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Heather POV

//am Abend//

Mit verschränkten Armen beobachte ich Ethan, der aufmunternd lächelnd von seinem Kontrollgang durchs Haus zurückkehrt und sich neben mich auf die Veranda setzt. „Ich werde mich noch heute Abend mit ihm unterhalten. Mach dir keine Sorgen." Er stößt mich mit seiner Schulter an und entlockt mir zumindest einen Hauch Optimismus. „Ich wünschte, er würde sich mir anvertrauen. Aber sobald ich auch nur ansatzweise auf ihn zugehe, macht er sich aus dem Staub." Seufzend streiche ich meine Haare zurück. „Ich war als Teenie genauso. Ein cooler Onkel ist da ein deutlich besserer Ansprechpartner als die besorgte Mutter." Ich schmunzle über seine Wortwahl und genieße seine optimistische Grundhaltung. Die Welt um uns herum versinkt in Erdbeben, doch er hält sie weiterhin in seinen Händen und erfreut sich an den Orten, die noch nicht untergegangen sind. Jeder von uns braucht einen Ethan in seinem Umfeld. „Ich hoffe, du behältst Recht. Er öffnet sich ja nicht einmal Joshua." Amüsiert über meine Antwort hebt er eine Augenbraue und räuspert sich ausfallend, um nicht lachen zu müssen. „Joshua ist wohl der schlechteste Ansprechpartner, den er sich suchen kann. Zumindest in Anbetracht der Geschehnisse in den letzten Tagen." Mein Lächeln schwindet. Immer wieder schaffe ich es, die Antipathie der Beiden zueinander zu verdrängen. Nichts habe ich mir mehr gewünscht, als dass sie sich miteinander verstehen und gerne Zeit zusammen verbringen. Allmählich fließt die Hoffnung dahin und wechselt sich mit der unverfrorenen Akzeptanz ab, die mir vor Augen hält, dass sie sich immer ablehnen werden. Ich habe mir eine heile Familie für ihn gewünscht. Stattdessen hat er Cody verloren, der ihm alles bedeutet hat und muss sich mit Joshua an meiner Seite arrangieren. „Was seid ihr eigentlich? Ihr zwei, meine ich. Ihr habt nie vor uns darüber gesprochen." Ich seufze. In all den Jahren hat Ethan mich nicht darauf angesprochen. Er wird sich seinen Teil gedacht haben. So wie alle um uns herum. Mal waren wir uns nahe. Mal fern. Ich habe es nie aussprechen wollen. Ihm nie irgendeine Art der Zuneigung gestanden und Joshua hat sie nie erfragt. Ein Lächeln überkommt mich als ich an die Zeit zurückdenke. All die Jahre, die wir nun schon miteinander verbringen und die Ruhe, die er in der Zeit ausgestrahlt hat. Er war besonnen und in sich ruhend, wie niemals zuvor. Das komplette Gegenteil zu heute. Seine Stimmung schwankt im Stundentakt. Etwas, das ich von ihm nicht mehr gewöhnt bin. Nun mutiert er zu einem hitzköpfigen territorial getriebenen Idioten und ich kann es ihm nicht einmal verdenken. Ich wäre wohl ebenso aufgewühlt, wenn ich an seiner Stelle wäre. „Ich weiß es nicht. Ich wusste es nie." Antworte ich nachdenklich und bin froh, dass Ethan mich nicht dafür verurteilt. Er nickt bloß und reicht mir eine weitere Decke gegen die zunehmende Kälte. „Ich gebe ihm drei Tage, dann ruft er dich an und kommt wieder." Ethan zwinkert mir aufmunternd zu. Ich kuschle mich in die Decke ein und nicke, wenn auch nicht so zuversichtlich wie er. Aber mein Bauchgefühl bestätigt mir ähnliches. Joshua hat in freien Stücken entschieden einige Tage fortzugehen, um sich einen freien Kopf zu verschaffen. Darüber nachzudenken, wie es gemeinsam unter einem Dach weitergehen soll. Nichts, was ich ihm verübeln könnte. Zachary das Feld überlassen, käme nie für ihn infrage. Er kommt wieder. Ganz sicher. „Hast du etwas über diese Death Note Legende herausgefunden?" Fragt er, während seinen Augen bereits entspringt, dass er erfolglos geblieben ist. Ich schüttle den Kopf, erkläre aber gleich darauf, dass ich mich an Logan und seine Büchersammlung wenden werde und meine ursprüngliche Familie als außerordentliche gute Geschichtenerzähler noch vorhabe zu besuchen. „Was dein Dad wohl zu ihrer Rückkehr sagen wird." Denkt Ethan laut und ich ziehe wissend die Augenbrauen hoch, behalte meinen Gedanken aber für mich. Seine Antwort ist in Stein gemeißelt. Das war sie schon damals. Er hat mich aus bestimmten Gründen hierhergeschickt und würde seine Entscheidung niemals hinterfragen. So schwer die Zeit für mich auch gewesen ist, für ihn ist es noch heute das Beste gewesen, was er sich für mich gewünscht hat. Er lebt in der Fantasie, die ihm die Legenden hinterlassen haben. Für ihn gibt es unsere Welt nur so, wie sie geschrieben steht. Mit all den Sagen und Märchen. Für ihn wäre es eindeutig eine Fügung des Schicksals, dass sie zurückgekehrt sind. Für ihn steht das Finden des Mates über allem, was die Menschenwelt zu bieten hat. Liebe, ganz unabhängig von unserer wölfischen Bindung spielt für ihn keine Rolle. „Hast du Cash in den letzten Stunden nochmal gesehen?" Ethan schüttelt den Kopf. „Ich habe weder Zachary noch ihn gesehen oder gehört." Ergänzt er und ich stimme seiner Beobachtung zu. Auch ich bin ihnen nicht mehr begegnet. „Cash sah aufjedenfall ziemlich verunsichert aus als sie zurückkamen. Ich habe fest mit einer lautstarken Auseinandersetzung im Laufe des Tages gerechnet, aber bisher..." Ethan zuckt mit den Schultern und ich kaue unruhig auf meiner Unterlippe herum. Warum mache ich mir überhaupt Gedanken um sowas? Es sollte mir egal sein. Sie sind sowieso nur wenige Tage hier und danach verschwinden sie genauso aus meinem Leben wie in den letzten Jahren. Ihre Probleme sind nicht meine. Abgesehen davon, dass ich nichts über die Beiden und ihre Beziehung zueinander weiß. Ich kenne sie schlichtweg nicht mehr. So traurig es auch klingen mag. Erschreckend, was die Zeit mit einem machen kann. Wie viel innerhalb weniger Tage passieren kann und einen derart großen Einfluss auf alles folgende hat. Wie schnell die Jahre voranschreiten. Wie fremd man Menschen wird, für die man zuvor noch durchs Feuer gelaufen wäre. „Es ist okay, sich zu sorgen. Sei nicht so streng zu dir selbst und hör auf dein Bauchgefühl." Äußert Ethan sich noch, da unterbricht Jayden die harmonische Atmosphäre. „Ich werde mich Sawyer gegenüber zurückhalten, solange Josh nicht hier ist. Ihr müsst mich also nicht bewachen wie Babysitter." Seine Stimme ist der Inbegriff von Monotonie. Nichts, was ich von ihm nicht gewohnt bin. Aber auch nichts, was ich begrüße zu hören. Wieder erinnere ich mich daran, dass es erst eine Woche ist. Eine Woche ist vergangen. Von niemandem ist zum jetzigen Zeitpunkt mehr zu verlangen als das Verzichten auf rohe Gewalt. Wenn überhaupt. „Danke." Erwidere ich, während Ethan ihn nur missmutig ansieht. In seiner Welt hat das Denken von Joshua und Jayden keinen Platz. Er akzeptiert es gezwungenermaßen, wird es aber wohl nie nachvollziehen können. Er ist viel zu friedlich eingestellt, um auch nur im Entferntesten diesen Hass zu empfinden, der durch ihre Adern fließt. „Das tue ich nicht für dich oder Ethan." Knurrt er mürrisch und verschwindet wieder nach drinnen. Ich nippe an der Tasse und lasse seinen Zorn stehen. Ich kann es verstehen. Ich muss es verstehen. Es gibt Dinge, die brauchen nicht unzählige Male durchgekaut und diskutiert werden. Manches regelt die Zeit. Manches ist zum Scheitern verurteilt. Wie es in diesem Fall enden wird, steht in den Sternen und doch habe ich eine klare Tendenz vor meinem inneren Auge. „Ich spreche mit Bayan. Schläfst du heute Nacht bei mir?" Lächelnd schaue ich Ethan an und nehme sein Angebot an. Den Wunsch nach Sicherheit trage ich seit meinen ersten Kindheitstagen bereits in meinem Herzen. Vielleicht habe ich mich deshalb nie von diesem Ort trennen können. Wo ist man sicherer vor der Welt als hier? Wir haben uns schon immer selbst im Weg gestanden. Ohne die Differenzen untereinander gäbe es keine Sicherheitsbedenken. Aber bis es so weit ist, habe ich ja ihn. Er erwidert mein Lächeln und betritt das Haus. Für mich die seltene Möglichkeit, die Augen zu schließen und die Ruhe zu genießen. Den Tag enden zu lassen und mich für den morgigen zu wappnen. Dem ersten Schultag von Cash.


The Alpha And Me -Death Note-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt