Kapitel 32

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Inneren Frieden, das war es, was ich dringend brauchte. Mein Leben war bis auf die Sache mit Roxy ziemlich gekippt. Weder hatte ich zu jemandem aus meiner Familie Kontakt, noch wusste ich, wie ich mit der Uni weitermachte. Heute war der Tag, an dem ich mir vorgenommen hatte, mich einem der Probleme zu widmen. Seit Wochen war ich nicht in der Uni gewesen. Warum sollte ich weiter dahin gehen?
Die Beerdigung meines Großvaters war fast drei Wochen her gewesen und wenigstens das eine wollte ich geregelt haben.

Ich hatte dem Dekan eine E-Mail geschickt und war für zehn Uhr mit ihm verabredet.

Als ich den Westflügel des Gebäudes betrat, wurde mir augenblicklich klar, dass ich es heute zum letzten Mal betreten würde. Was genau ich machen würde, darüber war ich mir noch nicht im Klaren. Gestern Abend, als ich Roxy aus dem Soulsinger abgeholt hatte, hatte ich eine kurze Unterhaltung mit Logan geführt. Er hatte gemeint, dass er Hilfe in der Bar gebrauchen könnte. Außer ihm, Grace, Roxy und eine andere Kellnerin deren Namen ich nicht kannte, arbeitete sonst niemand bei ihm. Die Bar existierte noch nicht lange, und hatte auch etwas gebraucht, bis es sich mit den Liveauftritten von ihm und seiner Schwester rumgesprochen hatte, aber mittlerweile war sie jeden Abend gut voll. Vorerst würde ich das Angebot annehmen, bis ich mir überlegt hatte, was genau ich mit meiner Fähigkeit anstellen wollte.

Der robuste mahagonifarbene Schreibtisch des Dekans, lag voll mit Ablagefächern, in denen sich Unterlagen befanden. Eine kleine, goldene Statue, die eine Waagschale in der Hand hielt, schmückte den Tisch und jedes Mal, wenn ich in seinem Büro war, lag ein Geruch von Leder in der Luft. Misses Flemming, die Sekretärin der Uni hatte mich gebeten in seinem Büro auf ihn zu warten.

Als der Dekan endlich das Büro betrat, staunte ich nicht schlecht, als mein Onkel Hank, zusammen mit ihm eintrat.

Seit Lebzeiten, hatte mein Onkel ziemlich gute Kontakte und pflegte sie auch. Vermutlich hatte er ihn, irgendwann mal bei irgendwas geholfen oder vielleicht hatte er den Dekan auch irgendwann mal erpresst, wer wusste das schon so genau in meiner Familie. Den Respekt, den ich vor meinem Dad verloren hatte, hatte ich vor meinem Onkel. Er machte keine halben Sachen und war immer zur Stelle. Dennoch fuckte es mich gerade richtig ab, dass er dabei war. Seine blauen Augen, in denen Strenge lag, fanden mich und teilten mir so einiges mit. Angefangen damit, dass er das nicht guthieß, dass ich hier war. Weitermachend würde er mich rügen, weil ich mich auf der Beerdigung meines Großvaters so daneben benommen hatte und ich verwette alles darauf, dass er nach diesem Gespräch, dafür sorgte, dass ich wieder zurück ins Strandhaus ginge.

Unsere Familie hielt immer zusammen, so hatten wir es gelernt! Es gab keine Abtrünnigen bei uns. Hinter dem Wort „Loyalität" stand so einiges. Zum Beispiel wurde vorausgesetzt, dass die gesamte Familie, sich alle zwei Wochen zum Essen bei meinen Großeltern einfand. Korrigiere jetzt bei meiner Grandma. Egal ob Pärchen noch zusammen waren oder nicht, gehörte man einmal zu unserer Familie dazu, wurden keine Unterschiede mehr gemacht. Jeder wurde von Anfang an so behandelt, als wären sie ein vollwertiges blutsverwandtes Mitglied. Die Boxkämpfe, die meine Cousins bestritten, wurden von uns besucht. Sämtliche Schulaufführungen, Geburtstage oder was sonst so anstand. Auch wenn meine Eltern durch ihre Fürsorgepflicht uns Kindern gegenüber immer in Abwesenheit glänzten, taten sie es in der Öffentlichkeit nicht. Man sah uns immer zusammen. Die einzige Ausrede, die es gab, war eine Krankheit, oder man war mal nicht in der Stadt, sonst galt Anwesenheitspflicht.

»Taylor, wie geht es Ihnen?«, fragte der Dekan und reichte mir die Hand.

»Hallo Dekan Greedy.«

Der Dekan schien leicht nervös zu sein und seine Stirn glänzte vor Schweiß. Augenblicklich wurde mir klar, dass er wegen meines Onkels besorgt war.

Last Fight - Look into my Soul (Band 3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt