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Bayan POV

Ich stolpere über seinen Beinhaken, doch gehe unbeirrt weiter. Die Kapuze tief in mein Gesicht gezogen folge ich den Pfützen, die sich den Asphalt entlang schlängeln. Seine Worte prallen an mir ab. Ich nehme sie nur dumpf wahr. Die Beleidigungen und herbeigezogenen Vorwürfe. Nichts, was mich aus der Fassung bringen könnte. Der Regen tropft auf meine Haut hinab und entfacht Gänsehaut. Mein Hoodie hat sein Bestes getan, um mich zu schützen und ist kläglich gescheitert. Knurrend ziehe ich die Kapuze noch tiefer ins Gesicht und horche auf als er den Namen erwähnt, der die Situation kippen lässt. „Lizzy hat doch nur Mitleid mit dir." Höhnisch lachend setzt er sich in Bewegung. Seine Gefolgschaft trottelt ihm nach und ich presse die Zähne aufeinander. „Die macht es doch eh mit jedem." Kichert eines der Mädchen und ich frage mich, ob es heutzutage noch immer viel verwerflicher ist Frauen zu schlagen als Männer oder ob beides etwa gleich gewertet wird. „Zwei Wochen und sie fickt nen andern." Sie brechen in Gelächter aus. Ich balle die Hand zur Faust, stapfe weiter durch den prasselnden Regen und zähle langsam bis zehn. „Habt ihr die Fotos gesehen, die sie Nick geschickt hat? So peinlich." Wut keimt in mir auf und ich atme ein letztes Mal tief durch. „Sie sollte mal ein bisschen weniger Essen, dann wäre sie zumindest nicht so fett und ihre Bilder kein Augenkrebs." Seine Stimme krächzt wie die eines verbitterten Raben. Ich drehe mich um, die Hände zu Fäusten geballt. Sehe im Augenwinkel eine Gestalt auftauchen, doch lasse mich nicht irritieren. Gewillt ihn grün und blau zu schlagen, stapfe ich auf ihn zu und schaue in seine breit grinsende Fratze. Er lacht mir höhnisch ins Gesicht, begreift nicht, in welcher Lage er sich befindet und empfängt einen Wimpernschlag später bereits einen Kinnhaken. Die Mädchen kreischen erschrocken auf, weichen zurück und schauen erschrocken dabei zu, wie ich ihm eine Lehre erteile. „Du verträgst bloß die Wahrheit nicht. Sie ist nun mal eine Schlampe." Winselt er mit blutender Lippe als ich mich erhebe und meinem Verstand folge, der die Lektion als erteilt bekundet. Ich revidiere meine Vermutung, dass es reichen würde und gehe erneut auf ihn los. Dieses Mal ohne Hemmung. Ohne Limit. Ich trete und schlage abwechselnd auf ihn ein. Spüre die befreiende Wirkung, die mich erfüllt und werfe mich in das Bad blinder Wut. Erst als mich etwas im Nacken packt und ruckartig zurückzieht lasse ich gezwungenermaßen von dem Vollidioten ab. Ich stolpere einige Schritte zurück und begreife gar nicht, wer sich vor mir aufbaut, da drängle ich mich bereits vorbei, um weiterzumachen. Das Blut, das durch meine Adern strömt, ist kochend heiß und treibt mich unaufhörlich an. Ich denke nur an eins, ihm eine Abreibung zu verpassen, die ihm für immer eine Lehre sein wird. Tief knurrend stemme ich mich gegen den Kerl, der sich mir in den Weg stellt und realisiere gar nicht, dass ich aushole, um auch ihm eine überzubraten. Als er meinen Schlag mit Leichtigkeit abfängt, schaue ich zu ihm auf und spucke frustriert auf den Boden. Ich senke die Hand, fixiere ihn und erliege schließlich dem kalten Schauer, der über meinen Rücken jagt. „In den Wagen." Seine eiserne Miene lässt keine Diskussion offen und ich begnüge mich mit einem kurzen Blick auf den am Boden liegenden Idioten, bevor ich auf dem Absatz kehrt mache und auf den schwarzen Wagen zusteuere. Der Schatten, der mir bereits eben ins Auge gefallen ist, schließt sich mir an. „Was guckst du so? Ist doch dein Hobby." Keife ich ihn an, obwohl er nichts zu mir sagt. Auch auf meine provokante Aussage erwidert er nichts und setzt sich stumm neben mich auf die Rückbank. Ich lehne mich an die Fensterscheibe und starre in den Regen hinaus. Hasse das Gefühl, das sich in mir ausbreitet und das kochende Blut verdrängt. Als sich die Beifahrertür ruckartig öffnet und der Blut überströmte Junge auf den Sitz fällt, reiße ich die Tür auf und steige aus. Ich komme jedoch nicht zu großem Protest, da Zachary mich bereits am Wagen fixiert. „Du kannst von Glück reden, wenn ich dich vor einer Anzeige bewahren kann. Also halt die Pfoten still, setz dich ins Auto und halt deinen Mund." Knurrend sehe ich ihn an. Da ist es wieder, das kochende Blut. „Sonst was?" Amüsiert über meine Provokation beginnt er zu schmunzeln, schüttelt den Kopf und wird dann eiskalt. „Das willst du nicht herausfinden. Und jetzt Abmarsch und verschwende nicht meine Zeit." Grob zerrt er mich zur Seite, reißt die Tür auf und drückt mich zurück auf die Rückbank. Die Tür fällt zu und verriegelt sich. Schnaubend lehne ich mich zurück und starre stur nach draußen. Als wir vor dem großzügigen Anwesen halten, das ich als zuhause dieses Schnösels identifiziere atme ich tief ein. Zachary steigt aus und klopft energisch gegen die Scheibe. Es reicht aus, um mich dem Schweigen weiter zu verpflichten. Er hilft dem torkelnden Schnösel aus dem Wagen, klingelt am Tor und schiebt ihn vor sich her. „Du sitzt echt tief in der Scheiße." Murmelt Cash leise und sieht mich beinahe schon bemitleidend an. Gleichgültig zucke ich mit den Schultern. Was sollte schon passieren? Eine Standpauke? Wow, wie beängstigend. Hausarrest? Wahnsinn. Hatte ich ja noch nie. „Du solltest es Mom selbst sagen." Wieder zucke ich mit den Schultern. Mir doch egal. Er schweigt. Versteht, dass es keinen Sinn hat auf mich einzureden oder gar, mich bekehren zu wollen. Einige Minuten später kommt Zachary zurück. Schenkt mir keinen einzigen Blick und Tritt aufs Gas. Ich trauere dem atemberaubenden Gefühl hinterher, das mich eingenommen hat und genauso schnell fort war, wie es gekommen ist. Als wir auf den Hof fahren ist es wetterbedingt ziemlich ruhig. Wir steigen aus und ich komme in den Genuss von Zacharys erdolchender Miene. Wie ein Security folgt er mir zum Haus und packt mich im Nacken, als ich die Klinke der Haustür berühre. „Erzähl es ihr. Sofort." Brummend lasse ich seine Forderung stehen, doch sein Griff verfestigt sich ohne weitere Umschweife, was mich zu einer krächzenden Zustimmung zwingt. Wir betreten das Haus und ich warte ungeduldig darauf, dass Mom die Bildfläche betritt auf die Zachary sie ruft. Statt ihr kommt allerdings Joshua in den Flur und ich werfe Cash ein selbstgefälliges Grinsen zu, während der mich noch immer ansieht, als habe ich den größten Fehler meines Lebens begangen. „Und ich dachte, du bist endgültig abgehauen." Entgegnet Joshua, der mich eigentlich hätte von der Schule abholen sollen und ich verdrehe bloß die Augen. Mir doch egal. „Wo ist Mom?" Fragt Cash vorsichtig und ich stemple ihn endgültig als Memme ab. Er ging als mörderisches Wolfsjunges fort und kam als Golden Retriever Welpe zurück. Was eine traurige Entwicklung. „Sie kommt erst heute Abend. Ist mit ihrer Freundin verabredet." Erklärt Joshua freundlicher als sonst. Kein Wunder. Er spricht ja auch mit meinem Bruder statt mit mir. „Dann erzählst du es ihm." Der Griff in meinem Nacken wird fester. Entsetzt schaue ich zu dem Kerl auf, dessen Existenzberechtigung ich wenigstens für wenige Tage nicht gänzlich hinterfragt habe. Das ändert sich schlagartig als er seine Worte wiederholt. Noch jemand, der sich als Erziehungsbeauftragter aufspielt. Hervorragend. Drohend schaue ich ihn an, doch er hebt bloß auffordernd die Augenbrauen und wartet ab. Genauso wie Joshua, der den Anblick mehr genießt, als er zugeben würde. Da bin ich mir sicher. „Dann tue ich es." Haucht er, ohne das Blickduell zu beenden. Mom wird weder ihm noch Joshua vollends glauben. Kein Verlust also. Also halte ich seinem auffordernden Blick stand, ehe er durchatmet und Joshua davon erzählt, was geschehen ist. Der beobachtet mich mit finsterer Miene, während ich gleichgültig dastehe und darauf warte, endlich gehen zu können. „Was stimmt mit dir nicht? Deine Mom war letzte Woche erst in der Schule für ein Gespräch. Jetzt verprügelst du jemanden auf offener Straße. Dein Glück, dass ich dich nicht dort aufgegabelt habe." Ich zucke mit den Schultern. Das Gefühl der Reue und Schuld wird schon noch früh genug Überhand nehmen. Da ertrage ich die herrschende Leere mit Fassung. „Du wärst tot, wäre sie nicht gewesen und so dankst du es ihr?" Damit entlässt er mich aus dem Gespräch und ich werfe Jacke und Rucksack in die Ecke. „Fick dich." Knurre ich ihm noch zu, dann stapfe ich nach oben.


The Alpha And Me -Death Note-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt