22. Kapitel

1.2K 111 59
                                    

Ich werde nichts weiter darüber schreiben, was in der Nacht geschehen ist. Auch werde ich nicht erläutern, warum. Es war einfach nur schrecklich. Und gehört hier nicht her. Vielleicht könnt ihr es euch irgendwann selbst mal denken. Haha, schon komisch das ich schon direkt jemanden anspreche, obwohl die Chance gering ist, dass jemand das hier mal lesen wird. Aber ich lenke mich schon wieder ab. Also weiter im Text.
Am nächsten Morgen wachte ich mit einem Ruck auf. Ganz plötzlich ohne jede Vorwarnung. Meine Augen weit aufgerissen starrte ich in den morgengrauen Himmel. Ich atmete etwas unregelmäßig und schluckte schwer. Kleine Steinchen bohrten sich in meinen Rücken und mir war arschkalt. Nachdem ich mich nach einiger Zeit wieder gesammelt und meine Gedanken geordnet hatte, bewegte ich meinen Kopf zur Seite und schaute in Felix Gesicht. Ich vermied es weiter runter, als in seine Augen zu sehen, die jedoch noch überraschend entspannt geschlossen schienen. Trotzdem zog sich alles widerlich in mir zusammen. Ich hielt mir eine Hand vor den Mund und musste würgen. "Scheiße Felix. Scheiße.", wimmerte ich und strich ihm mit dem Handrücken vorsichtig über die weiche bleiche Haut, als wäre er aus Porzellan. Sie war ebenfalls eiskalt. Ich löste seine Hand von meiner Jacke, die sich dort hineingekrallt hatte, und legte sie neben ihm auf den Boden. Ich zog meine nun schmutzige Jacke aus und legte sie über ihn. Er regte sich immernoch nicht. Kein Zucken der Augenlider oder sonst irgendeine klitzekleine Bewegung. Auf einmal panisch drehte ich ihn auf den Rücken und prüfte ob er noch atmete. Durch die Kälte waren meine Finger taub geworden, und ich spürte keinen Hauch von wärmer Luft an meiner Haut, als ich meine Hand unter seine Nase hielt. Die Panik stieg an und mir war wieder kotzübel. Ich presste mein Ohr auf seine Brust und versuchte seinen Herzschlag zu überprüfen. Jedoch wurde jedes Geräusch von meinem eigenen rasenden Herzen übertönt. Ich versuchte mich zu beruhigen, zählte immerwieder bis 3 und atmete tief ein und aus. Durch das immerfort währende Mantra, 'Nicht tot, 'Nicht tot', 'Nicht tot', wurde ich wieder etwas ruhiger, und ich hörte angestrengt nach Felix schlagendem Herz. Es pochte in einem langsam gleichmäßigen Takt. Bumm Bummbumm, Bumm Bummbumm.
Aufatmen versuchte ich nochmal seine Atmung zu untersuchen. Ich spürte immernoch nichts. Schlussendlich öffnete ich seinen Mund, hielt seind Nase zu und horchte. Nichts. Kurzum beugte ich mich weiter nach unten und presste meine Lippen auf seine, und blies in seinen Mund. Ich wiederholte das dreimal und ließ dann von ihm ab. Ich horchte abermals an seinem geöffneten Mund. Ich hörte zwar nichts, jedoch taute Felix wärmer Atem mein Ohr auf. "Mensch Felix. Scheiße." Ich wischte über meinen Mund. Meine Lippen kribbelten wie sonst was.
Mein Blick viel jetzt doch auf seine untere Gesichtshälfte, so wie Hals. Ich drehte meinen Kopf weg und unterdrückte abermals meinen Würgereflex. Ich wollte hier einfach nur weg, mich in mein Bett verkriechen und heulen. Wie ein kleines Kind. Dafur schämte ich mich für mich selbst. Ich drehte mich wieder um und tätschelte leicht Felix Wange. "Felix. Augen auf. Komm.", sagte ich jetzt lauter und rüttelte vorsichtig an seiner Schulter. Er schlug tatsächlich die Augen auf, und wie ich am Anfang, waren sie weit aufgerissen. Felix sah mich geschockt an, und wich blitzschnell von mir zurück. Für einen Bruchteil sahen wir uns in die Augen, dann stürzte sich Felix auf mich und mein Kopf knallte auf den harten Kies. Völlig paralysiert blieb ich einfach so liegen, und wehrte mich auch nicht, als sich Felix Arme um meinen Hals schlangen, und sich ein Gewicht auf meine Brust legte, dass mir die Luft aus den Lungen presste. Nachdem ich die Situation erfasst hatte, presste ich meine Arme, die vorhin noch nutzlos neben mir gelegen hatten, auf seinen Rücken und drückte ihn fest. Er atmete hektisch und unkontrolliert. Felix versuchte mich keinesfalls zu erwürgen, wie ich zuerst gedacht hatte. Ich versuchte mich wieder aufzusetzen, scheiterte, und beließ es dann dabei, ihm nur weiterhin über den Rücken zu streichen und selbst nicht anzufangen zu hyperventilieren. Irgendwann beruhigte sich Felix wieder und lies mich los. Er sah mich an, und ich konnte für einen kurzen Moment erkennen, wie viel Angst er doch hatte. Aber er wischte sich mit einer Hand durchs Gesicht und seine Miene war wieder so unergründlich wie eh und je. Er stieg von mir herunter, reichte mir eine Hand und zog mich darauf hin wieder auf die Beine. Er klopfte mir den Staub von meinem Tshirt und holte danach meine Jacke, die noch auf dem Boden lag. "Die solltest du vielleicht waschen.", meinte er, und man merkte wie schwer es ihm viel, mit seiner aufgeplatzten Lippe zu sprechen. "Sicher.", antwortete ich darauf und zog sie an.
Was sollte ich sagen? Was? Es gab nichts. Man nichts sagen. Zu allem. "Soll ich gleich einen Krankenwagen rufen? Oder dich ins Krankenhaus fahren?" Er schüttelte darauf den Kopf. "Schon gut. Lass einfach gehen." Ohne ein weiteres Wort ging er los, auf den Rand zu. Er versuchte zwar sich nichts anmerken zu lassen, aber man erkannte, dass er Schmerzen hatte. Er humpelte, wenn auch nur leicht und er hatte seinen linken Arm komisch an seine Seite gepresst. Als er taumelte, sprintete ich kurzum zu ihm hin und stützte ihn, bevor er umfiel. Felix jedoch wand sich wieder aus meinem Griff und blickte mich wütend an. "Ich bin kein schwaches Kind, Rewi. Mir geht's gut." Ich stöhnte genervt auf. "Alter, du musst dich doch nicht vor mir beweisen." Ich versuchte wieder einen seiner Arme über meine Schulter zu legen, doch er zog sie weg. "Lass mich in Ruhe! Ich kann alleine gehen! Mir geht's prächtig, ich brauche keine Hilfe!" Er stieß mich weg, worauf er durch die eigene Kraft wieder taumelte, nirgendwo halt fand und auf seine Knie fiel. Er keuchte auf, und biss dann die Zähne zusammen. "Stimmt. Hast du gerade super demonstriert. Scheiße, Felix. Stell dich nicht an." Seine Lippe bebte, vor Wut, oder weil er durch den Schmerz die Tränen unterdrückte. Aber Felix war niemand nur der wegen Schmerzen heulte. Und seine Augen glänzten auch nicht vor Tränen oder so Zeugs.
Ich zögerte nicht lange und half ihm wieder hoch. "Ich brauche keine Hilfe.", wiederholte er mit fester Stimme, musste sich aber wieder an mir festhalten, da er beinahe abermals umgekippt wäre. "Alles klar.", sagte ich und schulterte ihn darauf wie einen Mehlsack über meine Schulter. "Sebi! Rewi! Du Wixxer lass mich runter! Ich bin kein Mädchen, ich töte dich!", fluchte er und trommelte auf meinen Rücken ein. Das juckte mich jedoch nicht wirklich und ich ging weiter. Er war überraschend leicht für seine Größe, was mir aber nur zu gute kam. "ICH HABE EINEN STOLZ! DAS IST UNTER JEGLICHER WÜRDE! ICH SCHWÖRE DIR, DASS WIRST DU BEREUEN! ICH WERDE DICH TÖTEN ALTER! HURENSOHN! DU MISSGEBURT!" Das Gebrüll ging mir irgendwann ziemlich auf den Keks. "Chill. Dank mir mal lieber." Aber eigentlich sollte er dies nicht tun. Ich hatte nichts getan, ihm irgendwie zu helfen. Ich hatte einfach nur da gestanden und tat nichts, während er beinahe gestorben wäre. Vielleicht sollte er mich tatsächlich einfach töten. Doch er flüsterte tatsächlich ein leises "Danke", und hörte dann auf sich zu wehren.
Wir hatten es geschafft herunter zukommen. Wie kann ich leider nicht beantworten, es war einfach ein Augen zu und durch. Jedenfalls holte ich mein Longboard und stellte Felix wieder auf seine Füße, wobei er deutlich fluchte. Er tötete mich jedoch nicht wie er die ganze Zeit geschrien hatte, er nahm mich nur in den Schwitzkasten und strubbelte meine Haare gründlich durch, während ich mit aller Kraft versuchte, mich aus seinem griff rauszuwinden. "Das bleibt unter uns, klar?!", zischte er und ließ mich dann darauf los. "Jaaa okay.", grinste ich ihn an. Darauf hin holte ich mein verstecktes Longboard klemmte es mir unter meinem Arm und ging dann neben Felix her zu mir nach Hause.
Wie schnell sich doch die Stimmungen und Gefühle in solche Extreme wie Panik, Wut und Fröhlichkeit wechseln konnten. Obwohl immer ein bitterer Nachgeschmack von Ekel und Hilflosigkeit blieb.
Felix bestand darauf, unbedingt alleine hoch zu meiner Wohnung zu gehen. Diesmal erwiederte nichts. Ich hatte ihm meine Hilfe angeboten, wenn er nicht wollte, war er selbst schuld. Auch wenn es mir selbst ein wenig weh tat, als ich sah, wie er sich die Treppe hochquälte.
Oben in meiner Wohnung setzte ich Felix erst auf ein Sofa, gab ihm eine Decke und machte uns einen Tee. Denn er war immernoch ziemlich kalt und meine Nase fing schon an zu laufen.
Als ich wieder kam lag er ausgebreitet auf dem Sofa und drückte seine Handflächen gegen seine Augen. Er atmete zischend durch seine Zähne ein und dann schnell wieder aus. Ich setzte mich neben ihm und und legte eine Hand auf seine Schulter. "Was tut am meisten weh?", fragte ich und setzte die beiden Tassen ab, die ich noch in meiner anderen Hand hielt. "Die Tatsache das du das gestern Nacht miterlebt hast." Felix setzte sich wieder auf. "Diese Nacht sollte auf eine andere Weise unvergesslich für dich werden." Für eine kurze Zeit starrte er nur auf einen irrealen Punkt, während ich wieder hilflos neben ihm saß und nicht wusste was ich machen sollte. "SCHEIßE!" Er schlug wie aus dem nichts mit der geballten Faust auf meinen Tisch. Der Tee schwappte über und irgendwelche Papiere die dort lagen sogen sich damit voll. Aber das interessierte mich wenig. "Scheiße! Scheiße! Scheiße!", schrie er, presste seinen Kopf auf meine Schulter, krallte sich mit einer Hand in mein Tshirt fest, während er mit der anderen mit voller Kraft immer wieder auf meine Brust einschlug. Ich versuchte ihn nur irgendwie möglich zu beruhigen, doch es half nichts. Aber irgendwann ließ seine Kraft nach und er fing hemmungslos an zu heulen. Er krallte sich mit der anderen Hand nun auch fest, schluchzte und wimmerte wie sonst was. Ich war extrem überfordert mit der Gesamtsituation und war es absolut nicht gewöhnt irgendwelche wirklichen Gefühle von Felix gezeigt zu bekommen. Er schien immer eher... distanziert. Und jetzt... er war ganz anders als der übliche Felix, dem nie irgendwas anhaben konnte, der alles andere als verletzlich schien. Anscheinend gab's für jeden eine Grenze. "Es tut weh, Basti! Es tat doch noch nie weh!" Ich glaube ich weiß erst heute, was er wirklich meinte.
_______________________

OMG ES TUT MIR LEID DAS ES SO LANG GEDAUERT HAT! Ich hatte die Schreibblocke meines Lebens, und nachdem ich weiterschreiben konnte, musste ich erstmal wieder reinkommen in das ganze "Feeling" xD

Dafür ist es jetzt fast doppelt so lang wie gewöhnlich :)

So. Und jetzt noch was :D ich werde mir für das nächste Kapitel 4-5 Fragen raussuchen, die dann endlich geklärt werden. Zum Beispiel "Is Felix jetzt n Schornsteinfeger oder wasch?" Oder "Warum steht da n Zelt aufm Dach?". Halt jetzt nur als Beispiel :D
Schreibt einfach in die Kommentare welche frage am wichtigsten ist, oder welche ihr euch schon am längsten stellt. Btw die Ideen die ihr mir in die letzten Kommentare standen waren echt toll, danke dafür :D hat mir sehr geholfen ^-^
Und ich hoffe das jetzt wieder so viel offen ist, ist nicht so schlimm... und das es ein wenig ausgeartet ist :/
Es wird in den nächsten Kapiteln wieder "normaler" und werden und nicht mehr so.. äh .. extrem Oo.
Naja, die nächsten male wird es nicht mehr so spät kommen, dass war jetzt eine Ausnahme. Sry dafür :|

Aber ich laber jetzt nicht mehr xD

Bis zum nächsten mal dann :D

Über den Dächern [Rewilz]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt