7 Die Reise

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Runa erwachte und setzte sich kerzengerade auf. Das Stroh stach in ihre Haut. Durch die Ritzen der Scheune kam dämmriges Licht. Ragna kniete auf dem Boden und schrieb etwas in ihr Notizbuch. Corvin und Phil waren nirgends zu sehen.

Ragna hob den Kopf, als sie sah, dass Runa sich regte.

«Du bist wach.»

Runa blinzelte verwirrt. «Ich habe etwas geträumt.» Einen Moment schwieg sie. «Nein, Ragna das war kein Traum.»

Ragna sah sie fragend an. «Wir haben versucht dich zu wecken.»

Runa schwieg einen Moment und dachte an alles, was geschehen war.

«Ragna das andere Mädchen, Saphira wurde von Abbadons Leuten gefangengenommen.» Ihre Stimme zitterte.

Ragnas Gesicht wurde ernst und Runa glaubte Trauer wahrzunehmen. «Ich weiss. Sie haben ihren Mentor umgebracht. Der Orden versucht Saphira zu finden. Wahrscheinlich ist es aber schon zu spät...»

Ragna dachte an die Schreckliche Nachricht, die sie von Corvin erhalten hatte. Sie hatte Runa nichts davon gesagt, um ihr keine Angst zu machen. Silan war tot sie konnte es noch immer nicht fassen. Manchmal fragte sie sich, ob es ein Fehler gewesen war, dass sie und ihre Freunde es sich zur Aufgabe gemacht hatten, die Mädchen aus der Prophezeiung zu finden und zu beschützen. Der Orden hatte es geschafft sie viele Jahre zu verstecken, doch die Verluste waren gross gewesen. Zuerst hatte es Rose und Darius getroffen, nun auch Silan. Sie fragte sich, ob ihr Unterfangen zum Scheitern verurteilt war. In letzter Zeit schien alles aus dem Ruder zu laufen. Saphira war in den Händen des Dämons und Runa auf der Flucht. Sie hatten noch immer nicht herausgefunden, wie die Gaben der Mädchen eine Waffe gegen den Dämon sein sollten. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn sie sich etwas anderem in ihrem Leben gewidmet hätte. Doch sie erinnerte sich an die Tage, als sie zu den Opfern gerufen worden waren. Kalt war ihre Haut gewesen und starr ihre Glieder. Sie waren lieber gestorben als Abbadon zu dienen. Ragna hatte mit ihren damaligen Freunden die Anfänge unerklärbarer Morde erlebt. Die Folterspuren an den Körper waren deutlich gewesen. Doch obwohl verschiedene Täter verhaftet wurden, hatte es immer wieder ähnliche Funde gegeben. Die Vermutung eines Übernatürlichen Zusammenhangs hatten viele von Ragnas damaligen Kollegen gehabt. Als man nach den Bränden im Süden den Zusammenhang zu einer alten Prophezeiung aus dem Archiv hergestellt hatte, hatte sich die Vermutung bestätigt. Ein Dämon war aus der Unterwelt eingedrungen. Ragna dachte an die vielen Toten, die sie gesehen hatte. Sie war es ihnen schuldig weiterhin gegen das Böse, das sie getötet hatte und weiter töten würde, zu kämpfen. Runas Stimme unterbrach ihre Gedanken.

«Nein es ist noch nicht zu spät, ich habe sie gesehen. Ich habe sie schon früher im Schlaf gesehen, aber ich wusste nicht, dass sie es war. Ich weiss nicht, wie es funktioniert, aber ich glaube es sind keine normalen Träume.»

Runa dachte an Saphira. Das Mädchen aus ihrem Traum oder der Vision, was auch immer es gewesen war. Wie sie gezittert hatte und die Trauer in ihren Augen.

Ragna lauschte mit gerunzelter Stirn. «Erzähl mir genau, was du gesehen hast.»

«Da war ein Farbenwirbel, wie wenn ich Erinnerungen lese. Er hat mich auf eine Wiese mit leuchtenden Blumen und einem See gebracht. Saphira war dort oder wohl eher ein Teil von ihr. Ich glaube sie hat ihren Körper verlassen.»

Runa dachte wie Saphira gezittert hatte, etwas war geschehen und es musste schrecklich gewesen sein. Sie erinnerte sich an die Stromschläge und fragte sich, ob sie dies erst jetzt taten, um sie in ihren Körper zurückzuholen. Oder hatten sie Saphira schon zuvor gefoltert, um sie zu brechen, damit sie sich Abbadon verschrieb? Hatte sie deshalb so gezittert? Oder hatte sie gesehen, wie ihr Mentor gestorben war? Runa dachte an den Dämon, vielleicht hatten seine Diener ihn heraufbeschworen. War er der Auslöser dafür gewesen, dass Saphira ihren Körper verlassen hatte?

Runa: Chaos der ErinnerungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt