Heather POVIch sitze da, versuche die Emotionen zu bändigen, die mich in Form einer Lawine überrollen und unter sich begraben. Eine Schaufel greifend kämpfe ich mich an die Oberfläche und verliere die Hoffnung, die notwendige Distanz zu dieser Situation erreichen zu können, da wirft Joshua bereits die Tür auf. Innerhalb eines Wimpernschlags erstarren sie zu Eis. All die Gedanken, Ängste und Gefühle sperren sich ein und schaufeln sich unter der Lawine ein. Überrascht von dieser plötzlichen Monotonie in meinem Herzen, brauche ich einen Augenblick mich darauf einzulassen und schweige als auch die anderen das Büro betreten. Ethan schließt die Tür sanft hinter sich und dreht den Schlüssel im Schloss. Er ist der Einzige, der sich mit einem besorgten Blick nach mir erkundigt. Er lehnt sich an die Tür. Stellt das sichere Schutzschild dar und lässt mich nicht aus den Augen. Die anderen laufen so entschlossen auf der Lawine meines Herzens auf und ab, dass die Schneedecke sich verfestigt und meine Emotionen auch dann noch vergraben, bleiben als Ethan mit seinem Mund eine Frage nach meinem Wohlbefinden stellt, ohne auch nur einen Ton herauszubringen. Entschlossen nicke ich ihm zu und schaue durch die Runde. Jeden ihrer hoch emotionalen Blicke, jeden aufgebrachten Schritt durch das Büro spüre ich auf meinem Herzen lasten. Doch irgendetwas in mir, lässt mich funktionieren. Einen einigermaßen klaren Kopf bewahren. Eben das, was ich in diesem Moment leisten muss. „Wie gehen wir damit um?" Meine Frage polarisiert dermaßen, dass ihre Blicke mich wie hunderte Messerstiche durchbohren. Wut, Enttäuschung, Entsetzen, Verunsicherung. Im Zeitraffer fallen sie auf mich hinab, doch der Schnee ist mittlerweile hart wie Stein. Kein durchdringen zu meinem Inneren möglich. „Das liegt doch wohl auf der Hand." Knurrt Joshua, der ruhelos durch den Raum läuft und mich mit seinen wilden Augen immer wieder sekundenlang malträtiert. Seine Emotionen kochen über. Kämpfen miteinander und malen sich womöglich tausend verschiedene Möglichkeiten aus, diesem Abend zu begegnen. Eine gewalttätiger als die andere. Demonstrativ schaue ich Ethan an, der sich daraufhin zu Wort meldet. „Nach all den Jahren ist es unmöglich den Schaden abzuschätzen, den sie eventuell anrichten. Andererseits muss es einen triftigen Grund für ihre Rückkehr geben und da sie jahrelang zur Familie gehört haben, sollten wir ihnen vielleicht zuhören." Seine Augen spiegeln das wider, was seine Stimme vermittelt, Verunsicherung gepaart mit einem auf Verstand basierendem System der Gefahrenabwägung. Etwas, das Joshua in diesem Augenblick nicht mehr besitzt und sich vor dem Dunkelhaarigen positioniert. „Die Sache ist vollkommen klar. Sie haben sich damals entschieden zu gehen. Punkt, aus, Ende." Sein Knurren könnte Wände durchdringen, so tief ist es.
Ethan jedoch steigt nicht darauf ein und lässt diese bedrohliche Situation über sich ergehen. „Wenn ihr euch nicht traut, erledigen Jayden und ich das. Stimmts?" Joshua dreht sich zu seinem besten Freund um, der lässig an der Wand lehnt und keine Miene verzieht. Er sieht aus wie immer, wenn auch etwas mitgenommen. Doch die Kälte, die er ausstrahlt, ist dieselbe wie sonst auch. Seine Augen sagen nichts aus. Sie starren bloß tief dunkel ins Leere. Er verlässt sich auf seine unberechenbare äußere Hülle, während seine Gedanken sich vermutlich im Sekundentakt überschlagen. Dass er jegliche Kleinigkeit im Alltag hundertfache überdenkt, wird sich in solch einer Ausnahmesituation schließlich nicht in Luft auflösen. Ohne dieses Wissen, das er irgendwann einmal mit mir geteilt hat, würde mich seine leere Hülle vermutlich deutlich mehr verunsichern. Er nickt. Ich nehme es wahr, doch gestehe seiner Reaktion nicht viel zu. Die Tatsache, dass er sich nicht mit Worten äußert, zeugt bereits davon, dass er nicht vollends von dem Vorhaben seines besten Freundes überzeugt ist. Wie auch? Er braucht für Entscheidungen auch sonst eine gewisse Bedenkzeit. „Dann wäre das ja geklärt." Wären meine Emotionen nicht metertief vergraben, würde ich mich über seine übergriffige Art eschauffieren. Überzeugt davon, dass die Meinungen der anderen keinen nennenswerten Wert besitzen, stapft Joshua auf Ethan zu und scheint seinen Entschluss auf uns übertragen zu wollen. Der bewegt sich jedoch keinen Millimeter von der Tür weg. Auch nicht, als Joshua ihm ein bedrohliches Knurren schenkt. „Wir haben noch nicht alle angehört." Erklärt Ethan ruhig und gibt das Wort an Bayan, ehe Joshua sich über diesen durchaus berechtigten Fakt aufregen kann. Mein Blick fällt auf den Blonden, der mit leeren Augen dasitzt und mich anschaut, als sei er in die Höhle des Löwen geschickt worden. Er entscheidet sich für ein Zucken mit den Schultern, das Joshua und Jayden zwar als Angriff wahrnehmen, es jedoch unkommentiert stehen lassen. Eine kluge Entscheidung, schließlich liegt mein prüfender Blick bereits wieder auf ihnen, da ich mit einer Vulkanausbruch ähnlichen Reaktion bereits gerechnet habe. Bayan ist nicht dazu in der Lage, sich eine Meinung zu bilden. Er steckt vermutlich in einer ähnlichen Zwickmühle wie ich. Schlimmer noch, er ist viel zu jung für das Bilden eines Urteils in diesem Fall. Keiner sollte von ihm so etwas verlangen. Dennoch ist seine Meinung ein wichtiger Faktor in unserer Abstimmung und findet einen sicheren Platz. Einen, den ich mit messerscharfen Blicken verteidige als Joshua sich mit verschränkten Armen zu dem Teenager umdreht. „Ganz ehrlich, ich weiß es nicht." Erklärt Ethan und ich danke ihm innerlich für seinen klugen Schachzug, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken und Bayan aus der Misere zu ziehen. „Es ist alles so surreal. Ich kann es nicht beschreiben, aber ich fühle mich nicht dazu in der Lage, eine Entscheidung zu treffen. Er war jahrelang mein bester Freund. Sie waren Familie und da ich ihren Grund der Rückkehr nicht kenne..." Ich nicke ihm dankend zu als er abbricht und sich fürs Schweigen entscheidet. Etwas anderes habe ich im Nachhinein nicht von ihm erwartet. Er ist sich seinen Worten bewusst, geht mit seinen Gefühlen bedacht um und versucht objektiv über den Dingen zu stehen. Ist dies nicht möglich, wie jetzt, zieht er sich aus den Diskussionen einfach zurück. Eine faire Klarstellung seinerseits und gleichzeitig ein offensiver Angriff, wenn man der Meinung von Joshua folgt.
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The Alpha And Me -Death Note-
Loup-garouViele Jahre sind vergangen, seit Cash und Zachary das Rudel verlassen haben. Jeder Einzelne geht anders mit den Ereignissen der Vergangenheit um, was an dem einen oder anderen nicht spurlos vorbei geht. Vor allem nicht dann, wenn die Vergangenheit...