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„Sagen Sie mir sofort, in welchem Zustand er ist, oder ich springe über diese Theke und finde es selbst heraus!" höre ich jemanden hektisch rufen.

„Wie gesagt, Herr Kim, das darf ich nicht tun. Mir wurde gesagt, dass nur Angehörige Zutritt haben." Die Stimme der Krankenschwester zittert leicht vor Angst.

„Beruhige dich, mein Sohn. Ich kann beweisen, dass wir Angehörige sind. Wir stehen in Kontakt mit seiner Mutter, und sie hat uns die Erlaubnis gegeben." Eine zweite, männliche Stimme spricht, und es klingt, als würde er Papiere hervorholen.

Für einen Moment herrscht Stille, nur das leise Seufzen der Schwester ist zu hören, die offenbar im Unrecht ist.

„Herr Min liegt in Zimmer 269, den Gang entlang, die letzte Tür", gibt die Schwester schließlich zu.

Ich reibe mir die Augen und strecke mich, fühle den dumpfen Schmerz in meinem Nacken. Mein Arm ist taub, wahrscheinlich, weil ich ihn im Schlaf ungünstig eingeklemmt habe.

Ein Blick aus dem Fenster verrät mir, dass es längst dunkel ist. Die Laternen vor dem Krankenhaus werfen schwaches Licht. Ich richte meinen Blick auf Yoongi. Er liegt nicht auf dem Bett, sondern sitzt draußen auf der Terrasse und unterhält sich mit jemandem.

Wie lange habe ich geschlafen? So lange, dass ich nicht einmal bemerkt habe, dass er wach ist? Zu lange, offenbar.

Gerade als ich aufstehen und zu ihm gehen will, reißt plötzlich die Tür auf. Ein junger Mann, den ich von der Rezeption zu erkennen glaube, stürmt herein.

„BABYBOY, WAS IST PASSIERT?" schreit er und rennt zu Yoongi, umarmt ihn fest. Es scheint ihm egal zu sein, dass Yoongi mitten in einem Gespräch ist.

Warum nennt er ihn „Babyboy"? Sein Freund? Das ergibt keinen Sinn. Yoongi hätte mir doch gesagt, wenn er jemanden hätte. Oder...? War er die ganze Zeit schwul und ich habe es nicht gemerkt?

Noch in der Umarmung flüstert Yoongi der Person, mit der er sich unterhalten hat, dass sie später weiterreden können. Dann kommt er mit dem jungen Mann im Arm ins Zimmer.

„Gott, ich hatte solche Angst, als deine Mutter sagte, du seist im Krankenhaus. Ich hab' mir solche Sorgen gemacht. Und wenn ich dich jetzt so ansehe, Baby..." Der Junge spricht schnell, fast panisch, während er sich von Yoongi löst.

„Baby?" Denkt er, ich bin blind? So spricht man doch nicht in einer Freundschaft.

Sie setzen sich zusammen auf das Bett, ohne mir Beachtung zu schenken. Um ihre Aufmerksamkeit zu bekommen, räuspere ich mich.

Der Junge wirft mir einen finsteren Blick zu, während Yoongi verwirrt wirkt.

Es wird still. So still, dass man das Gespräch aus dem Nebenzimmer hören kann.

Ich weiß nicht, was ich tun soll. Plötzlich fällt mir ein Gespräch ein, das wir einmal hatten, und ein trauriges Lächeln breitet sich auf meinem Gesicht aus.

„Hallo, ich bin Jimin, 18 Jahre alt und... Yoongis Freund." Meine Stimme zittert leicht, als ich mich vorstelle.

Es bleibt still. Zu still. Ich senke meinen Blick und hoffe auf eine Reaktion.

Nichts. Für mehrere Sekunden höre ich nur den leisen Atem des Jungen. Dann, endlich, schnappt er hörbar nach Luft.

„Sein Freund?" Er spricht langsam, als könnte er es nicht glauben. „Niemand hat mir gesagt, dass Yoongi einen Freund hat... oder überhaupt mit jemandem aus dem anderen Geschlecht zusammen ist. Aber gut, wir zwei reden noch." Er lacht kurz, trocken. „Ich bin Juan, übrigens. Und ich bin volljährig. Außerdem bin ich der beste Freund deines Babys hier."

Seine Stimme hat einen seltsamen Klang, den ich nicht deuten kann. Ist er wütend? Oder enttäuscht?

Mein Blick wandert zu Yoongi, der sichtlich verwirrt über alles Gesagte ist. Er sagt kein Wort, fasst sich nur immer wieder an den Kopf. Da merke ich es.

Etwas fehlt.

Mein Herz setzt einen Schlag aus.

Hat er...? Hat er sie wirklich verloren?

Immer wieder fährt Yoongi mit der Hand über seinen Kopf, genau dort, wo der Verband sitzt.

„Hab ich... meine Ohren...?" flüstert er, kaum hörbar, und starrt sein Spiegelbild im Fenster an.

Mein Verdacht bestätigt sich. Ich will es nicht wahrhaben, aber bevor ich es verarbeiten kann, stürmt die Krankenschwester ins Zimmer. Sie bittet uns, sofort zu gehen. Yoongi hat durch das ständige Berühren seines Kopfes die Nähte gelöst.

Es ist schockierend, wie schnell alles außer Kontrolle gerät.

Ich höre Yoongis Schreie aus dem Zimmer. Das Geräusch von hastigen Schritten und medizinischen Geräten zerreißt die Luft, und mit jedem seiner Schreie bricht ein Stück meines Herzens.

Ich will für ihn da sein. Genau in diesem Moment. Aber ich kann es nicht.

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Was wohl Juan über jimin denk 🤔

My Kitty | YoonminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt