Kapitel 1

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Als die Morgensonne fieser Weise meine Nasenspitze kitzelte und wie jeden Morgen unbarmherzig auf mich schien, erwachte ich widerwillig aus meinem kurzen traumlosen Schlaf.

„Bitte nicht jetzt schon ...", grummelte ich müde, drehte mich auf den Bauch und vergrub mein Gesicht in meinem Kissen.

Sofort knarzte und beschwerte sich mein betagtes dunkles Massivholzbett und ich antwortete ihm aus Gewohnheit: „Ja, ja, Betty. Hör auf zu maulen, ich stehe ja schon auf..."

Schlaftrunken rappelte ich mich unter den ächzenden Geräuschen meiner Betty auf und rieb mir die Augen. Mehrmals musste ich gegen die helle Morgensonne blinzeln, bis ich mich endlich an die Helligkeit gewöhnt hatte.

Dann seufzte ich gequält. Ich wollte nicht aufstehen.

Normalerweise war ich zwar ein Morgenmensch, da ich zu dieser Zeit das Haus meist für mich alleine hatte, aber aktuell war ich einfach viel zu überarbeitet.

Und heute, war der Tag, vor dem ich mich schon lange fürchtete. Denn ich war ein Werwolf. Naja genau genommen noch nicht ganz.

Aber heute Nacht um 0:00 Uhr war mein achtzehnter Geburtstag und somit auch meine allererste Wandlung in einen Wolf. Die erste Wandlung konnte man nicht kontrollieren, sie geschah einfach und sie war auch gleichzeitig die Schmerzhafteste. Zumindest nach allem was ich bisher aufgeschnappt hatte.

Viel wusste ich allerdings nicht über die Verwandlung und darüber wie es war ein Wolf zu sein. Ich hatte schließlich Niemanden zum Reden. Bei dem Gedanken sackte ich ein wenig in mich zusammen und Betty knarzte selbst bei dieser kleinen Bewegung wieder beleidigt.

„Außer dich natürlich", entgegnete ich dem Bett entschuldigend.

Ja, mir war bewusst, dass ich mit einem Möbelstück redete. Aber wer konnte es mir verdenken? Ich würde ja verrückt werden, wenn ich es nicht täte.

Außerdem war Betty nicht die Einzige mit der ich ab und zu redete. Mein kleiner Stofftierhund namens Bruno kannte auch alle meine Sorgen in- und auswendig. Auch wenn er mir bisher noch nie einen guten Rat gegeben hatte...

Mein Leben war einfach trostlos und leer.

Bis ich etwa neun Jahre alt gewesen war, lebte ich mit meiner Mutter Clarissa zusammen in einem kleinen Haus in den Bergen. Meinen Vater kannte ich nicht. Es war ein einfaches Leben, aber uns fehlte es an nichts. Mein Onkel Leopold und mein Cousin Jamie kamen regelmäßig zu Besuch. Der blonde Junge war etwas älter als ich und ich spielte immer gerne mit ihm. Ich war glücklich.

Aber je älter ich wurde, desto öfter bemerkte ich, dass meine Mutter von Zeit zu Zeit sehr niedergeschlagen und antriebslos war. An manchen Tagen hatte sie kaum das Bett verlassen und wirkte wie eine leere Hülle ihrer Selbst. Diese Phasen kamen zuletzt immer häufiger.

Am Weihnachtsabend nach meinem neunten Geburtstag, als ich eigentlich schon im Bett liegen sollte, schlich ich mich noch einmal die Treppe hinunter, weil ich hoffte Santa Clause zu sehen. Stattdessen beobachtete ich einen Streit zwischen meiner Mutter und meinem Onkel und flüchtete erschrocken direkt wieder in mein Bett.

Von da an, war meine Mutter nicht mehr wieder zu erkennen. Bis sie schließlich am Neujahrsabend, wortlos meinen kleinen blauen Cinderella Rucksack mit dem nötigsten packte und mir meinen geliebten Stoffhund Bruno in die Hand drückte.

Danach fuhren wir Schweigend durch die Winternacht. Es schneite heftig und ich hatte Angst. Zum einen Teil wegen des leeren Blickes meiner Mutter. Zum anderen, weil ich irgendwie ahnte, dass etwas Schlimmes passieren würde.

Wir fuhren in eine Gegend, in der ich noch nie gewesen war und hielten, als der Schneesturm heftiger wurde, vor einem großen Haus. An der Vordertür klingelten wir und der Sturm riss und zerrte mit seinen frostigen Fingern an uns.

North Moon Pack - The Alpha TripletsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt