Ich schaue verkrampft zu Rubina. Es scheint mir doch sehr nach einem Heiligtum. Wölfe müssen hier anscheinend ebenso heilig sein.
„Was fällt euch ein?! Habt ihr keinen besseren Ort für sie gefunden?", zischt sie aggressiv. „Ich...eh...", stottere ich, in dem Versuch eine Erklärung zu finden. Aber ich kenne mich hier selbst nicht aus. Woher soll ich also eine Erklärung dafür finden?
»Spar dir das Flora«, erwidert Saphira ruhig. Ich kann jedoch ihre Spannung spüren.
„Sie hat kein Recht hier zu sein!!", kommt es von Rubina zurück, „Schafft sie sofort aus dem Heiligtum, oder ich werde es tun!" Sich mit diesem Mädchen anzulegen, würde definitiv niemals einen Platz auf meiner Wunschliste stehen.
„Beruhige dich! Wir werden sie mitnehmen. Aber komm runter!", sagt Smaragda leicht genervt. Sie ist eindeutlich das Mittelding zwischen Saphira und Rubina. Trotzdem ist mir das schwarzhaarige Mädchen lieber.
„Ich werde mich erst beruhigen, wenn sie hier weg ist!", faucht Rubina. „Okay, okay ich geh schon. Es wäre nur schön, wenn mir jemand sagen könnte wohin ich gehen soll", sage ich ungeduldig. Diese Situation ist mir doch ein wenig zu angespannt.
»Komm mit. Wir gehen in mein Zelt«, piepst das Wiesel mit ihrer sanften Stimme. Okay. Saphira wird wissen, wo wir hingehen müssen. Dennoch ist es komisch, diesem, in schwarzes Fell gekleidete, Wiesel in die schwarzen Knopfaugen zu blicken. Ich würde Saphira lieber in ihre reinen, blauen Augen schauen.
»Oh, dich stört mein Aussehen? Ich kann mich dann umziehen, aber hier habe ich keine Kleidung«, höre ich Saphira in meinem Kopf. „Eh...Nein, ich habe kein Problem. Es ist nur ungewohnt, mit einem Wiesel zu sprechen", erwidere ich. Ein Kichern ertönt in meinem Kopf. »Alles gut. Ich werde mich trotzdem umziehen.«
Das kleine Tierchen springt los und gibt mir ein Zeichen, ihr zu folgen. Saphira ist nicht langsam. Auch in ihrer kleinen und zerbrechlichen Gestalt ist sie äußerst flink.
Hinter uns verschwinden langsam Rubina und Smaragda zwischen den Bäumen. Doch ich kann noch Rubinas gefährlichen Blick in meinem Nacken spüren. Hoffentlich kann ihre Cousine Sie besänftigen.
Ich laufe - nein renne - dem kleinen Wiesel vor mir immer noch hinterher. Wo will sie hin? Hat sie ihr Zelt wirklich so weit draußen gebaut? Oder ist das Heiligtum nur soweit außerhalb?
Endlich sehe ich ein Zelt. Saphira bleibt davor stehen und sieht nach mir. Also echt Saphira, jetzt wäre es zu spät gewesen. Das bringt nun auch nicht mehr so viel.
»Tada! Mein Zelt. Wie findest du es? Warte hier. Ich gehe mir nur kurz etwas anziehen«, sagt sie in meinen Kopf und verschwindet in dem Gebilde aus Stoff.
Das Zelt besteht anscheinend aus Holzfasern. Sie sind geschickt mit einander verflochten und auf stabile Pfähle aus Holz gespannt. Es hat die Form eines Kreises und ist nicht sonderlich klein. Es könnten wahrscheinlich 3 durchschnittliche Erwachsene in das Zelt passen.
„Da bin ich wieder!", sagt Saphira nun wieder in menschlicher Gestallt. Sie trägt ein blaues Top mit schwarzen Mustern und eine schwarze Hose. Ihr langen Haare fallen über ihren Rücken.
„Das Top steht dir", entgegne ich ihr. „Danke", erwidert sie freundlich, „Meine Schwester hat es mir geschenkt. Sie meinte, es passt zu mir." „Da hat sie recht." Saphira lächelt mir verlegen zu.
„Komm herein", grinst mich das Mädchen vor mir freundlich an. Sie hält den Stoff des Eingangs zurück, damit ich eintreten kann. Sie ist zweifellos die freundlichste Person, der drei Chaos-Wiesel.
Ich gehe ins Zelt und Saphira folgt mir in ihr riesiges Gebilde aus Stoff. „Wow", rutscht es mir staunend heraus. Saphira grinst mich an und schüttelt den Kopf. „Was ist so beeindruckend?", fragt sie. „Du hast es hier so schön gemütlich und...irgendwie..." „Irgendwie mit der Natur verbunden?", vervollständigt sie meinen Satz. Ich nicke.
Das Zelt besitzt einen blauen Stil. Sie besitzt einen großen blauen Teppich. Sie hat kein Bett, sondern eine schlierige blaue Hängematte. Außerdem braune Schränke und einen kleinen Holztisch in der Mitte des Zeltes.
Doch in einer Ecke hat sie einen Haufen von Kissen zusammen geworfen. „Was ist da passiert?", frage ich verwirrt. Hier sieht alles so ordentlich aus und dann ist dort das reinste Chaos. „Als Wiesel komme ich in nicht auf die Hängematte. Wenn ich nicht draußen übernachte, schlafe ich auf diesem Haufen", sie wirft sich auf die Kissen, „Oder ich benutze sie zur Entspannung."Ich setze mich zu ihr. Saphira wirft mir einen fragenden Blick. Natürlich. Sie kann Menschen wie Bücher lesen.
„Was ist das alles hier und was hat das mit mir zutun?", frage ich sie verzweifelt. Sie seufzt. „Ich weiß, dass das hier nicht so leicht zu verstehen ist", erwidert sie. „Ja, genau. Wie soll ich das hier verstehen, wenn mir keiner etwas erklärt? Ihr weicht ständig meinen Fragen aus", meine ich wütend, „Mein Leben sieht zur Zeit nicht so super aus. Mein Vater liegt im Krankenhaus, meine beste Freundin erklärt mir - wie ihr - überhaupt nichts und jetzt bin ich an einem Ort, der einfach nur übernatürlich ist und rede mit einer Gestaltwandlerin!"
Saphiras Blick wirkt zwiegespalten. „Ich...ich verstehe dich, aber...eh...", stottert sie. „Weißt du was? Spar dir deine Ausreden. Sag mir wie ich nach Hause komme und ich gehe." „NEIN! Das darfst du nicht!", sagt sie geschockt. „Schön. Dann muss ich den Weg eben alleine finden", meine ich und stehe auf. Saphira versucht nach meinen Arm zu fassen, aber ich ziehe ihn rechtzeitig weg und verlasse das Zelt. „Warte!", ruft sie, aber ich laufe weiter, ohne mich umzudrehen.
Ich kann das nicht mehr. Die Fragen stapeln sich in meinem Kopf. Vielleicht finde ich zuhause etwas Ruhe.
»STOPP!«, höre ich eine schneidende Stimme in meinem Kopf. Augenblicklich gefriert meine Bewegung. Diese Stimme kommt mir nicht bekannt vor, aber sie klingt klarer und schärfer als jede mir bekannte Stimme.
Langsam und geschockt drehe ich mich zur Seite. Ich kann jedoch kein Wiesel ausmachen. Vielleicht ist es kein Wiesel.
Plötzlich schneiden zwei braune und klare Augen mein Blickfeld. Die Augen einer Wölfin.
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The Endless Forest
FantasyPure Fantasie. Das denkt jeder, wenn er an einen endlosen Wald mit eigenartigen Wesen denkt. Jeder würde es für verrückt halten. Aber, was, wenn ich dir sage, dass es tatsächlich so etwas gibt? Und ich dorthin geraten bin? Hätte mir jemand gesagt, d...