Tu es, Katharina...
Ich drückte die WC-Spülung, stellte mich langsam hin und öffnete unser Toilettenfenster.
Mit der Stirn lehnte ich mich kurz gegen die Fliesen an der Wand.
Das tat gut!
Ich versuchte die schmerzhafte Kontraktion meines Magens zu ignorieren, drückte mich von der Wand ab, ließ kühles Wasser über meine Handgelenke laufen und putzte mir gründlich die Zähne.Es reichte mir!
Ich konnte nicht mehr...!Das Wort Psychosomatik hatte für mich einen komplett neuen Stellenwert erhalten.
Mein Gedanken, die Situation mit Stefan, meine Selbstzweifel, der temporäre Verlust meiner Arbeit,MACHTEN MICH KRANK !!
Ich nahm mein Handy aus der Hosentasche und schrieb schnell meiner Mutter.
>>Mama, ich muss mit Stefan einiges hier zu Hause klären. Es wäre gut, wenn die Kinder in der Zeit nicht hier sind! Könntet ihr sie so gegen 18.00 Uhr bringen?<<
Ich wusste, dass Stefan im Schlafzimmer war und gab mir noch eine Minute Zeit, bevor ich das unausweichliche Gespräch mit ihm führen musste. Wenn mir das einer vor zehn Jahren gesagt hätte, dass wir uns einmal an dieser Stelle unsere Ehe befinden würden, ich hätte ihn ausgelacht!
Alle anderen aber doch nicht wir!>>Das ist gar kein Problem! Klärt das bitte in Ruhe! In jeder Ehe gibt es einmal Streit. Wichtig ist, dass ihr in guten und schlechten Zeiten zusammen haltet!Bis später Schatz und grüß mir Stefan ganz lieb <<
Einen Teufel würde ich tun!
Ich ging in unser Schlafzimmer und wieder war das Fenster geschlossen. Es stank hier so unerträglich nach Restalkohol, Erbrochenem und sonstigen Dingen, dass ich fast zurück ins Badezimmer gerannt wäre.
Stefan lag schnarchend im Bett. Ich ging zum Fenster, machte das Rollo hoch und riss das Fenster weit auf.Ich gab mir keine Mühe leise zu sein.
Im Gegenteil, ich hatte so viel Wut in mir, dass ich am liebsten das ganze Haus zusammen geschrien hätte!
„Stefan, wach auf!"
Ich rüttelte fest an seiner Schulter aber er brummte nur kurz.
Erbarmungslos zog ich die Bettdecke weg und goss ihm das komplette Glas Wasser ins Gesicht, das Papa auf den Nachtschrank gestellt hatte.Stefan fuhr vor Schreck hoch und saß sofort an der Bettkante. Na bitte, es ging doch!
„Katharina, bist du jetzt komplett durchgedreht?"
Er wischte das Wasser aus dem Gesicht, rieb sich die Nasenwurzel und guckte mich sauer an.
Er fühlte sich gar nicht gut, aber das interessierte mich gerade einen Scheißdreck!
„Du stehst jetzt auf und dann reden wir!", forderte ich ihn in deutlichem Tonfall auf.„Reden? Wir? Worüber sollten wir denn reden?"
Er versuchte sich die Bettdecke wieder über den Körper zu ziehen , um weiterzuschlafen.
Diese Rechnung hatte er aber ohne mich gemacht !
Ich beugte mich nach vorne und flüsterte ihm gefährlich leise ins Ohr.
„Ich gebe dir jetzt ganz genau fünf Minuten Zeit, dann sitzt du unten in der Küche! Ansonsten rufe ich deine Eltern an und werde ihnen haarklein erzählen, was du hier letzte Nacht abgezogen hast!"Ohne mich noch einmal umzudrehen, ging ich zum Kleiderschrank, nahm mir einen dicken Cardigan heraus und verließ das Schlafzimmer.
Mir war innerlich so kalt ...
Ich zog die Jacke über und ging hinunter in die Küche.
Meine Mutter hatte alles für mich aufgeräumt und ich setzte mich an unseren Esstisch.Ganz vorsichtig strich ich mit der Handfläche über die Tischplatte.
Stefan hatte ihn bei unserem Einzug aus einer Vollholzplatte selber gebaut.
Der Tisch konnte viele Geschichten erzählen..
Wir hatten schon so viel an ihm gelacht...
Heute wurde er Zeuge für die Niederlage unserer Ehe!Stefan war schneller unten als ich gedacht hatte, goss sich ein Glas Wasser ein und warf eine Aspirin hinein. Mit verschränkten Armen lehnte er sich an die Küchenzeile und sah mich jetzt direkt an.
„Also, was gibt es so Wichtiges zu bereden, dass du mich einfach aus dem Bett schmeißen musstest?"Ich versuchte ganz ruhig zu bleiben, holte durch die Nase Luft und sammelte all meinen Mut zusammen für dieses Gespräch .
„Erinnerst du dich überhaupt noch an etwas von letzter Nacht? Ich habe mir unglaubliche Sorgen gemacht um dich, wir mussten dich zu zweit ins Haus tragen, weil du so betrunken warst!"
Meine Stimme wurde jetzt doch lauter als ich es wollte, aber es ging einfach nicht anders.„Du hast mich vollgekotzt ... und dich ... Du hast in die Badewanne gepinkelt und mich ausgelacht, Stefan!!"
Ich sah ihn an, aber Stefan guckte nur auf seine Füße.
Er wusste es....
Er wusste, dass er Scheiße gebaut hatte!
Ich kannte ihn zu gut, kannte seine Mimik und seine Gestik.„Bist du fertig?", fragte er mich in nüchternem Ton.
„Nein, bin ich nicht! Du hast mir erzählt, dass du die ganze Nacht gefickt hast im ECLIPSE ...
Stefan, was ist los mit dir? MIT UNS?Wo haben wir uns verloren?Sag es mir bitte!", und jetzt brach meine Stimme.
Ich klammerte mich an der Tischkante fest und hoffte, dass er wenigstens jetzt zu mir sehen würde!„Uns, Katharina? Es gibt doch schon lange kein uns mehr! Klar, wir hatten auch gute Jahre, haben tolle Kinder, unser Haus . Ich habe mich einfach verändert. Ich wollte es lange nicht wahrhaben, aber so ist es nun mal.Das ist jetzt auch nichts gegen dich, glaub mir! Jan hat so oft zu mir gesagt, dass ich mit dir reden soll, aber ich weiß ja, wie sensibel du bist!"
Ich ließ das Gesagte durch meinen Kopf laufen und versuchte umzusetzen, was er mir zu erklären versuchte....
„Was hat Jan denn jetzt damit zu tun, dass unsere Ehe den Bach runtergeht??"
Ich stand auf und ging langsam auf ihn zu.
„Stefan ich habe auch Fehler gemacht, das wollte ich dir die ganze Zeit schon erklären aber...".„Katharina, ich habe seit eineinhalb Jahren ein Verhältnis mit Jan."
Ich sah ihm jetzt direkt in die Augen.
Sie waren mir so vertraut und dennoch hatte ich nichts gemerkt!
Mein Blick fiel auf seinen linken Unterarm, auf den er sich zu Beginn unserer Beziehung damals ein kleines Herz mit einem K hatte tätowieren lassen.
Damit ich immer an dich denke, hatte er mir lachend gesagt.Ich stand vor ihm und konnte mich nicht bewegen.
Vergessen war das, was ich ihm erzählen wollte.... was ich ihm gestehen wollte!
Es war jetzt sowieso egal...
Er streckte seine Hand nach mir aus und wollte mir über meine Schulter streichen, aber ich hob warnend meine rechte Hand.
„Fass mich nicht an!"
„Ok, hör mal, ich lass dich jetzt einfach mal besser alleine und wenn du dich beruhigt hast, dann reden wir in Ruhe. Du findest mich oben im Bett, wenn du mich suchst."Stefan drehte sich um und ging aus der Küche.
Mein Blick fiel auf ein Bild, das auf der Küchenzeile lag.Du bist die beste Mama der Welt
Ich hab dich lieb ❤️
JuleIch griff in meine Hosentasche, nahm mein Handy in die Hand und wählte Nike's Nummer.
Sie ging sofort dran und meldete sich mit fröhlicher Stimme.
Was sollte ich ihr denn jetzt sagen??
Mir blieben die Worte im Hals stecken.
Nike machte sich Sorgen um mich, das hörte ich an ihrer Stimme.„Kannst du bitte zu mir kommen?", fragte ich sie nach einer gefühlten Ewigkeit.
Ich legte auf ...
Nike würde gleich da sein...
Ich war nicht alleine...
Auf dem Bild von Jule lachte mich die Sonne an.
Alles wird gut...Glaub an dich, Katharina!
Der zweite Teil endet hier! Ich danke allen, die mich so lieb unterstützt haben!!
Passt auf euch auf ❤️
Liebe Grüße Kathrin
DU LIEST GERADE
Glaub an dich , Liebes ! ( Zweiter Teil )
Short StoryKatharina kehrt nach ihrem Urlaub in Tirol, schnell in den Alltag zurück. Der tägliche Spagat zwischen Beruf und Familie ... Alles ist wie immer... fast alles ! Alle Rechte der Geschichte liegen bei mir!