Kapitel 16

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Kapitel 16


»Draco.«

Er war bereits den zweiten Tag wieder wach und fragte sich, wann er endlich entlassen werden würde. Ihm fehlte doch nichts, der Muggelarzt hatte irgendwas von Reha gefaselt aber er hatte nicht verstanden, was sie von ihm wollten.

Jetzt schaute er auf und sah seine Tante Andromeda Tonks.

»Du kannst heute mit mir kommen, wir werden noch zu einem Heiler gehen, der dich durchcheckt«, sagte sie und Draco nickte schnell.

Seit seine Tante gestern schon hier war und ihm erzählt hatte, was er alles verpasst hatte, war er stumm.

Seine Mutter war tot, sein Vater in Askaban und seine Verhandlung war nur verschoben worden, weil er nicht aussagen konnte. Jetzt, wo er aufgewacht war, würde sie nachgeholt werden und Draco wurde schlecht bei dem Gedanken.

Er zuckte zusammen, als er die Hand seiner Tante auf seiner Schulter spürte.

»Es wird alles gut, Draco.«

Er starrte sie an aber er konnte ihren Worten keinen Glauben schenken. Sie lächelte leicht und Draco fragte sich nur, warum sie sich eigentlich um ihn gekümmert hatte.

Sie hatte dafür gesorgt, dass er in das Muggelkrankenhaus verlegt wurde, sie hatte sein Vermögen, das er geerbt hatte, verwaltet.

Jetzt beobachtete er, wie sie seine Tasche packte und Draco glitt wieder in seine Gedanken.

Die braunhaarige Frau hatte er auch nicht wieder gesehen und sich gescheut seiner Tante davon zu erzählen. Vielleicht hatte er sie sich nur eingebildet? Er war wieder gesund aber trotzdem hatte er das Gefühl, das etwas fehlte, etwas nicht passte.

»Kommst du?« Ihre Stimme klang sanft an sein Ohr und Draco fragte sich nur wieder, warum sie ihm überhaupt half. Klar sie war die Schwester seiner Mutter, aber sie wurde ausgestoßen. Er hatte sie noch nie zuvor gesehen und sie war ihm einfach fremd.

Aber anscheinend war sie das Letzte bisschen Familie, das ihm geblieben ist.

»Ich will zu meiner Mutter«, bevor er nachdenken konnte, hatte er diesen Satz gemurmelt und er brannte sich in sein Herz. Nie wieder würde er zu seiner Mutter können.

Er konnte ihren mitleidigen Blick spüren. Es war ihm egal.

Mechanisch stand er auf und musste sich am Bett festhalten. Das erste Mal, seit über sechs Monaten stand er wieder auf seinen eigenen Beinen.

»Keine Sorge, ein Heiler wird die Muskeln schnell wieder aufbauen können«, sagte seine Tante dann schon und packte ihn unter seinen Achseln, als er drohte zu schwanken.

Er ließ sich von ihr führen und nahm so gut, wie nichts von seiner Umwelt war. Erst als er das bekannte Gefühl des Apparierens spürte, versuchte er sich zusammenzureißen.

Seine Tante hatte ihn ins St Mungos gebracht.

Ein Heiler stand schon vor ihm und musterte ihn.

»Nun, er scheint wieder gesund zu sein. Keine Folgeschäden im Gehirn und wenn sie ihm diesen Trank morgens und abends geben, hat er nächste Woche schon wieder alle Muskeln neu aufgebaut«, hörte er ihn sagen und Draco schaute ihn überrascht an.

Hatte er wirklich so wenig mitbekommen?

Keine Folgeschäden?

Seine Tante nahm den Trank an und zog ihn aus dem Raum. Kraftlos stolperte er ihr hinterher und im nächsten Moment apparierte sie schon wieder.

Diesmal versuchte sich Draco sofort wieder zusammenzureißen. Aber seine Kraftreserven waren zu Ende.

Er konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten und ihm flimmerten Punkte vor den Augen, bevor es ganz schwarz wurde.


Als er dieses Mal seine Augen öffnete, wusste er erst nicht, wo er war. Dann fiel ihm seine Tante wieder ein und er ließ sich zurück in die Kissen sinken.

»Wie schön, du bist wieder wach.«

Dracos Blick glitt sofort zu der Frau, die neben seinem Bett saß. Eine Sekunde lang hatte er gedacht, gehofft, es wäre seine Mutter. Aber es war nur seine Tante, die ihm jetzt half sich aufzusetzen.

»Hier trink das«, sagte sie und hielt ihn eine kleine Phiole hin. Gehorsam trank er es und es schmeckte verdammt bitter.

Ausdruckslos ließ er sich wieder zurück in die Kissen sinken und starrte an die Decke.

»Möchtest du deinen Großcousin kennenlernen?«, hörte er die Stimme seiner Tante, wie in Watte gepackt.

Er ließ seinen Blick zu ihr wandern. Ein kleines Lächeln war auf ihrem Gesicht.

»Weißt du, du bist nicht der Einzige, der seine Mutter verloren hat. Teddy hat gleich beide Elternteile verloren«, das Lächeln wandelte sich in ein ernstes Gesicht und sie griff nach seiner Hand und seufzte.

»Wenn du willst, dann hole ich ihn«, sie strich sich mit ihrer freien Hand über ihre Augen und lächelte ihn dann wieder an.

Draco konnte nur leicht nicken. Zu schwer war der Klos in seinem Hals.

Womit hatte er es verdient, das sie sich um ihn kümmerte? Offenbar hatte sie schon genug Sorgen, und musste sich jetzt um ihren verwaisten Enkel kümmern.


Als er dann wenig später seinen Großcousin, in den Arme hielt, musste er lächeln. Die blauen Babyaugen starrten ihn lächelnd an und der Kleine brabbelte vor sich hin. Nichts davon war verständlich, er war nicht mal ein Jahr alt, aber es berührte ihn.

Ob seine Mutter ihn auch so gehalten hatte?

Natürlich hatte sie das gemacht.

»Der kleine Teddy muss jetzt aber wieder ins Bett.«

Fast schon wehmütig schaute Draco seiner Tante nach, als sie ihn aus seinem Arm nahm und wieder zurück brachte.

Und plötzlich wünschte sich Draco eine Familie.

Er legte sich wieder zurück in die Kissen und starrte an die Decke. Er würde bald erst achtzehn werden, aber trotzdem wünschte er sich aus ganzem Herzen eine Familie.

Er wollte es besser machen, besser als sein Vater.

Irgendwann hatte ihn die Müdigkeit wieder überrollt.


»Bitte lass mich zu ihm.«

Verwirrt öffnete Draco die Augen und schaute zu der Tür des Zimmers, von wo er die Stimme gehört hatte. Die Stimme kam ihm merkwürdig bekannt vor.

»Hermine, er redet nicht, kein Wort.«

Das war eindeutig seine Tante gewesen.

Wie lange hatte er jetzt schon wieder geschlafen?

»Bei mit hat er geredet, bitte lass es mich einfach versuchen.«

Ob es die braunhaarige Frau war?

Sein Blick hing wartend an der Tür fest und sein Herzschlag beschleunigte sich merklich.

»Er schläft. Komm bitte einfach später wieder. Er braucht jetzt Ruhe und muss sich wieder aufbauen.«

Seine Tante konnte sie doch nicht einfach wegschicken?

»Hm Okay.«

Die Stimme klang genauso enttäuscht, wie er sich gerade fühlte. Am liebsten würde er aufstehen und zur Tür laufen aber er hatte Angst.

Angst, dass er es nicht schaffen würde.

Angst, dass er sie sich doch nur eingebildet hatte.

Secret Ghost [Fanfiction Version]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt