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Am Montag ist von dem frühlingsweisendem Wetter nichts mehr übrig, denn es sind fünf Grad und Regen fällt in langen gleichmäßigen Schnüren vor meinem Fenster hinab. Doch trotz des leblosen grauen Wetters draußen bin ich gut gelaunt, wenn auch etwas aufgeregt, da ich gleich mit meinen Freund:innen einen kleine queere Ausstellung besuche. Toni hatte uns gefragt, ob wir ebenfalls hingehen wollen, und da wir uns gut mit ihrer Freundesgruppe verstanden hatten, haben wir zugesagt.

Eingepackt in meine Winterjacke und Mütze, an den Füßen dennoch meine schwarzen Vans, haste ich am frühen Nachmittag die Treppen hinunter, da ich mich natürlich an meinem aktuellen Buch festgelesen habe. Aus diesem Grund muss ich ein Stück rennen, um den Bus zu erwischen. Als ich mich schließlich schwer atmend auf einen der Sitze sinken lasse, fällt mir auf, dass ich meine Kopfhörer vergessen habe. Glücklicherweise dauert die Fahrt nur etwa zehn Minuten, dann steige ich im eher alternativen Viertel der Stadt aus. Bis zum Literaturhaus, in welchem die Ausstellung stattfindet, sind es nur noch ein paar Schritte, und unter dem Vordach kann ich bereits die Zwillinge erkennen.

„Theo!", begrüßen mich die hellblonden Geschwister einen Augenblick später synchron. Ich winke lächelnd und trete zu ihnen ins Trockene. „Sind die anderen noch nicht da?", erkundige ich mich, woraufhin Jannik mit dem Kopf schüttelt. „Simon hat geschrieben, dass er und Toni sich ein bisschen verspäten", berichtet er grinsend, denn wenn wir ehrlich sind, hat niemand von uns etwas anderes erwartet. Somit nicke ich nur und schaue mich ein wenig um.

Neben dem Eingang steht eine große Tafel, auf welcher die Veranstaltung mit einem farbenfrohen Plakat angepriesen wird, und überall in unserer Nähe stehen kleine Grüppchen von bunt durchmischten Menschen. Ein kleines Lächeln schleicht sich auf meine Lippen, als ich diese wenig heteronormativen Personen betrachte und ich genieße das Gefühl, Teil einer größeren, diversen Gruppe zu sein, in welcher niemand die Identität der anderen Mitglieder hinterfragt.

Irgendwann treffen Simon, Toni und die Freund:innen von ihr ein und im Laufe der Zeit stelle ich fest, dass es sich bei den drei weiteren Personen um absolut wundervolle Menschen handelt. Weil ich das Gefühl habe, hier in einem sicheren Raum zu sein, fällt es mir total leicht, mich mit ihnen zu unterhalten und ihnen meine Gedanken anzuvertrauen. Auch die Ausstellung lässt mich gut und richtig mit meiner queeren Identität fühlen, auch, wenn ich noch immer unsicher bin, welches Lable eigentlich zu mir passt.

„Du musst dich ja auch nicht festlegen", macht Toni mir klar, als ich beim Betrachten einer riesigen Collage aus unterschiedlichen Prideflags diesen Gedanken äußere. „Sowieso sind Sexualität und Geschlechtsidentitäten meist irgendwie fluide und vielleicht passt ja auch kein Lable so richtig zu dem, was du fühlst. Das heißt trotzdem nicht, dass du weniger queer bist, Theo", ermutigt sie mich lächelnd. „Ich lable mich ganz gern, weil ich dann das Gefühl habe, weniger allein zu sein mit meiner Identität. Aber das muss ja nicht für alle Leute was sein", führt sie weiter aus, woraufhin ich langsam nicke. „Ehrlich gesagt fühle ich mich durch euch, aber auch generell auf dieser Veranstaltung so richtig zugehörig zur queeren Community", antworte ich mit einem vorsichtigen Lächeln. Simon legt mir wortlos, aber strahlend einen Arm um die Schulter, indessen seine queerplatonische Freundin freudig nickt. „Solang du dich wohl fühlst, ist doch alles gut", findet sie, weshalb ich wieder nicke.

So einfach ihre Aussage klingt, so sehr hat sie doch recht. Ich kann meine Gefühle und die Welt um mich herum wahrnehmen und deshalb mit Sicherheit sagen, dass es mir tatsächlich gerade gut geht. Hier, inmitten von all diesen individuellen Menschen, neben meinen Freund:innen und auch Toni und ihrer Gruppe, aber auch generell in meinem Leben fühle ich mich gerade sehr wohl. Ich kann mich mittlerweile selbst gut akzeptieren und mögen, bin manchmal sogar stolz auf mich und ich habe Spaß an meinem Leben.

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