|11-sicher|

13 1 8
                                    

„Kennt ihr gute Plätzchen-Rezepte, bei denen nicht so viel schief gehen kann?", erkundige ich mich am Mittwoch Morgen bei meinen Freund:innen. „Du willst Kekse backen?", lacht Simon überrascht. Und ja, vielleicht ist es bekannt, dass eher Kochen meine Stärke in der Küche ist.

Trotzdem zucke ich nur mit den Schultern. „Ja, warum nicht?" Simon lacht nur weiterhin, während Celina mich mit einem forschenden Blick bedenkt. „Theo-", beginnt sie, bricht dann jedoch ab und schüttelt den Kopf, als müsste sie sich selbst davon abhalten, nachzuhaken. „Unsere Mutter macht doch super gute Plätzchen, die können wir fragen", schlägt sie dann vor. „Das wäre lieb", gebe ich lächelnd zurück. „Könntet ihr ihr jetzt schreiben?"

„Jetzt? Sie ist grad bei der Arbeit. Wann brauchst du die denn?", will Jannik wissen, ganz in seiner pragmatischen Organisatoren-Rolle. „Heute Nachmittag", antworte ich leiser, da Nachfragen nun doch immer unausweichlicher werden.

„Wir schreiben ihr trotzdem, sie kennt die doch auswendig", entscheidet Celina in einer überredenden Tonlage, nachdem sie mir einen weiteren tiefen Blick zugeworfen hat. Sie scheint zu wissen, dass ich noch nicht bereit bin, zu erzählen. Und dass die beiden Jungs überhaupt mitbekommen, dass im Moment irgendwas anders ist als sonst, das wage ich zu bezweifeln.

„Okay, wenn du meinst. Dann frage ich sie mal", stimmt Jannik seiner Zwillingsschwester zu. „Perfekt", gibt sie zurück und lächelt mir zu. „Dann klappt das bestimmt alles heut Nachmittag." Ihr Blick zeigt mir noch einmal deutlich, dass sie etwas ahnt. Umso dankbarer bin ich, dass sie diese Ahnung nicht zum Thema Nummer eins in unserer Gruppe macht.

In der darauffolgenden Vorlesung schreibe ich eine Einkaufsliste. Zwei der drei Rezepte, die Jannik mir weitergeleitet hat, klangen machbar, während das dritte mir quasi unmöglich erschien. Vielleicht unter anderem, da ich zum Teil nicht einmal die Zutaten kannte.

Celina wirft mir ab und zu einen fragenden Blick zu, doch wann immer ich in ihre Richtung schaue, wendet sie ihren Kopf wieder nach vorn. Ein wenig leid tut sie mir, da sie scheinbar derartig mit sich kämpft, um nicht zu neugierig zu sein, doch ihre Rücksicht lässt mich aus irgendeinem Grund wahnsinnig sicher fühlen.

Ehrlicherweise ist dieses Gefühl der Sicherheit für mich ziemlich neu. Natürlich fühle ich mich ab und an wohl in meinem Leben. In Herrmanns Buchhandlung beispielsweise, oder an guten Tagen zwischen meinen Freund:innen, manchmal sogar mit meinen Geschwistern. Und doch scheine ich mich in Gesellschaft von anderen Personen meist nicht sicher zu fühlen. Sei es, weil diese mir das Gefühl zu geben scheinen, dass ich ihnen egal bin - oder weil ich mir selbst ein wenig egal bin.

In der letzten Woche war das irgendwie anders. Insbesondere Herrmann und Celina haben mich besser, leichter und irgendwie sicherer fühlen lassen, als je zuvor. Wahrscheinlich nicht, weil sie sich anders verhalten haben, sondern eher, weil ich ein Teil ihrer Zuneigung mir gegenüber besser annehmen konnte. Und dass sie sich offenbar für mich und mein Wohlbefinden interessieren und für mich da wären, falls ich sie brauche - diese Tatsache lässt mich nicht mehr verwirrt und eingeengt zurück, sondern gibt mir eben dieses Gefühl von Sicherheit.

Darüber reden, wie genau ich mich fühle, kann ich allerdings noch immer nicht. Vielleicht, so vermutet es eine leise Stimme in meinem Kopf, würde es doch jemanden interessieren. Vielleicht würde zum Beispiel Celina es nicht als verschwendete Zeit ansehen, wenn ich mich ihr anvertraue. Dennoch habe ich den Mut dafür nicht. Zudem bin ich mir unsicher, über was genau ich mit ihr sprechen sollte. Zu lange habe ich alles mit mir selbst ausgemacht.

„Danke", wispere ich ihr trotzdem irgendwann zu. Sie macht zuerst einen fragenden Gesichtsausdruck, beginnt dann jedoch zu lächeln. „Immer gern", gibt sie zurück und drückt kurz meine Hand. „Ich bin für dich da." Und auch, wenn ich dies noch nicht wirklich nutzen kann, gibt mir ihr Beistand ein sicheres Gefühl.

nachtfalterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt