Peter ließ sich ein wenig vom Wind treiben, atmete tief ein und gab dann wieder Gas. Wie ein Pfeil zischte er in den blauen Himmel hinauf, immer auf den Stern zu. Es fühlte sich fantastisch an, wie in einem Traum. Und er war sich sicher, dass das alles kein Traum war, denn in Träumen hatte er nie solche starken Gefühle verspürt wie jetzt beim Fliegen. Es wirkte alles viel zu real, als dass es ein Traum sein könnte.
Die Insel hatte er mittlerweile weit hinter sich gelassen. Unter ihm glitzerte das Meer im Schein der Sonne.
Plötzlich spürte Peter wieder so ein unangenehmes Ziehen im Magen, aber es war nicht so schlimm, wie vorhin im Park. Peter starrte den Stern an und ihm fiel auf, dass es so aussah, als würde der Stern plötzlich auf ihn zufliegen. Ehe Peter sich darüber wundern konnte, ergoss sich plötzlich aus dem Stern ein strahlend helles Licht und Peter musste geblendet die Hand vor Augen nehmen. Als das Licht langsam wieder weniger wurde, nahm er die Hand von den Augen. Der Stern war verschwunden - aber unter ihm erstreckte sich London. Es war ein unvorstellbarer Anblick. Von hier oben täuschte das Bild der Stadt ein wenig, denn sie sah friedlich und ruhig aus, was sie natürlich keineswegs war.
Peter drehte sich im Flug um. Hinter ihm war der Stern, von dort war er gekommen. Es war unglaublich, dass Deer Recht gehabt hatte.
"Auf Wiedersehen, Nimmerland", murmelte er noch einmal, bevor er sich in die Tiefe stürzte und auf London zu brauste.
Während die Stadt unter ihm immer näher kam, bemerkte er, dass sein Flug langsam immer wackeliger wurde - der Feenstaub ging zur Neige. In einem Anflug von Panik erhöhte Peter sein Tempo nur noch, er wollte möglichst noch eine sanfte Landung schaffen.
Langsam konnte er erkennen, wo genau er sich befand. Unter ihm lag der Park, in dem er vorhin nach den Jungen gesucht hatte, doch dort wollte er nicht landen. Das Risiko war zu groß, dass ihn jemand sah. Also flog er über den Park hinweg und erreichte sehr bald die Gasse, in der sich das Haus mit ihrer Dachluke befand. Zu Peters Glück war weit und breit niemand zu sehen, also ließ er sich sinken. Er hätte es sowieso nicht mehr geschafft in der Luft zu bleiben, der Feenstaub hatte sich fast ganz aufgebraucht.
Drei Meter über dem Boden war der restliche Feenstaub vollständig aufgebraucht und er fiel auf die Straße. Unsanft kam er auf dem Pflaster auf. Peter fluchte, er hatte sich die Handballen aufgeschürft, als er versucht hatte den Fall mit den Händen abzufangen. Mühsam rappelte er sich auf und betrachtete seine blutenden Händen. Zum Glück waren es dieses Mal nicht die Knie gewesen. Peter war schon so oft als er noch kleiner gewesen war vom Dach gefallen und immer hatten seine Knie dran glauben müssen, doch jetzt hatte er ausgesprochen Glück gehabt.
Er schmierte sich das Blut an der Hose ab und betrat dann eilig das Haus.
"Tootles!", rief er schon bevor er die Treppe zur Dachluke erklomm, "Ich bin wieder da!"
Keine Antwort.
Peter fand das seltsam. Vielleicht schlief Tootles ja...
Er kletterte durch die Dachluke und fand sich in der Dachkammer wieder - sie war leer.
Peter packte die Panik. Warum war niemand hier? Vielleicht suchten sie ja nach ihm... aber dann wären sie so schlau gwesen, und hätten jemanden hier gelassen, falls er von selbst zurückkommen sollte. Irgendetwas war passiert... aber was?
Gedankenverloren stieg er die Leiter wieder runter und verließ das Haus. Immernoch war kein Mensch zu sehen. Mittlerweile wurde es langsam dunkel und der Mond stand hell und groß am Himmel.
Sollte Peter sie suchen gehen?
Er entschied sich dagegen, denn eine Suchaktion mitten in der Nacht zu starten war nicht sonderlich vorteilhaft und außerdem hatte er keine Lust schon wieder allein in der Gegend umher irren.
Er wollte gerade wieder zurück ins Haus gehen, als er eine Stimme hörte.
"Peter!"
Peter drehte sich überrascht um. Ihm fiel ein Stein vom Herzen. Tootles kam auf ihn zugelaufen.
"Tootles!", rief Peter erleichtert. Tootles kam schnaufend vor ihm zum Stehen.
"Peter, wo warst du denn?", fragte er aufgebracht und wischte sich die Haare aus dem Gesicht.
"Das... ist eine lange Geschichte", antwortete Peter zögerlich. "Ein andermal, okay?"
Er war sich sicher, dass Tootles ihm kein Wort glauben würde, wenn Peter anfangen würde, von Nimmerland zu erzählen. Und außerdem hatten sie jetzt auch keine Zeit für Peters Erklärungen, erst musste er wissen, was mit den anderen Jungen war.
"Wo sind die anderen?", fragte er, bevor Tootles weiter nachbohren konnte.
Tootles runzelte die Stirn.
"Oben in der Dachkammer, denke ich.", antwortete er.
"Nein, da sind sie nicht!"
Tootles riss die Augen auf.
"Aber... gerade eben waren sie da noch!"
"Ist dir irgendetwas Merkwürdiges aufgefallen?", fragte Peter, "Irgendetwas, egal was?"
Tootles dachte angstrengt nach. Peter wurde langsam ungeduldig.
"Nein...", murmelte er schließlich, "Obwohl... ich habe ein paar Piraten gesehen, die sonst nicht hier waren, aber ich glaube nicht, dass die irgendetwas damit zu tun haben."
Peter nickte langsam. Was sollten Piraten schon mit ein paar Waisenjungen anfangen wollen? Andererseits fand er keinen anderen Grund, warum sie einfach so spurlos verschwunden sein könnten.
"Komm mit", sagte er zu Tootles, "Wir suchen sie jetzt. Ich werde das Gefühl nicht los, dass die Piraten wegen etwas Bestimmten hier in London sind..."
Was Tootles nicht wusste, als er hinter Peter her trottete, da er natürlich keine Gedanken lesen konnte, war, dass Peter das eigenartige Gefühl hatte, dass die Piraten wegen ihm hier waren.
Hatte das etwas mit Nimmerland zu tun? Konnte er jetzt Dinge vorraussagen, ohne von ihnen wissen zu können? War es ein Fehler von ihm gewesen zurückzukehren?
Peter schüttelte leicht den Kopf, um diese Gedanken zu vertreiben. Er musste sich jetzt darauf konzentrieren, die Jungen wieder zu finden. Sie brauchten ihn jetzt.
Tootles zupfte ihm plötzlich am Ärmel.
"Peter?", sagte er nervös.
"Lass das, ich habe keine Zeit für deine Kindergeschichten!", erwiderte Peter unwirsch ohne sich umzudrehen und riss sich von Tootles Griff los, der sich aber sofort erneut in seinen Ärmel krallte. Peter war kurz vorm Überkochen. Als ob die Sorge um die Jungen nicht schon groß genug wäre!
Zornig wirbelte er zu Tootles herum.
"Wirklich, Tootles, was soll -" Er brach ab und starrte in die Richtung in die Tootkes ängstlich zeigte.
"Ein Monsterglühwürmchen!", kreischte Tootles wie ein kleines Mädchen und versteckte sich blitzschnell hinter Peters Rücken.
Peter konnte den Blick nicht abwenden. Da kam ein Licht, etwas größer als seine eigene Hand, auf sie zugeflogen. Peter hatte keine Angst, dieses Licht kam ihm irgendwie... vertraut vor...
Das Licht war nun schon ganz nah. Tootles, der sich immernoch hinter Peter versteckt hielt, wimmerte.
"Endlich habe ich dich gefunden!", sagte das Licht mit einer hohen Glockenstimme. Peter zuckte erschrocken zusammen. Seit wann sprachen Lichter?
Peter beugte sich ein wenig weiter vor, um das Licht genauer zu betrachten. Es flog mittlerweile still auf einer Stelle direkt vor ihm.
Und es war kein Licht.
Peter erkannte Beine, Arme, einen Kopf, so wie von jedem Meschen, doch winzig klein. Das Geschöpf war eindeutig weiblich, denn es hatte wallende Haare und einen zierlichen Mund. Auf seinem Rücken ragten zwei bezaubernde, durchsichtige Flügel über den winzigen Kopf hinaus und es leuchtete so unglaublich hell, dass Peter kurz die Augen abwenden musste. Als sich seine Augen wieder an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sah er wieder das Geschöpf an.
"Du bist eine Fee!", rief er aus, "Ich verstehe nicht ganz..."
"Halt die Klappe, du Riesenbaby!", fauchte die Fee ihn an, "Oder willst du die ganze Nachbarschaft aufwecken?! Glaub mir, nicht jeder ist an den Anblick von Feen gewöhnt!" Dabei warf sie einen spöttischen Blick auf den verängstigten Tootles, der die kleine Fee mit großen Augen anstarrte.
"Tut mir leid", beeilte Peter sich zu sagen, "Wie heißt du?"
"Tinkerbell", antwortete die Fee schroff, "Ich bin ganz sicher nicht freiwillig hier. Mir ist egal, was mit dir passiert. Aber Wolf hat mich geschickt. Er meinte, dass du mich vielleicht brauchst."
Peter rieb sich die Stirn. "Wolf hat dich geschickt...", murmelte er vor sich hin und ignorierte dabei Tootles' ungläubige Blicke. "Warum denkt er, ich brauche dich?"
"Hallo?", fuhr Tinkerbell ihn an, "Streng mal ein wenig dein Köpfchen an! Wolf denkt, dass du in Gefahr kommen könntest, jetzt wo du in Nimmerland warst und die Menschen mittlerweile wissen, dass es existiert! Was glaubst du warum sonst die Piraten deine Freunde entführt haben?!"
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Peter Pan - Wie alles begann 🏁
RandomDer Waisenjunge Peter führt gemeinsam mit seinen Freunden Tootles, Nibs, Curly, Slightly und Twins ein aufregendes Leben als Taschendiebe. Bis er sich plötzlich im seltsamen Nimmerland wiederfindet. Doch warum ist er überhaupt dort gelandet und was...