mich an ihn erinnern konnte, ob ich ihn kannte, frischte der Wind auf und es wurde schlagartig kalt.

Ich hatte ein ungutes Gefühl und drehte mich um und sah nach meiner Schwester, doch sie war nirgends zu sehen.

Panik kam auf. Ich rannte zurück zum Vorgarten, doch da lag nur ihr Dreirad. Ich rief nach ihr, doch ich bekam keine Antwort. Ich rannte so schnell wie ich konnte ins Haus und brüllte nach meinen Eltern. Sie wurden panisch und suchten die ganze Gegend nach ihr ab, ohne sie zu finden.

Mir kamen die Tränen. Ich hatte sie verloren. Ich hatte sie alleine gelassen. Es war meine Schuld. Es war meine Schuld, das sie verschwand.

Ich hörte ein Geräusch. Ich stand plötzlich im Wald.

Ich ging auf meine Krieger zu. Alle sahen mich mitfühlend an. Ich begriff erst nicht warum, aber als ich näher kam blieb ich stehen.

Ich fiel auf die Knie und fing an zu schreien. Ich schrie so laut ich konnte.

Vor mir lag Lilly, so wie ich sie das letzte mal gesehen hatte.
Blutüberströmt, an ihrem Kopf klaffte ein riesiges Loch. Ihre toten Augen sahen mich starr an.

Sie war Tot! Sie atmete nicht mehr.

ES WAR MEINE SCHULD !!!

Ich schrie erneut, bis jemand mein Gesicht berührte und meine Wange küsste.
Ich schlug die Augen auf und konnte vor lauter Tränen erst nichts sehen. Als der Schleier verschwand, sah mich Selina mit besorgten Blick an.

"Hey. Es war nur ein Traum! Alles ist gut. Sie gab mir erneut einen Kuss auf die Wange und legte sich wieder auf meine Brust. Ich umarmte sie und hielt sie fest. Ich gab ihr vorsichtig einen Kuss auf ihren Kopf.

"Du bist meine Schwester!!!": flüsterte ich und hielt die Luft an.

Was würde sie dazu sagen? Ich hatte es laut ausgesprochen. Ich war mir nicht sicher wie sie darauf reagierte.

Ich sah zu ihr runter. Sie hatte die Augen geschlossen, aber ich konnte ihr lächeln sehen.

"Ich weiß! Ich bin froh darüber! Irgendwie hatte ich es gespürt! Ich hatte das Gefühl, als würde dein Wolf mich rufen. Ich kann es mir nicht erklären!": flüsterte sie so leise, das ich es gerade noch verstehen konnte.

Ich spürte wie mein Shirt feucht wurde. Leise hörte ich Selina weinen. Ich zog sie ein Stück höher und legte mein Kinn auf ihren Kopf. Ich legte meine Hand wieder auf ihren Rücken.

"Ich bin so müde Logi, lass uns schlafen!": murmelte sie und kurz darauf hörte ich ihre gleichmäßigen Atemzüge.

Ich lächelte. Logi, das hatte ich schon ewig nicht mehr gehört!

Moment!!!!

LOGI????

Ich bekam eine Gänsehaut. Sie hatte mich bei meinem Spitznamen genannt. Sie konnte meinen Namen, als sie klein war nicht aussprechen, deshalb wurde Logi daraus.

Sie hatte sich erinnert. Ich hätte sie so gerne aufgeweckt um mehr zu erfahren. Aber sie schlief so seelig, also ließ ich sie weiterschlafen.
Morgen war auch noch ein Tag.

Ich zog die Decke höher und kuschelte mich mit ihr hinein. Dann holte auch mich der Schlaf ein. Diesmal ohne Albträume.

LITTLE WOLF Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt