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„Wollen wir uns am Wochenende eigentlich für unseren Vortrag treffen?", schlägt Jannik nach der letzten Veranstaltung für diese Woche vor. „Den wollten wir ja vor Weihnachten noch fertig machen, damit wir uns nicht kurz nach Neujahr damit rumschlagen müssen." Wir immer hat mein hellblonder Kumpel den Durchblick. „Ach ja!", lacht Simon verpeilt und pflückt seine Brille von der Nase. „Morgen?", schlägt er dann vor, indessen er die Gläser umständlich zu putzen versucht. „Sonntag wäre bei mir besser", antworte ich sofort, weshalb mich meine Freund:innen verwundert anschauen. Normalerweise bin ich die Person von uns, welche immer Zeit hat.

Jannik öffnet den Mund, doch seine Zwillingsschwester kommt ihm zuvor. „Dann machen wir es Sonntag! So gegen zwei bei uns?", bietet sie an. Ich werfe ihr einen schnellen Blick zu und fange ein wissendes und gleichzeitig sanftes Lächeln auf. Es ist wirklich unglaublich mit ihr. Ich hoffe so sehr, dass sich all ihre Mühen irgendwann auszahlen werden und ich ihr etwas Positives über Tomke und mich erzählen kann.

„Klingt auch gut", stimmt Simon zu und nickt ebenso wie Jannik bestätigend. Letzterer scheint zwar noch immer ein wenig skeptisch zu sein, doch er traut sich nicht, nachzufragen. Irgendwann werde ich den beiden Jungs von Tomke erzählen. Zwar erst, wenn ich herausgefunden habe, was das mit ihm und mir überhaupt ist und wenn ich mir sicher sein kann, dass es dann so bleibt. Falls dieser Zeitpunkt überhaupt eintreten wird, liegt er aber wahrscheinlich noch weit in der Zukunft.

Den Freitag Nachmittag verbringe ich damit, mit Tarjei und Tijana Gesellschaftsspiele zu spielen. Torbjörn ist sich wieder einmal zu cool für so etwas, aber mit meiner Schwester und meinem jüngsten Bruder fühle ich mich heute wohl. Die beiden sind auf ihre jeweilige Art wirklich lieb zu mir und geben mir das Gefühl, dass ich ihnen als ihr großer Bruder wichtig bin. Und als ich realisiere, dass es mir gut geht und ich lächle, bin ich wieder einmal froh, das Tomke mir dieses sanfte Licht gezeigt hat und ich so langsam lerne, mich davon wärmen zu lassen.

In der Nacht zum Samstag liege ich wieder einmal ein paar Stunden wach. Dieses Mal jedoch nicht, weil meine Gedanken immerzu abwärts kreisen, sondern eher, weil ich erneut aufgeregt bin. Zwar kenne ich Tomkes Wohnung nun schon und freue mich einfach unendlich darauf, mit ihm Zeit zu verbringen. Trotzdem kann ich in der Nacht meine Zweifel nicht gänzlich verdrängen. Immer wieder grüble ich darüber, was Tomke wohl in uns sieht. Die Dunkelheit überzeugt mich davon, dass wohl einzig und allein mein Körper von Interesse für ihn sein könnte, falls seine Intentionen über das Platonische hinaus gehen. Eine andere Möglichkeit ergibt in meinem Kopf schlicht und ergreifend keinen Sinn.

Aufgrund der verlorenen Stunden schlafe ich am Morgen aus und frühstücke alleine nach dem Rest meiner Familie. Dennoch fühle ich mich nicht ausgeschlossen, denn Tijana setzt sich nach einem Augenblick zu mir.

„Hast du gut geschlafen?", erkundigt sie sich, woraufhin ich ohne nachzudenken kauend mit dem Kopf wiege. Als das Gesicht meiner dreizehnjährigen Schwester einen besorgten Ausdruck annimmt, geht mir auf, dass ich noch nie über meine Schlafprobleme geredet habe. Dennoch fühle ich mich in diesem Augenblick nicht derartig unwichtig, als dass ich das Thema unter den Tisch kehren will. Zum ersten Mal kann ich das ehrliche Interesse und die Besorgnis einer Person annehmen und über meine Schwierigkeiten reden.

„Ich habe öfter Probleme mit dem Schlafen", beginne ich, nachdem ich geschluckt habe. „Echt? Wie lange denn schon?", will Tijana wissen und da ich ihr berichte, dass mir Nächte schon seit circa zehn Jahren nicht leicht fallen, reißt sie die Augen auf. „Wissen Mama und Papa davon?", erkundigt sie sich als nächstes und als ich langsam mit dem Kopf schüttel, legt sie mir mit einem ernsten Gesichtsausdruck eine Hand auf den Arm.

„Theo, ich weiß, dass du oft ein bisschen allein in dem ganzen Chaos hier bist. Aber du musst deine Probleme nicht mit dir selbst ausmachen. Zumindest ich bin immer für dich da, okay? Und ich bin mir sicher, dass sich Mama und Papa auch für dich Zeit nehmen würden. Ich glaube, dass sie nur denken, dass du deine Freiheit und deine Ruhe brauchst", vermutet sie. Ich schlucke erneut, obwohl ich kein Müsli in meinem Mund habe. Diesmal ist es die Rührung, welche sich wegen meiner klugen kleinen Schwester in meinem Hals ausbreitet und kein Wort vorbeilässt.

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