Ich zog den Reißverschluss meiner Steppjacke höher und vergrub beide Hände in meinen Jackentaschen.
Nachdem ich von zu Hause weggefahren war, hatte mich mein Weg automatisch Richtung Schlossgarten geführt.
Mein Rad ließ ich vorne am Park stehen und ging weiter zu Fuß. Hier waren wir früher oft mit den Kindern im Herbst und hatten Kastanien gesammelt.Die Luft war so früh am Morgen noch kühl und klar , sie roch nach Laub, welches überall auf den Wegen verteilt lag und immer wieder zwischen meinen Schuhen raschelte. Die Natur wechselte ihr grün langsam zu gelb, braun und orange.
Außer ein paar Joggern war hier noch niemand unterwegs. Ich hielt an einer kleinen Lichtung an, auf der eine Parkbank stand und wischte sie behelfsmäßig mit einem Tempo etwas trocken.Ruhe...
Frische Luft...
Ich schloss die Augen und atmete tief durch die Nase ein...
Ich versuchte irgendwie, dass der Sauerstoff in meine Lunge gelangte und endlich diesen dicken Kloß verschwinden ließ, der mir im Hals feststeckte...
Der Geruch von Galle und Erbrochenem steckte immer noch in meiner Nase fest und das, obwohl ich durch meine Arbeit sehr viel gewohnt war...Aber Stefan war mein Mann ...
Das heute Nacht war bittere Realität gewesen!
Ich öffnete die Augen, sah auf mein Handy
und wollte meiner Mutter einfach kurz Bescheid geben, wo ich war.>>Ich bin im Schlossgarten...bin gegen 10.00 Uhr zurück <<
Mama und Papa...
Wenn ich die zwei nicht hätte...und mir liefen schon wieder die Tränen über das Gesicht.
Sie hatten es doch auch geschafft !
Fast 50 Jahre waren sie verheiratet und immer füreinander da gewesen, hatten zusammengehalten...
Mein Handy vibrierte.>>Es ist alles gut Schatz ! Stefan schläft, ich habe gerade nach ihm gesehen und die Kinder frühstücken gleich mit uns. Ich bin mir sicher, dass sie nichts mitbekommen haben heute morgen...<<
Mir fiel ein Stein vom Herzen!
Gott sei Dank...
Die Kinder liebten ihren Vater aber wenn sie das heute mitbekommen hätten, hätte sie das ziemlich verstört!
Wieder vibrierte mein Handy.>>Katharina wo bist du??Ist dein Mann wieder zu Hause?<<
Nike...
Wollte ich, dass sie wusste wo ich war?
Ja...
Ich brauchte jetzt einfach jemanden, der mir zuhörte ... jemanden, der ungefragt für mich da war und mir einfach nur zuhörte!
Ich schrieb ihr , wo sie mich finden konnte und steckte mein Handy wieder in die Jackentasche.Die ersten Sonnenstrahlen ließen ihr Licht auf den Tau, der sich über Nacht auf die Wiese vor mir gelegt hatte, fallen und verwandelten sie ein kleines Meer aus winzigen, funkelnden Edelsteinen.
Ich wollte nicht mehr...
Ich wollte mein Leben, wie es sich seit dem Urlaub verändert hatte, so nicht mehr!„Guten Morgen" , sagte eine sanfte Stimme hinter mir und ich lächelte.
Nike' s Stimmfarbe war beruhigend, angenehm, tröstend.
So selbstbewusst und bestimmend sie auf der Arbeit oft sein musste, so liebevoll und einfühlsam konnte sie sein, wenn man mit ihr privat zu tun hatte.Ich blickte über meine linke Schulter und sah Nike dort, zwischen all den Blättern und Eicheln auf dem Boden, stehen. Eingehüllt in eine Jacke stand sie in einem dünnen Kleidchen und einer noch dünneren Strumpfhose da.
Das erste was mir einfiel war, wie konnte jemand der die ganze Nacht gefeiert hatte, trotzdem so gut aussehen?Sie kam auf mich zu, ging um die Bank herum und wollte sich setzten, als mir einfiel, dass die Bank noch immer nass war.
„Warte" , ich holte ein neues Tempo aus meiner Jackentasche und versuchte die Bank an der Stelle für sie etwas trocken zu bekommen.
„Lieb von dir, danke !"
„Bei dem dünnen Kleid und der Strumpfhose, hättest du sofort einen nassen Po" .„Katharina, ich konnte nicht schneller hier sein... wir mussten ewig auf ein Taxi warten", entschuldige sie sich sofort bei mir.
„Ist doch nicht schlimm... Ich war einfach verzweifelt... Ich hatte mir solche Sorgen um meinen Mann gemacht!Ich konnte nicht weg , weil die Kinder im Bett waren und...".Mir brach die Stimme ...
Diese Dinge wie Angst und Verzweiflung zu empfinden war schon schlimm...
Aber jemandem davon zu erzählen, war noch viel schwieriger...
Ich verlor eigentlich nie meine Fassung vor anderen Menschen!
Meine Arbeit hatte mich für so viele Dinge abgehärtet... das musste man sein , weil man es sonst teilweise nicht ertrug...„Was ist passiert, Katharina"?
Sie sah müde aus, kein Wunder wenn man die ganze Nacht gefeiert hatte....oder sonst etwas gemacht hatte ....
„Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll...", sagte ich ganz leise und schaute mit leerem Blick auf die Wiese vor uns.
Die Sonne stieg höher und versprach uns einen schönen Herbsttag.Nike drängte mich zu nichts...
Sie saß einfach nur da und wollte mir die Möglichkeit geben, selbst zu entscheiden, was ich ihr wann erzähle.
Ihre bloße Anwesenheit half mir dabei , dass sich dieser Kloß in meinem Hals etwas auflösen konnte .
Tu es, Katharina... rede mit ihr !
Lass dir von ihr helfen...„Ich habe meinen Mann in unserem letzten Sommerurlaub betrogen.......".
Jetzt war es raus !
Ich drehte mich zu Nike um und sah ihr in die Augen.
„Ich habe meinen Mann in unserem Tirolurlaub vor 8 Wochen mit einer 20 Jahre jüngeren Medizinstudentin betrogen... er weiß bis heute nichts davon.... !
Er kam heute Morgen völlig betrunken nach Hause , hat in unsere Badewanne gepinkelt, sich und mich mehrmals vollgekotzt und mir zum Dank im betrunkenen Kopf gestanden, dass er die ganze Nacht jemand anderen gefickt hätte".Nike sah mich an...
Ich konnte merken, dass sie fror.
Ihre Lippen waren leicht bläulich und sie rieb unauffällig ihre Hände aneinander.
Toll Katharina, jetzt bringst du sie auch noch um ihren Schlaf und tischst ihr deine Eheprobleme auf.
„Es tut mir leid... Du siehst ziemlich müde aus und hast bestimmt Besseres zu tun, als um die Uhrzeit hier mit mir herumzusitzen"!
Ich stand hektisch auf und hätte mir am liebsten selber dafür in den Arsch getreten, dass ich Nike von „ meinem Problem" erzählt hatte.
Als ob sie sich damit auch noch herumschlagen wollte.
„Katharina warte mal... Was hältst du von einem heißen Kaffee? Ich wohne hier fast um die Ecke und vielleicht erzählst du mir dann einfach noch mal ganz in Ruhe, was passiert ist"?Nike stand ebenfalls auf und sah mich fragend an...
Ich guckte auf mein Handy...
Mir blieb noch etwas Zeit!
„Okay, ..." antwortete ich ihr .
Ich bückte mich, um ein paar Kastanien in meine Jackentasche zu stecken und ging dann langsam neben Nike zum Ausgang des Schlossgartens.„Heute wird ein schöner Tag" , und sie sah mich liebevoll von der Seite an.
Hoffentlich...., dachte ich nur.
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Glaub an dich , Liebes ! ( Zweiter Teil )
Cerita PendekKatharina kehrt nach ihrem Urlaub in Tirol, schnell in den Alltag zurück. Der tägliche Spagat zwischen Beruf und Familie ... Alles ist wie immer... fast alles ! Alle Rechte der Geschichte liegen bei mir!