Die Männer schritten mit erhobenen Gewehren durch den Wald und kamen geradewegs auf sie zu. Runa sass hinter einem Baumstamm und hörte das Knacken der Äste, die unter ihren Stiefeln brachen. Saphira sass einige Bäume weiter. Sie war zu weit weg. Runa sah zu ihr hinüber. Sie fragte sich, ob sie zu ihr rennen sollte. Doch sie wagte es nicht. Es wäre ein leichtes, sie mit Kugeln zu durchsieben.
Saphira sah ebenfalls zu ihr hinüber, ihre Augen waren weit aufgerissen, ihr Gesicht weiss. Runas Mund war trocken, sie hätte sie gerne beruhigt, doch ihr eigenes Herz schlug ihr bis zum Hals. Saphiras Blick schmerzte sie. Doch sie war hilflos. Sie konnte sie nicht beschützen. Sie schloss die Augen, vielleicht konnte sie mit Anstrengung auf ihre gemeinsamen Kräfte zugreifen. Doch sie fühlte keine Energie. Sie spürte die Anwesenheit anderer Lebewesen nicht. Nur das Knack Knack, sagte ihr, dass die Soldaten näherkamen. Saphira war zu weit weg. Ihre Magie fühlte sich schwach an.
Ein markerschütternder Schrei klang durch den Tannenwald. Die Vögel verstummten. Runa riss die Augen auf. Saphira war fort. Doch ihr heller Schrei wurde vom Echo zurückgeworfen. Hell und verzweifelt, klang es, wie der eines Kindes. Runa sass erstarrt hinter der Tanne und starrte auf den leeren Fleck, dort wo Saphira kurz zuvor gewesen war. Ein Ast schaukelte noch leicht sonst war da nichts.
Ihre Augen wurden feucht. Ihre Kehle war zugeschnürt. Sie krallte sich an der Baumrinde fest. Ihre Brust schmerzte. In ihrem Kopf wiederholte sich der Schrei, immer und immer wieder. Die Zeit schien stehengeblieben zu sein. Ihr Kopf war ein Chaos ohne Gedanken. Bilder von Saphira spulten sich in ihr ab. Runa rang nach Luft. Was würde mit ihr geschehen? Was wenn sie Saphira nie wiedersehen würde? Sie dachte an ihre sanften Berührungen und den Kuss auf dem Schiff.
Es knackte. Hände packten sie. Ein Sack stülpte sich über ihren Kopf. Kaltes Metall schloss sich um ihre Handgelenke. Sie fühlte, wie alle Energie aus ihr verschwand. Ihre Magie konnte sie nun gar nicht mehr gebrauchen. Runa war gelähmt. Sie wehrte sich nicht, als man sie hochhob und durch den Wald trug.
Plötzlich spürte sie einen Ruck und fühlte, wie die Kette um ihren Hals riss. Das Amulett!
Runa begann zu strampeln und um sich zu schlagen.
«Gibt es mir zurück.»
Ihre Stimme war von dem Stoff gedämpft, obwohl sie schrie. Runa rang mühevoll nach Luft. Das Amulett verstärkte ihre Verbindung zu Saphira. Durch die Feder konnten sie sich in Träumen begegnen und es erleichterte es, sich gegenseitig in der Zwischenwelt zu finden.
Runa wehrte sich mit aller Kraft und mehrere Hände packten sie so fest, dass es weh tat. Sie merkte nicht wie etwas ihre Schulter stach.
«Gibt eees...», ihre Stimme erstarb, als sie in eine dunkle Bewusstlosigkeit fiel.
Runa schlug die Augen auf, doch es war noch immer dunkel. Ihre Hände waren an eine kalte Felswand gekettet. Der Sack war noch immer über ihrem Kopf. Sie wusste nicht wie viel zeit vergangen war. Runa lauschte. Es war still.
Dieses Mal war es kein Traum, nicht wie damals. Sie erinnerte sich an das Mädchen in ihren Träumen. Noch jünger und dürr. Ihre Haare waren kürzer gewesen. Da war dieser eine Albtraum, indem man ihr einen Sack über den Kopf gezogen hatte, wie ein dunkles Omen. Das Mädchen hatte ihr gesagt, dass es nur ein Traum war. Damals hatte Runa noch nicht gewusst, wer sie war.
«Saphira», flüsterte Runa leise.
Kurz lauschte sie, doch alles blieb still. Sie war allein. Dieses Mal konnte Saphira sie nicht aus dem Alptraum wecken. Runa zerrte an der Kette. Das Metall grub sich in ihre Handgelenke. Sie versuchte ihre Hände durch die Ringe zu ziehen. Das Metall grub sich in ihre Hände. Sie biss die Zähne zusammen und zerrte weiter. Bis sie endlich aufgab.
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Runa: Chaos der Erinnerung
FantasyEine alte Prophezeiung warnt vor dem Dämon Abbadon der die Macht über die Menschen erkämpfen will und prophezeit zwei Mädchen die eine aussergewöhnliche Gabe besitzen. Sie könnten ihn besiegen oder ihm weitere Macht über die Menschen bringen. Runa...