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Runa und Ragna trieben ihre Flughunde an. Sie flogen schneller und wendiger als Hypogriffen. Jedoch war das Schattenheer schon über ihnen. Sie nutzten die Höhe zum Beschleunigen. Sie kamen immer näher.

Runas Herz schlug. Das Blut rauschte in ihren Ohren. Die Schattensoldaten waren nah. Es waren viele.

Runa dachte an Saphira. Sie dachte an die Folterung die sie gesehen hatte. Ihre Hände umklammerten das Fell ihres Flughundes. Der Wind pfiff ihr um die Ohren. Es war kalt und dunkel. Die Angst umschloss ihr Herz mit einem eisigen Griff. Panik stieg in Runa auf. Was würde geschehen, wenn die Hypogriffen sie einholten? Was wenn sie Runa gefangen nahmen?

Sie dachte an Taras Erinnerung. Wieder sah sie Blut auf dem Boden. Sie hörte die Stimme des Dämons. Das Lachen schien durch die Nacht zu hallen. Siegessicher klang seine Stimme in ihrem Kopf. Gleich gehörst du mir hahaha.

Ein Feuerball flog nah vor Runa vorbei. Runa wich einem weiteren aus. Sie lenkte ihren Flughund. In einem Sturzflug näherte sie sich den Häusern der Stadt. Der Boden raste auf sie zu. Runa hörte das Geschrei der Hypogriffen. Der Flug Wind pfiff. Dann flog sie horizontal dicht über den Dächern vorbei. Kurz drehte sie den Kopf. Weiter oben sah sie den anderen Flughund. Ein Hypogriff hatte sich an Runas Fersen geheftet. Der Reiter hob die Hände. Es formten sich spitze Scherben aus Eis. Die unzähligen Eisspitzen rasten auf Runa zu. Sie flog eine scharfe Kurve um ein hohes gläsernes Gebäude. Sie hörte das klirren der Eisspeere und das splittern von Glas. Ein stechender Schmerz durchfuhr ihren Arm. Zwei Eisspeere durchbohrten ihre Haut.

Dicht hinter dem Glasturm flog Runa steil nach oben. Die Fassade des Wolkenkratzers raste an ihr vorbei. Wieder warf sie einen Blick über ihre Schulter. Der weniger wendige Hypogriff war hinter dem Gebäude horizontal weitergeflogen. Jetzt änderte er seine Richtung. Irgendwo erklangen Schüsse.

Sie stieg weiter in die Höhe und der Flughund schlug kräftig mit den Flügeln. Über ihnen schwebte eine Wolke.

Zwei weitere Schattensoldaten näherten sich Runa. Schüsse krachten. Ihr Herz pochte. Sie drückte die Beine an den Körper des Flughundes. Schneller. Sie musste die Wolke erreichen. Ein Schrei erklang durch die Nacht.

Endlich tauchte sie in den Nebel der Wolke. Sie konnte nichts mehr sehen und lenkte ihren Flughund in die Richtung, die sie für Norden hielt. Ihr graute es vor dem Moment, in dem sie aus dem Schutz der Wolke hinausfliegen würde. Sie hatte keine Waffe. Fieberhaft überlegte sie, was sie tun konnte. Runa ging in ihrem Kopf die abgefüllten Tränke durch, die sich in ihrer Schatulle in ihrem Rucksack befanden.

Zur selben Zeit flogen Ragna und Phil auf ihrem Flughund durch die Nacht. Phil sass falschherum auf dem Reittier und schoss auf die Hypogriffen hinter ihnen.

Ragna lenkte das Tier. Sie flog nah an Runas Verfolger heran. Gleichzeitig wich sie Geschossen aus. Mit einer Hand feuerte sie auf die Schattensoldaten vor sich. Sie versuchte sie von Runa abzubringen.

Ragna flog tiefer hinunter. Irgendwo dort hatte sie Runa zuletzt gesehen. Sie schoss mehrfach auf einen Hypogriff. Er stürzte mitsamt dem Schattensoldat auf seinem Rücken in die Tiefe. Der Schrei des Reiters erklang gellend. Das Echo antwortete ihm.

Ragna suchte die Hausdächer und den Himmel nach dem anderen Flughund ab. Nirgends sah sie einen fledermausartigen Schatten. Ragna musste sich eingestehen, sie hatte Runa aus den Augen verloren. Panik stieg in ihr auf. Sie hatte versagt Runa zu beschützen. Wütend ballte sie ihre Faust. Sie dachte an die gefolterten Leichen ihrer Vergangenheit. Die scheusslichen Bilder zogen an ihr vorbei. Wie viele unschuldige würden qualvoll sterben, wenn sie Abbadon nicht stoppte? Was würde mit Runa geschehen, wenn die Hypogriffen sie einholten? Ragna wagte nicht daran zu denken. Runa war da draussen. Allein und auf sich gestellt. Sie war schuld. Sie hatte in ihrer Aufgabe versagt.

Runa: Chaos der ErinnerungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt