Das innere Tier

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Saphira zieht das Tempo an und flitzt den Weg entlang. Mitten im Sprung verwandelt sie sich und landet als kleines flauschiges Etwas auf dem Boden. Schön, jetzt ist sie noch schneller.

„Warte!! Ich komme nicht hinterher! Tut mir wahnsinnig leid, aber ich bin noch nie einen Marathon gelaufen!", rufe ich ihr meckernd hinterher. Das Wiesel stoppt ruckartig und ich kann mir förmlich vorstellen, wie sie grinst.

„Aura muss dir helfen, dein inneres Tier zu finden. So kannst du dich auf die Fähigkeiten fixieren, die bei dir ausgeprägt sind. Ich habe keine Ahnung, welches dein Tier ist", erklärt Saphira.

Stimmt. Mein inneres Tier. Darüber sollte ich nachdenken. Es steht nicht auf meiner Wunschliste, mich vor Aura behaupten zu müssen, warum ich meine Hausaufgaben nicht gemacht habe. Das musste ich schon oft genug vor meinen Lehrern.

„Kommst du? Vielen ist dein inneres Tier eine Schnecke!", rätselt Saphira provozierend. „Haha", erwidere ich sarkastisch. Das kam persönlich. Doch anscheinend hat Saphira nichts davon mitbekommen. Sie grinst mich immer noch frech an.

„Genug geschwafelt. Wir müssen wirklich zurück", prägt mir Saphira ein. „Wir sind doch gleich da. Warum die Eile?", entgegne ich verständnislos und verlangsame meinen Schritt. „Ja, aber wir sind nur gleich da, wenn du endlich mal aus dem Knick kommst!", Saphira rennt im selben Tempo weiter. Mir bleibt nichts anderes übrig, als mich ihrem Schritt anzupassen.

Endlich. Die Laternen enden auf der Lichtung mit den Zelten. Überall sind kleine Kreise von Stämmen zusammengelegt. Ja, endlich sind wir da.

»Warte hier. Ich hole Aura. Ohne dich bin ich ganz sicher schneller«, sagt sie und wirft sich in den Sprint. Weg ist sie.

Dafür habe ich etwas Zeit, den Wald zu beobachten. Es ist nicht viel hier los, denn die meisten sind wo anders, aber trotzdem liegen hier viele Tierarten auf einem Haufen. Da stellt sich gleich die Frage: Was machen eigentlich die Raubtiere? Sie müssen sich schließlich ernähren. Oder sind sie Veganer?

Nach wenigen Minuten, kommt ein brauner Wolf, mit einem frechen, kleinen schwarzen Wiesel angetrabt. Schon von weitem erkenne ich ihre klaren, braunen Augen leuchten. Sie sind schließlich nicht wie unsere, sondern dunkelbraun und Hellbraun sowie mit kleinen weißen Sprenkeln. Dieses Mystische fasziniert mich immer wieder.

»Na du? Ich habe gehört, du hast dein inneres Tier gefunden. Es ist eine Schnecke?«, begrüßt mich Aura. Argh. Saphira, diese kleine Lügnerin. Und dabei schaut sie mich noch so freundlich aus ihren Knopfaugen an! Ich bin empört.

„Naja, eigentlich bin ich mir da nicht so sicher. Es war eher ein Witz von Saphira", verteidige ich mich. »Echt? Das war ein Witz?", die Verwirrung ist Saphiras Stimme mehr als anzuhören.

„Wie dem auch sei. Ich habe wirklich keine Ahnung, welches Tier in mir schlummert.", beichte ich verlegen. »Hatte ich auch nicht erwartet«, erwidert die Wölfin und schüttelt sich kräftig. »Saphira, verschwinde. Du kannst hier nicht helfen«, befiehlt sie dem kleinen Wollknoten auf dem Boden. Warum hatte sie sich nicht abfedern können? So groß ist Aura nun auch nicht.

Saphira sortiert sich um, bis sie wieder wie ein etwas aussieht und nickt. Mit wenigen Sprüngen ist sie im Gebüsch und langsam verstummt das Rascheln.

Ich drehe mich um und blicke in die, wenige Zentimeter entfernten, Augen der Wölfin. Erschrocken zucke ich zusammen. Sie ist nicht nur lautlos näher gekommen, sondern schaut sie mich wieder mit ihrem durchdringenden Blick an.

»Ja, meine Augen sind durchdringend. Aber deine Gedanken sind nicht geschützt. Ich hätte genauso gut auch weiter weggehen können, damit du es überhaupt nicht merkst, aber ich habe mich extra vor dich gestellt. Doch du bist nicht einmal auf die Idee gekommen, deine Gedanken abzublocken. Das muss besser werden!«, predigt mir der Wolf wortwörtlich in meinen Kopf ein. Langsam wurde es peinlich.

»So, aber jetzt zu deinem Tier.«, beginnt sie, »Vielleicht hast du einen Geruch an dir. Darf ich?« Sofort spüre ich ihre Schnauze an meinem Körper. Sie hatte nie die Absicht, auf meine Antwort zu warten.

»Oh nein. Bitte nicht«, ertönt es auf einmal in meinem Kopf. „Was? Was ist den?", frage ich besorgt. »Es macht sogar alles Sinn. Du bist keine gute Ausdauerläuferin, Flo. Aber du bist wahrscheinlich eine gute Sprinterin. Du hast Kraft und gute Sinne. Passt das?«, fragt sie mich. „Ja, das kann gut sein", erwidere ich locker. »Super. Dann ist es klar. Meine Schnauze irrt sich nicht«, meint sie ernst. „Was bin ich den?", will ich nun wissen.

»Du hast es immer noch nicht rausbekommen? Meine Güte, du bist wirklich nicht gut im zusammen knöpfen«, beschwert sie sich nörgelnd. Also das ist dreist. Wer würde da schon auf ein Tier kommen?

„So, jetzt reicht es mir aber gewaltig!!", schimpfe ich entschlossen. In Auras Augen steht die Verblüffung. „1. Gibt es so so viele Tiere, mit guten Eigenschaften. 2. Weiß ich nicht, was deine Nase gerochen hat. Und 3. Habe ich mir noch nie richtig Gedanken darüber gemacht, welche Tiere welche Eigenschaften besitzen. Ich kann keine Gedanken lesen. Also was bitte, erwartest du von mir?!", sage ich wütend. Aura blickt mich verblüfft an. Es ist kurze Zeit still - abgesehen von den Vögeln und den Geräuschen der Natur.

»Ja, du hast recht. Es war nicht fair von mir. Es Tut mir leid«, meint sie kleinlaut. Ah, wahrscheinlich hatte ich etwas an ihrer Ehre als Beta Wolf angekratzt. So kleinlaut habe ich sie noch nie gehört. „Alles gut. Ich war selbst von mir überrascht. Schließlich bin ich normalerweise nicht so. Aber das wissen wir beide", entgegne ich ruhig. Endlich hebt sich ihr Blick und ihre Ohren stellen sich auf. Auch ihr Schwanz ändert seine Position. Sie war wirklich verängstigt gewesen. Aber warum?

»Okay, also dein Tier ist ein Raubtier, und zwar-« „Warte! Ich hab da noch eine Frage, in Bezug auf Raubtiere", unterbreche ich sie. »Okay«, meint Aura verblüfft. „Wie macht ihr das hier mit dem Jagen. Seid ihr Veganer?", frage ich sie. »Also pass auf. Jedes Tier hat eine Ausstrahlung seines inneren Tieres. Und die Jäger unserer Familie können diese Ausstrahlung besonders gut spüren. Sie suchen sich die Beute, mit der schwächsten Ausstrahlung. Die Wildherden sind damit zwar nicht einverstanden, aber sie können schlecht etwas unternehmen. In meiner menschlichen Gestalt esse ich zwar auch Gemüse und so etwas, aber als Wolf ist das unvorstellbar«, erklärt sie. „Verstehe. Und bist du ein Jäger?", frage ich neugierig. »Nein, mein Gespür dafür ist nicht so gut, wie das von anderen meines Rudels. Meine Ausstrahlung ist nur seid Geburt her stark, daher kommt auch mein Name, Aura«, erwidert sie. „Ich hatte mich schon lange gefragt, woher dein Name kommt, aber das macht Sinn", entgegne ich freundlich.

»Die Frage wäre geklärt. Willst du jetzt wissen, welches dein inneres Tier ist?«, wechselt sie das Thema. Zustimmend nicke ich. Aura bleibt still. Sie sagt nichts. Was macht sie nur?

»Ich habe per Fernruf Sky gerufen. Er sollte bald hier sein«, meint sie plötzlich. „Wer ist Sky?", erwidere ich fragend, doch Aura gibt keine Antwort.

Auf einmal raschelt es im Gebüsch. Hervor kommt eine...Wildkatze! »Sky, ihr inneres Tier ist eine Wildkatze. Du weißt, was zu tun ist«, meint sie und die Wildkatze nickt.

Er legt seine Pfote auf meine Beine und sieht mir fest in die Augen. Seine sind ebenso mystisch, wie Auras. Auf einmal spüre ich etwas in mir. Es fühlt sich alles so merkwürdig an. Mir wird komisch und plötzlich wird alles schwarz.

The Endless Forest Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt