Kapitel 16

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Defne's pov:

Der Motor brummt leise, während wir über die Straße gleiten. Der Duft von einem warmem Sommerabend dringt durch die leicht geöffneten Fenster ins Innere des Autos. Ece sitzt auf dem Beifahrersitz, eine Hand auf meinem Arm. Ihre Augen sind fest auf mich gerichtet, sie versucht mich seit 10 Minuten dazu zu bekommen dass ich erzähle was passiert ist. Vielleicht hat sie gespürt, dass etwas anders ist. Ehrlich gesagt war es auch kaum zu versehen wie ich nach dem Besuch zum Klo aussah.

„Komm schon Defne, was isz passiert", sagt sie, ohne den Blick von mir abzuwenden. Ihre Stimme ist quängelig, beinahe tastend, als wolle sie prüfen, ob ich bereit bin zu reden.

Ich zwinge mich so normal wie möglich zu wirken, dass sie nichts merkte. „Nichts, och war auf dem Klo", sage ich knapp und hoffe, dass sie nicht weiter nachhakt. Es ist eine halbe Wahrheit, die ich wie ein Schutzschild vor mir hertrage. Denn die Wahrheit – die vollständige Wahrheit – kann ich nicht aussprechen, nicht einmal gegenüber Ece.

Wie könnte ich ihr erklären, was vorher im Badezimmer passiert ist? Wie seine Lippen fast auf meinen lagen, wie machtlos ich war, als hätten wir seit Wochen darauf gewartet, uns zu berühren. Mein Herz schlägt schneller bei dem Gedanken daran, eine Erinnerung, die heißer in meinen Adern pulsiert als es sollte. Aber das kann ich ihr nicht sagen. Nicht jetzt. Vielleicht nie. Also lasse ich das Gespräch in die übliche, banale Richtung driften, eine belanglose Diskussion über Arbeit und die kommende EM, während ich innerlich die Fassade aufrechterhalte.

Doch dann vibriert mein Handy auf meinem Schoß, und ich kann nicht anders, als einen schnellen Blick darauf zu werfen. Es ist eine Nachricht – von ihm.

„Du schaffst es wirklich, alles im Griff zu haben, oder? Mal sehen, wie lange noch."

Meine Finger krallen sich unwillkürlich in die weiche Lederpolsterung des Sitzes, und ich spüre, wie sich ein Knoten in meinem Magen bildet. Was zum Teufel meint er damit? Will er mich herausfordern, mich aus der Reserve locken, nachdem er mich eben noch so durcheinander gebracht hat? Ece spricht weiter, ohne zu merken, dass ich längst in Gedanken woanders bin – bei ihm und seiner provokanten Nachricht.

Ein kurzer Schauer läuft mir über den Rücken, eine Mischung aus Frustration, Sehnsucht und... Angst? Ich weiß nicht, was er will, aber eines ist sicher: Er kennt meine Schwächen. Und jetzt, nach dem, was zwischen uns passiert ist, hat er einen Hebel, den er jederzeit ansetzen kann. Ich zwinge mich, tief durchzuatmen, bevor ich das Handy wieder in meine Tasche gleiten lasse.

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Kenan's pov:

Ich lege mich endlich in mein Bett, Can war schon am schlafen in seinem Zimmer. Ich starre auf den Bildschirm, wo ich ihre Nachricht sehe. Die Antwort, die ich erwartet habe, bleibt jedoch aus.Warum antwortet sie denn nicht?

Verdammt, warum kann ich sie nicht aus meinem Kopf bekommen?Sie geht  mir nicht mehr aus dem Sinn. Jetzt erstrecht nicht mehr. Ihre Lippen, ihr Geruch, den sie hinterlassen haben, wie ein süßer, verbotener Rausch, der jetzt durch meine Gedanken zieht. Ich schließe die Augen und lasse mich einen Moment lang fallen, zurück zu diesem kurzen, intensiven Augenblick, der sich wie ein Blitz in mein Gedächtnis gebrannt hat. Sie hat mich mit einem Blick angesehen, der gleichzeitig so verwirrt und so sehnsüchtig war. Und ich? Ich war kurz davor, die Kontrolle zu verlieren – etwas, das ich mir nie erlaube, weder im Leben noch auf dem Feld.

„Scheiße", murmele ich leise, während ich mein Kiefer massierte. Sie ist meine Managerin, verdammt noch mal. Die Frau, die mir helfen soll, die richtigen Entscheidungen zu treffen, nicht diejenige, die mich in ein solches Chaos stürzt.

Ich spüre, wie ein unkontrollierbarer Schauer durch mich hindurchläuft. Verlangen mischt sich mit Wut. Wie kann ich gleichzeitig so verrückt nach ihr sein und sie gleichzeitig von mir wegstoßen wollen? Es ist ein verdammtes Spiel mit dem Feuer, und wir beide wissen es. Aber es ist zu spät, es zu leugnen – das Verlangen, das ich für sie empfinde, ist schon längst fest.

Aber ich werde nicht zulassen, dass sie die Oberhand gewinnt. Ich habe zu viel investiert, um mich von jemandem wie ihr aus dem Gleichgewicht bringen zu lassen. Also provoziere ich sie, schicke diese verdammte Nachricht, um zu sehen, wie weit ich sie treiben kann. Wie lange wird sie es noch aushalten, die Kontrolle zu bewahren? Wie lange, bis sie erkennt, dass wir beide schon längst verloren haben?

Ein Lächeln zieht über mein Gesicht, selbstzufrieden und doch schmerzlich – ein Versuch, die Unruhe zu verbergen, die unter meiner Haut brennt. Denn die Wahrheit ist: Ich will sie mehr, als ich zugeben möchte. Und das könnte alles zerstören, was wir uns aufgebaut haben.

Ich schicke eine weitere Nachricht.
„Sag Flavio am Montag ab, ich hol dich ab. Wir haben noch was zu bereden. Keine Sorge, es bleibt alles ganz professionell, so wie du es immer willst ;)"

Jetzt heißt es warten. Warten, bis sie reagiert. Warten, bis das nächste Kapitel in diesem verdrehten Spiel beginnt.

Ungeplantes SpielWo Geschichten leben. Entdecke jetzt