14. Kapitel

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Wir saßen nun schon eine ganze weile bloß schweigend da. Aber ich genoss die Stille. Es War keine lautlose stille. Man konnte sie hören. In dem zirpen der grillen, in dem Knacken von verbrennenden Holz, knistern von Feuer. Hier und da hörte man eine Eule heulen oder eine Motte flatterte einem um die Ohren. Man könnte sagen ich lebe gerade die perfekte Vorstellung von einem Lagerfeuerabend. In den Flammen waren lautet Muster und Figuren zu erkennen. Als Kind hatte ich mir früher immer Geschichten dazu ausgedacht, oder ein Märchen nachgespielt. Ich starrte immer weitere ins Feuer, solange, bis meine Augen trocken wurden und meine Haut die Hitze nicht mehr ertrug. Ich schaute zur seite und schon schlug mir die kühle Nachtluft wie ein Schlag ins Gesicht entgegen. Ich Stand auf und ging herüber zu Felix, der mir bis jetzt gegenüber gesessen hatte. Ich setzte mich neben ihm ins Gras, ein Bein angewinkelt. "Hast du noch das Bier? Wäre gerade der perfekte Moment dafür.", sagte ich und sah zu ihm auf. Er nickte und beugte sich zur Seite und gab mir meine schon geöffnete Flasche. Ich nahm sie dankend an und trank direkt einen Schluck und starrte wieder ins Feuer. Währenddessen hörte ich Wie Felix auch seine Flasche öffnete und daraus trank. Doch meine Gedankengänge führten mich wieder schnell dazu, meinen Kopf zu ihm zu drehen. Mein Blick wanderten von seinen Schuhen langsam immer weiter Rauf und blieben irgendwann an seiner Rückenseite hängen. Ich trank noch einen großen Schluck und fragte dann: "Wer war das eigentlich? Ich meine... deine Narben. Am Rücken." Meine Augen huschten zu seinem Gesicht, dass immernoch stur in die Flammen starrte. Keine Regung war zu erkennen. Es herrschte nicht lange stille, aber genug das ich mir wieder Vorwürfe machen konnte, es lieber nicht gefragt zu haben. Doch zu meiner Überraschung setzte Felix zum sprechen an. "Theoretisch gesehen ich." Auch er nahm einen langen Schluck aus der Flasche. Daraufhin beugte er sich nach vorne und stütze seine Ellenbogen an seinen Knien ab. Angestrengt starrte er in die Glut und sagte dann nichts mehr. "Theoretisch? Und praktisch gesehen?" Er zuckte nur die Achseln, wich aber kurz drauf wieder zurück, da ein Stück brennendes Holz umfiel und einen Funkenregen auslöste. "Lass mich wenigstens mal sehen. Es muss doch höllisch brennen.", versuchte ich ihn wieder in ein Gespräch zu verwickeln. Er schüttelte den Kopf. "Du hast es doch schon gesehen...", flüsterte er leise und trank wieder etwas. "Hast du noch deine Flasche Wasser?", fragte ich, und nach nicht langem Warten bekam ich eine Plastikflasche in die Hand gedrückt. "Hitze macht durstig, nicht?" Jetzt sah Felix mich entlich an. Als sein Blick meinen traf, wummerte mein Herz auf einmal los und Schmetterlinge tummelten sich in einem dichten Fleck in meinem Bauch. Das Feuer ließ Felix wieder durch die Nacht fast schwarze Augen glänzen, so wie als ob er kurz vor dem weinen wäre. Wie kleine schwarze Seen sahen sie aus. Und ich ertrank in ihnen. Ich musste mich einmal räuspern um dann wieder sprechen zu können. "Ich... ich geh kurz zum Waldrand. Bin gleich wieder da." Damit stemmte ich mich hoch und ging mit leicht zitternden Beinen auf die dicht stehenden Bäume zu. Ich stolperte ein paar Schritte hinein, so dass mich Felix nicht mehr sehen konnte und rutschte dann langsam mit geschlossenen Augen den nächst besten Baumstamm herunter. Mein Atem ging ein wenig zu schnell, so wie mein pochendes Herz. Ich fuhr mir mit einer Hand durch die Haare. Das war seltsam. Mehr als seltsam. War in dem Bier vielleicht etwas was ich nicht vertrug? Vielleicht spielte mein Kreislauf auch einfach verrückt nach der ganzen ungewohnten Aufregung. Sowas in der Art musste mein 'Anfall' gewesen sein. Ich öffnete wieder meine Augen und nahm das Wasser was ich mitgenommen hatte und trank zwei schlucke. Das musste reichen. Den Rest brauchte ich noch. Ich fing an das weichee Moos auszurupfen und legte die ausgerissenen Stücke dann in mein zum Beutel geformtes T-shirt. Ich ging voll bepackt wieder zurück und schlich mich so leise wie möglich an Felix heran, der immernoch ausdruckslos ins Feuer starrte. Ich legte meine Ware ab und hob dann von hinten vorsichtig sein T-shirt an. Ein zittern durchfuhr Felix und er blickte gehetzt zu mir auf. Als er mich erkannte beruhigte sich sein Blick und zu sehen waren wieder seine wunderschönen flackernden schwarzen Augen. Er blickte mich weiter an als ich den Stoff noch weiter nach oben schob. "Was machst du da?", fragte er mit ausdrucksloser Stimme. "Warts ab." Ich bat ihn darauf hin sein T-shirt weiter festzuhalten. Danach schnappte ich mir einen Fetzen Moos und drückte daran dann die offene Wasserflasche und drehte sie um. Das nun wasserdurchtränkte kühle Moos presste ich leicht gegen eine der entzündeten Striemen. Ein Seufzer entfuhr Felix und er entspannte sich ein wenig. Ich hoffte einfach das sich die Wunde durch den Dreck am Moos nicht infizierte, aber fürs erste verschaffte das wohl Linderung. Ich wiederholte das immer weiter im minutenabstand, bis das Wasser dann leer war. Ich krempelte Felix Tshirt bis in seinen Nacken hoch, damit die Luft seinen noch nassen Rücken weiter kühlen konnte. Ich setzte mich wieder neben ihm und sah ihm ins Gesicht. Seine Augen waren entspannt geschlossen und sein Mund leicht geöffnet. So ähnlich würde er vermutlich beim Küssen aussehen. Mein Kopf lehnte sich wie automatisch weiter rüber. In meinem Bauch waren wieder die Schmetterlinge und meine Lippen fingen an wie verrückt zu prickeln. Doch bevor ich etwas unüberlegtes tun konnte, stoppte mich mein Gehirn nur wenige Zentimeter vor seinen Lippen verharrte ich dort wenige Sekunden und schlug Felix danach sacht, fast liebevoll auf die Wange. "Hey, aufwachen Prinzessin.", flüsterte ich. Keine Ahnung warum. Er schlug seine Augen auf und lächelte mich an. "Ohne einen Kuss kann ich das nicht.", meinte er ebenfalls flüsternd. Mir dabei in die Augen starrend. Und wieder wurde mir ganz komisch.

Über den Dächern [Rewilz]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt