Kapitel 11

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Ofelia
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Draußen, unweit des Stadtkerns, herrschte wie so oft zu dieser Tageszeit reges Treiben. Die Menschen schlenderten zufrieden und ausgelassen durch die Straßen Argentums. Überall, wo man hinsah, waren bunte Trachten zu sehen, die der ohnehin schon farbenfrohen Stadt noch das gewisse Etwas gaben. So weit das Auge reichte, waren Frauen, Männer, Kinder und sogar Tiere, die den sonnigen, wenn auch kühlen Tag genossen.

Es roch herrlich nach Essen. Die Düfte von süßen Backwaren und Broten stiegen Ofelia in die Nase und erinnerten sie daran, dass sie das Frühstück ausgelassen hatte - wohl eher verpasst. Umso schwerer fiel es der Elfe, nicht doch in Versuchung zu geraten und etwas von den Köstlichkeiten zu kaufen. Serefin gegenüber wäre dies mehr als unfair gewesen. Doch ihr knurrender Magen und die verführerischen Gerüche machten es ihr wirklich nicht einfach.

Nicht selten blieb sie einen Moment länger stehen, besah sich die Stände oder warf einen blick durch die Fenster ins innere der Läden, die die Straßen säumten. Oberon, den sie am Ärmel hielt, um ihn nicht zu verlieren, tat es ihr jedes Mal gleich. Ganz zum Missfallen der ganzen Menschen, die mehrfach beinahe in die beiden hineingelaufen wären. Manche schimpften, andere gingen kommentarlos vorbei. Doch nicht selten spürte Ofelia deren Blicke länger auf ihnen ruhen. In solchen Momenten zog sie ihre Kapuze tiefer ins Gesicht und lief weiter.

Anders als Oberon störte es die junge Elfe, so angesehen zu werden. Hier im Viertel wussten vermutlich die meisten Menschen, was und wer sie war. Die abfälligen Blicke galten in erster Linie ihrer Rasse, jedoch war es in der Vergangenheit schon einige Male vorgekommen, dass man sie als Hure bezeichnet hatte. Ofelia gab immer vor, dass es sie nicht störte, dass diese Worte nie bis zu ihr vordrangen, doch die Wahrheit war eine ganz andere, nur, dass sie in den Jahren gelernt hatte, es zu verbergen und zu überspielen.

Sie trat näher an den Fae heran, klammerte sich an seinen Arm und ging schweigend weiter - sie war froh, dass er mitgekommen war. Mit ihm an ihrer Seite fühlte sie sich sicher, er schüchterte die meisten allein schon durch seine bloße Anwesenheit ein. Keiner hier traute sich, dem Hünen zu lange in die Augen zu blicken, geschweige denn, seine Stimme zu erheben. Er war wirklich außergewöhnlich und besonders. Ofelia verspürte ein angenehmes Kribbeln, wenn sie bei ihm war - und das nicht nur dann, wenn er sie berührte.

»Sag, kleine Prinzessin, hast du Hunger?«, hörte sie ihn fragen. Als sie den Kopf hob, blickte sie direkt in seine blauen Augen, die zwar wie Eis funkelten, jedoch eine unglaubliche Wärme ihr gegenüber auszustrahlen schienen.
»Wie kommst du darauf?«, fragte sie verwundert.
»Du bleibst immer wieder stehen, um dir die Auslagen anzusehen, dabei siehst du ziemlich hungrig aus.«

Ofelia lief rot an, als sie realisierte, dass Oberon es bemerkt hatte. Dass es so offensichtlich war, hatte sie dabei nicht gedacht.
»Nein, so ein Quatsch. Du musst dich irren.« Ihr Magen knurrte, doch war sie sich sicher, dass man es nicht hören konnte, zu laut war das Treiben auf den Straßen, die vielen Schritte und Stimmen. »Ich schaue nur aus Neugierde, weil alles unfassbar gut aussieht«, flunkerte Ofelia, was Oberon nicht zu entgehen schien, denn er hob skeptisch eine Augenbraue. »Schon gut, schau mich nicht so an. Ein bisschen Hunger habe ich schon.«

Oberon lächelte sie an, doch Ofelia wandte gleich darauf den Blick ab. Es war ihr unangenehm, dass er sie durchschaut hatte und die Tatsache, dass sie ihn auch noch angelogen hatte. »Ich esse, wenn wir später im Haus sind, immerhin bekommen wir dort etwas zu Mittag. Und jetzt komm, wir holen das, wofür wir gekommen sind.« Sie setzte sich in Bewegung und zog den Fae einfach mit sich, dieses Mal vermied sie es, den Ständen zu viel Aufmerksamkeit zu schenken.

Blut & SeideWo Geschichten leben. Entdecke jetzt