23 Ein Gespräch

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«Begleitet mich.»

Runa starrte ins Leere. Ihr Blick war verschwommen. Sie blinzelte und hob den Kopf. Sie sah zurück zu Phil, Rose und Thore.

«Wenn ihr sie freilasst.»

Der General sah sie mit unveränderter Miene an. Hob seine Pistole leicht an.

«Folgt mir.»

Runa schüttelte den Kopf.

«Ihr werdet uns nicht erschiessen», stellte sie trocken fest.

Er nickte zwei Soldaten zu.

«Lasst den Jungen und die Frau gehen.»

«Ferlin werde ich nicht freilassen.»

Seine Stimme klang autoritär. Runa spürte, dass sie mit ihm nicht weiter verhandeln konnte. Sie hatten Thore einen Spion genannt. Sie dachte an Phils Erzählungen von merkwürdigen Machenschaften in seinen Ferien und erinnerte sich an seine Verschwiegenheit. Das war es also, was er verborgen hatte. Nun sass er in der Falle. Ihn würde sie wahrscheinlich nicht Freihandeln können. Sie tauschte mit Phil einen Blick.

«Wir sehen uns später.»

Er nickte und ging zu Rose, deren Handschellen soeben gelöst worden waren. Sie rieb sich die Handgelenke. Als Phil zu ihr kam und vor ihr stehen blieb, lächelte sie ihn zart an und strich ihm sanft über die Wange.

Saphira beobachtete die Szene. Tränen glitzerten in ihren Augen. Sie spürte, wie jemand ihre Hand berührte. Ihre Finger schlossen sich um die andere Hand.

«Geht es dir gut?»

Saphira nickte und sah in Runas grüne Augen. Ihr Lächeln liess ihr Herz ruhiger schlagen.

Runa wandte sich zurück zum General. Er beobachtete die beiden. Sie war sich nicht sicher gewesen, ob sie es wagen konnte. Doch er hatte seinen Soldaten signalisiert, dass sie Runa nicht zurückhalten sollten.

Der General wusste, dass die zwei Mädchen gemeinsam eine sehr starke gefährliche Magie beherrschten. Doch es waren Kinder sie würden ihn nicht angreifen, solange er ihnen nichts tat. Wenn er ihnen vertrauen zeigte, würden sie ihm weniger misstrauisch begegnen.

«Folgt mir, ich möchte mit euch ungestört sprechen.»

Saphira und Runa gingen mit ihm und zwei seiner Soldaten durch den Torbogen in die Höhle hinein.

Sie gingen durch einen breiten Gang dessen Wände glatt waren und mit Mosaik verziert. Sie stiegen eine breite Wendeltreppe hinauf und schritten durch eine Tür. Dahinter lag ein Saal, der mit Teppichen ausgelegt war. Das Gewebe zeigte Muster von alten Mythen über längst vergangene Kriege. Altertümliche Ritter trugen Schwerter und Flaggen verstorbener Reiche. Säulen stützen die Decke, von der goldene Lampenschirme hingen. An der Seite waren gläserne Fenster in den Felsen eingelassen, der mit weissem Putz verdeckt war. Die Aussicht zeigte die weissen Bergspitzen. Ein Runder Tisch und Stühle standen in der Mitte. Eine Tür auf der anderen Seite des Raumes war geöffnet. Dahinter sah man einen Schreibtisch, auf dem sich Papierbögen türmten. Die zwei Soldaten blieben am Eingang stehen und nahmen eine starre Haltung an.

Runa musterte den Raum mit grossen Augen. Ihr Blick blieb an einem grossen Bildschirm an der Wand hängen. Ein Weisshaariger in Anzug und Krawatte stand auf einem Podest und sprach vor einer Menschenmenge. Der Fernseher war stumm und sie konnte nicht hören was gesprochen wurde, doch sie erkannte das Gesicht. Es war der Präsident, wobei es vielleicht der falsche Begriff war. Nun regierte er schon zwölf Jahre. Er war im Jahr 1959 gewählt worden, nachdem Abbadons Schattenheer das erste Mal zugeschlagen hatte. Runa wusste von Ragna, dass die letzten Wahlen höchstwahrscheinlich manipuliert worden waren. Dieser Mann hatte sich zum Diktator gemacht. Unbeeindruckt wollte Runa den Kopf wenden, als sich etwas in dem Bild änderte. Seine Augen färbten sich kohlrabenschwarz.

Runa: Chaos der ErinnerungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt