Grübelnd sitze ich da. Starre auf den dunklen Bildschirm meines Handys und fahre mir seufzend durch die Haare. Dann werfe ich es auf das großzügige Doppelbett und bitte Zachary herein als dieser zaghaft an die Zimmertür klopft. „Cash schläft in den Hütten." Berichtet er und schließt die Tür hinter sich. Ich nicke verständnisvoll. Kann mir kaum vorstellen, wie es für ihn sein muss. Weiß er doch genau, was seinem Bruder fortan widerfahren wird. „Hast du es ihm erzählt?" Fragt er vorsichtig und ich hole tief Luft. Ich war fest dazu entschlossen, Joshua einzuweihen. Ich meine, so etwas tut man doch oder nicht? Er hat die Wahrheit verdient. Ich würde auch wollen, dass er mich einweiht. „Wie erklärt man etwas, das so viel in einem auslöst und solch weitreichende Folgen hat?" Frage ich und schaue zu meinem Handy, das mir jederzeit die Möglichkeit erübrigen würde, ihn zu informieren. Meine Gedanken zu teilen. Mich an seine tröstende Schulter anzulehnen und es ein klein wenig besser verkraften zu können. „Was, wenn er es nicht versteht?" Fahre ich fort und lehne mich an die Wand, ehe ich Zachary anbiete, sich zu mir aufs Bett zu setzen. „Wer von uns tut das schon?" Entgegnet er und nimmt neben mir Platz. Darauf bedacht, einen großzügigen Abstand zu mir zu bewahren. „Du tust es." Erwidere ich entschlossen und stoße auf Irritation seinerseits. „Du fühlst es." Setze ich nach und rücke näher an ihn heran. Unentschlossen mustert er mich. Scheint nicht zu wissen, was er sagen soll. „Ich werde es ihm erzählen, wenn wir zurückkehren." Beschließe ich und nicke, um mich selbst von meiner Entscheidung zu überzeugen. „Wir sollten gleich nach dem Frühstück aufbrechen." Beginnt er zu planen und ich frage mich, ob er absichtlich wegschaut und sich räuspert oder ihm diese Situation Unbehagen bereitet. Denke darüber nach, ihn darauf anzusprechen, doch lasse meine Beobachtung stehen. Ordne sie nicht ein. Gebe ihr nicht mehr Bedeutung als das hier und jetzt vertragen würde. „Was das betrifft..." Nervös schiebe ich eine Strähne hinter mein Ohr und lächle unschuldig. „Vielleicht sollten wir noch einen Tag bleiben." Kritisch mustert er mich. Scheint keinen plausiblen Grund für meinen Wunsch zu sehen und legt den Kopf schief. „Bayan ist ohnehin suspendiert. Cash tut es sicherlich gut sich ohne Bedenken ausleben zu können, wie in Alaska und ich werde auch nicht auf der Arbeit erwartet." Stütze ich meine Idee mit herbeigezogenen Argumenten, die erst beim Aussprechen mehr als nichtig klingen. „Wir sollten nach dem Frühstück aufbrechen, wie es abgesprochen war." Überrascht ziehe ich eine Augenbraue hoch. Er kehrt freiwillig frühzeitig ins Rudelhaus zurück? Zu Joshua, der ihn am liebsten eigenständig fortjagen würde und sich nur mit seiner Anwesenheit zufriedengibt, um nicht mit mir einen Konflikt zu kreieren? Zurück zu Jayden, der seine Existenz ebenfalls nur hinnimmt, weil er keine andere Wahl hat? Ethan ist der Einzige, der sich über seine Rückkehr zu freuen scheint und der hat seine ganz eigenen Sorgen derzeit. „Seit wann handelst du nach Absprachen und einem Gewissen?" Frage ich mit messerscharfem Blick und kann den Stein, der sich auf meinen Brustkorb legt, nicht leugnen. Warum mache ich mir überhaupt etwas aus seinen Entscheidungen? Es könnte mir egal sein, ob er lieber mit uns hier draußen ist oder bei den anderen. Und doch macht es etwas mit mir. „Seit mein persönliches Empfinden keinen Platz mehr hat." Seine Stimme klingt ruhig und bedacht. Seine Miene verzieht sich nicht einmal für einen kurzen Moment. Da ist sie wieder, die nichts aussagende Kälte, die sich kurzerhand wieder aufgebaut hat, nachdem ich ihn aus der Reserve gelockt habe. „Und wenn ich dich danach frage, was dein persönliches Empfinden ist?" Herausfordernd sehe ich ihn an. Versuche mich von seiner monotonen Art nicht beeinflussen zu lassen. „Das würde zu nichts führen." Ich verdrehe die Augen. Er ist wirklich ein Stein. Einer, mit einem weichen Lava Kern, der einen verbrennt. Egal wie man ihm begegnet, er macht etwas mit einem. „Was fühlst du?" Frage ich stur und tippe mit meinem Zeigefinger auf sein Herz, während ich ihm entschlossen in die Augen schaue und zumindest einen Hauch Verlegenheit zu bemerken glaube. „Was willst du?" Ergänze ich meine Frage und verharre in meiner Position, der er für einen Moment auszuweichen versucht, indem er wegschaut. Es aber nicht lange schafft, mich nicht anzusehen. „Dass Cash etwas mehr Anstand an den Tag legt und aufhört, uns zu lauschen." Irritiert schaue ich mich um und beginne zu kichern, als ich Schritte auf dem Dach höre, die sich plötzlich ganz schnell entfernen. Wenn er etwas in Alaska gelernt haben muss, dann klettern. „Wir machen uns nach dem Frühstück auf den Weg zurück und du solltest dir überlegen, wie du es Joshua möglichst schonend beibringst, dass Bayan in die Fußstapfen seiner Vorgänger tritt." Entgegnet Zachary kurzangebunden, steht auf und will das Zimmer gerade verlassen, da räuspere ich mich und er hält inne. „Kannst du hier schlafen? Ich fühle mich sicherer, wenn jemand hier ist." Nun bin ich diejenige, die unbehaglich seinem Blick ausweicht. „Du kannst ihm trauen. Ihm liegt nichts ferner als dich zu verletzen." Erklärt er, überzeugt mich damit aber nicht. Wie auch? Es sind seine Erfahrungen. Und unserer Vergangenheit nach zu beurteilen, ist er nicht unbedingt vertrauenswürdig, wenn es darauf ankommt. „In Ordnung." Ergänzt er, als ich nicht weiter auf seine Worte eingehe und ich lächle ihm dankend zu, ehe er beteuert noch einmal nach Cash und Bayan zu sehen. Erleichtert kuschle ich mich unter die Decke und bemerke erst als sich die Wärme auf meinen Körper ausbreitet, wie müde ich bin. Einschlafen tue ich allerdings erst als Zachary die Tür hinter sich schließt und sich dafür entscheidet, vor dem Bett zu schlafen. Ein Vorteil, dass das Wolfsein mit sich bringt. Es ist deutlich gemütlicher als Wolf auf dem Boden auszuharren als in menschlicher Gestalt.
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The Alpha And Me -Death Note-
WerewolfViele Jahre sind vergangen, seit Cash und Zachary das Rudel verlassen haben. Jeder Einzelne geht anders mit den Ereignissen der Vergangenheit um, was an dem einen oder anderen nicht spurlos vorbei geht. Vor allem nicht dann, wenn die Vergangenheit...