Lena
Das Training war zu Ende. Tommy pfiff das Spiel ab, was wir 8:5 gewannen und als wir schließlich in die Umkleide zurückgingen, legte Poppi ihren Arm um meine Schulter und grinste. „Also, das habe ich schon besser von dir gesehen, Oberdorf", neckte sie mich mit einem Lachen in ihrer Stimme. Ich habe versucht, zurückzulächeln. „Wir haben doch gewonnen", erwiderte ich, schnell automatisch. Poppi schüttelte den Kopf und lachte. „Ja, aber nicht, weil du besonders gut gespielt hast." Dann wurde sie plötzlich ernst, ihre Stimme weich, schnell vorsichtig. „Du vermisst sie, oder?" Ihr Blick durchbohrte mich, und ich konnte dem nicht entkommen. Mein Körper erstarrte, und ich nickte nur stumm. „Ach, Lena...", begann Poppi sanft. „Wenn du einfach ihre Hilfe angenommen hättest... oder es ihr wenigstens erklärt hättest..." „Glaubst du daran habe ich nicht gedacht?", unterbrach ich sie und spürte, wie meine Stimme zu brechen drohte. „Ich habe mich ja nicht einfach so von ihr getrennt, sondern damit sie zu Olympia geht und alles erreicht, wovon sie immer geträumt hat." Ich schloss die Augen und versuchte, die Tränen zurückzuhalten. „Aber es war das Richtige für sie", versuchte ich mir zumindest einzubilden. ,,Nein, Gott verdammt das war es nicht... für keinen von euch. Weißt du, wie hart die Zeit bei Olympia für sie war? Nein, weil du Angst bekommen hast, als du gemerkt hast, wie sehr sie dich liebt und dann hast du sie einfach gehen lassen. Du hast sie angelogen und lieber gelitten und auch sie leiden lassen, als zu versuchen, mit ihr zu reden..." „Und was hätte ich denn bitte sagen sollen? Dass es mir jeden Tag das Herz bricht, diese Entscheidung getroffen zu haben? Dass sie mir einfach so schrecklich fehlt, obwohl ich doch diejenige war, die gesagt hat, sie soll gehen?"Jule
Wir gingen in die Umkleide und eigentlich wollte ich einfach nur noch nach Hause, als mir einfiel, dass ich keins mehr hatte. Bei Rio konnte ich nicht für immer wohnen, auch wenn sie mir das schonmal angeboten hatte, aber es ist nunmal kein Zuhause für mich. Ich zog mich um und Rio ging derweilen aufs Klo. Irgendwann ging die Tür auf und Obi und Poppi kamen rein. Obi sah irgendwie komisch aus. Ich konnte meine Augen nicht von ihr nehmen, als sie meinen Blick auffing und für einen Moment schauten wir uns einfach nur an. In sekundenschnelle begann mein Herz zu pochen, mir wurde warm... eher heiß und es kribbelte in meinem Bauch. Doch gleichzeitig war da so ein Stechen und eine Trauer die sich mit all den Gefühlen vermischten. Ich kam in die Realität zurück und brach den Augenkontakt wieder ab. Ich begann meine Tasche zupacken und in dem Moment kam glücklicherweise auch Rio zurück und wir konnten gehen. Ich fühlte mich nicht mehr gut. Meine Augen glitten die ganze Zeit zu Obi, die auf der Bank gegenüber saß und der es genauso ging. Rio merkte meine Hektik und flüsterte ,,Hey ganz ruhig... wir machen los!" Ich nickte und schon gingen wir. Poppi war im Bad und Obi sagte ich nicht tschüss und Rio ihr nur ganz schnell. Bevor ich aus der Tür ging, drehte ich mich nochmal um und sah sie mit hängendem Kopf in den Händen und es stach in meinem Herzen, weil mich dieser Anblick so sehr verletzte... nur weil ich sie liebe.Poppi
Und da waren es nur noch zwei. Ich sah wie Obi sich auf den Boden an die Wand setzte und ich setze mich neben sie. „Obi, wir wissen alle, dass Jule der einzige Weg ist, dass es dir wieder besser geht. Ihr gehört zusammen, auch wenn du es nicht sehen willst. Die Art, wie ihr euch immernoch anschaut, dieses stumme Verständnis, das kein anderer je erreichen konnte. Du brauchst sie, und sie braucht dich - mehr, als du ahnst." Ich schluckte, meine Stimme bebte. „Es tut mir weh, dich so zu sehen. Du warst noch nie so sehr am Boden zerstört, vorallem nach Trennungen. Klar, du warst traurig, aber jetzt... es ist anders. Weil du sie liebst, Obi. Du kannst nicht ohne sie sein." Obi schüttelte kaum merklich den Kopf, als ob sie versuchen würde, alle Worte von sich abprallen zu lassen. Doch die Tränen in ihren Augen verrieten, dass sie längst aufgab, ihre Gefühle weiter abzuschalten. Sie öffnete den Mund, wollte etwas sagen, doch die Worte blieben ihr im Hals stecken. Die Verzweiflung breitete sich in ihrem Gesicht aus, und schließlich flüsterte sie mit brüchiger Stimme: „Ich... ich liebe... sie... aber ich... ich kann nicht... ich hab's.. versaut". Mit jeder Silbe schien Obi mehr zu zerbrechen. Sie kämpfte gegen sich selbst an, doch der Kampf schien aussichtslos. Ich wollte sie fest in die Arme nehmen, um ihr zu versichern, dass alles gut werden würde, doch Obi wandte sich ab und ließ es nicht zu. Die Mauern um sie waren undurchdringlich.Jule
Auf dem Weg zum Auto merkte ich, dass ich meine Stutzen vergessen hatte. ,,Na toll", murmelte ich. ,,Was ist los?", fragte Rio. ,,Ich habe was vergessen, warte kurz, ich komme gleich wieder". Ich wollte nicht rein gehen, weil ich wusste, dass Obi noch da drin war und ich spürte wie meine Lunge sich zuzog, aber wir spielten nunmal noch in einem Team und auch wenn ich keine Ahnung hatte, wie das weitergehen soll, musste ich dort reingehen. Auch um mir selbst zu zeigen, dass ich stark bin, obwohl ich gerade alles andere als das was. Als ich an der Tür zur Umkleide ankam, stand sie einen kleinen Spalt offen und gerade als ich reingehen wollte, hörte ich Poppi sagen: ,,Weil du sie liebst, Obi. Du kannst nicht ohne sie sein." Und schon rollten Tränen über meine Wange. Die Erinnerung daran, wie glücklich wir waren, wie glücklich ich war, weil ich sie hatte, zerbrach mich immer wieder. Ich konnte nicht rein gehen, aber ich konnte auch nicht weg gehen, deshalb blieb ich einfach stehen und hörte mir das Gespräch weiter an. Ich brauchte Antworten und wenn ich sie von Obi nicht bekam, dann vielleicht wenigstens so.Lena
Als wir fertig waren mit reden, stand ich auf und da sah ich sie. Mit geröteten Augen, Tränen in den Augen stand sie vor der Tür. ,,Jule...", sagte ich leise, kaum hörbar, aber der Name doch so laut in meinem Kopf. Poppi sah mich an, lächelte leicht und ging dann nach draußen und nickte Jule aufmunternd zu. Jule kam rein, sehr langsam, aber sie kam trotzdem, und da standen wir. Wir schauten uns lange in die Augen und ich spürte nochmal mehr wie sehr ich sie vermisst hatte. Ich sah, wie Jule es nicht mehr aushielt, und ich auch nicht. Mein Atem wurde schneller und ich konnte mich nicht zurückhalten. Ich nahm vorsichtig ihre Hand und wartete kurz auf eine Stille Bestätigung, die ich bekam. Ich zog Jule zu mir und umarmte sie so fest ich konnte. Sie begann zu weinen und meine Tränen machten sich auch bemerkbar. Denn sie weinte wegen mir. Ich war Schuld, ich war der Grund, und das tat weh.Jule
Durch meinen Kopf schossen kurz Poppis Worte, die sie sagte, als sie draußen an mir vorbeiging ,,Die einzige Umarmumg, den einzigen Menschen, den sie je brauchte, warst du, Jule. Und sie hatte Angst davor..." . Ich löste mich vorsichtig aus der Umarmumg und wollte mir meine Tränen wegwischen, doch dazu kam ich nicht. Obi legte ihre Daumen an meine Wange und strich die Tränen weg. Ich sah in ihre glasigen Augen, die kurz vor dem zerbrechen waren. ,,Es tut mir so leid Jule. Ich war so dumm. Ich wollte doch nur, dass du glücklich bist und ich wollte nicht, dass du all deine Chancen für mich aufgibst...", murmelte sie. Ich schaute sie nur an bevor ich sagte ,,Ich weiß...". ,,Woher?", fragte sie leise und unsicher. ,,Ich kenne dich und ich weiß dass du mich liebst. Und ich habe das Gespräch mit Poppi gehört und dann hat alles Sinn gemacht..."Lena
Jules Worte trafen mich wie ein Schlag, aber gleichzeitig empfand ich eine seltsame Erleichterung. Sie wusste es. Sie wusste, dass meine Entscheidung nicht egoistisch war. Doch das änderte nichts daran, dass ich sie verletzt hatte, dass ich uns beide in diesen Zustand gebracht hatte. ,,Es tut mir leid. Es gab keinen Moment, wo ich diese Entscheidung nicht bereut habe. Ich liebe dich Jule und ich hoffe du kannst mir verzeihen...". Jule trat einen Schritt auf mich zu und alles in mir pulsierte. ,,Es wird dauern Obi... es wird dauern, weil du mich verletzt hast." Ich spürte, dass gleich dieses Wort NEIN kommen würde... es war einfach zu viel und ich konnte es auch nachvollziehen... und damit habe ich mir mein eigenes Leben zerstört. ,,Aber verdammt ich liebe dich Obi und es wird Zeit brauchen, aber gerade eben... würdest du mich einfach küssen?" Die Dunkelheit in meinen Augen verschwand und das erste Mal seit langem, leuchteten sie wieder. ,,Nichts lieber als das!", sagte ich und zog sie so nah ich konnte an mich heran. Ich legte meine Lippen auf ihre und küsste sie so intensiv, wie ich es in den letzten fünf Wochen hätte tun sollen. Jule erwiederte den Kuss, und ich hatte, wie sie, dieses Gefühl von Verlangen. Ich drückte sie an die Wand, ließ meine Hand durch ihr Haar gleiten und die andere sanft an ihrer Seite entlang. Diese Lippen, die ich besser kannte als alles andere, waren mein Zuhause - ein Zuhause, das endlich wieder eins war.
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Einfach - Schön - Verliebt
RomanceDiese Geschichte handelt von den beiden Fußballerinnen Jule Brand und Lena Oberdorf, die sich ineinander verliebt haben und nun ihr Leben miteinander verbringen.