Seine Gedanken wirbelten nur um ihn herum. Er versuchte ihn einzuordnen und aus dem was er wusste, oder glaubte zu wissen, einen Entschluss zu ziehen. Doch es war schwerer als sonst. Nur in einer Sache war er sich vollkommen sicher. Er hatte sich selbst belogen. Denn dieser Junge war anders als die anderen.
*Taddls POV*
Die harte Rinde des Baumes schmiegte sich in meine Rückenbeuge während meine Augen zwischen den Schülern herum hetzten.
Nach und nach strömten sie alle aus dem Gebäude, da die Glocke den Schultag beendet hatte.
Dann sah ich ihn.
Er stieß die Türe nach den anderen auf.
Er war alleine.
Er nahm seine Snapback ab und wuschelte sich durch die blauen Haare, ehe er sie wieder aufsetzte.Ich nahm einen weiteren Zug und ließ es zu, dass der Rauch mir meine Sicht kurz vernebelte, nur um kurz darauf zu spüren wie sich meine Pupillen verkleinerten und ihn fixierten.
Ich spürte die Blitze die sich meine Iris entlang zogen und wieder verschwanden.Ein weiterer Zug.
Noch immer stand er etwas verlassen da.
Doch noch einmal öffnete sich die Türe und ich brauchte nicht einmal hinschauen um zu wissen wer heraus kam.
Lautes, aufdringliches Gelächter.
Durcheinander quatschende Stimmen.
Die Nervensägen vom Beruf.
Sie umkreisten ihn und überfielen ihn mit ihrem Gerede, zogen an ihm wie an einem Stück Fleisch um das sich das Rudel streitet, strahlten ihn mit diesen psychisch gestört glücklichen Augen an.
Doch ich schnaubte, als ich ihn ansah.
Weder ein Lachen, noch eine freundliche Geste. Nur ein minimales Lächeln auf den Lippen.
Es war falsch.
Mittlerweile erkannte ich ganz gut, wenn andere Leute logen und dieses Lächeln war eindeutig gestellt.Ein weiterer Zug.
Er versuchte sie abzuwimmeln, das konnte ich sehen.
Ich schnippte die Asche zu Boden.
Er versuchte sich ihren Griffen zu entwinden und sich ihren Blicken zu entziehen.
Ich grinste.
Doch er schaffte es. Bewegte seine Lippen, die höchstwahrscheinlich eine gelogene Entschuldigung aussprachen und bewegte sich rückwärts auf das Schultor zu.
Ja, er war eindeutig anders. Und er hatte etwas an sich. Etwas, das mein Interesse geweckt hatte. Ich wollte wissen was in seinem Kopf vorging. Er stellte mich vor eine Herausforderung und genau das wollte ich.
Ein letzter Zug, dann schnippte ich den Stummel ganz zu Boden und stieß mich von dem Baum weg, trat aus dem Schatten und verließ als letzter den Schulhof.
Ein leichter Nieselregen hatte sich erhoben und fiel wie Schneestaub auf einen herab, ohne wirklich Nässe mit sich zu bringen.
Meine Gedanken hingen immer noch bei dem blauhaarigen Jungen.
Ardy hatte er gesagt war sein Name.
Ich konnte ihn vor mir sehen. Seine dunkle Kleidung die meiner überraschenderweise sehr ähnelte. Seine blau-grauen, verwuschelten Haare die er nie in die Form brachte in der er sie wollte. Seine markanten Gesichtszüge. Sein leichter Bartansatz und schlussendlich seine Augen. Er hatte blaue Augen die einen Hauch grün in sich trugen.Ja, dieser Junge war interessant und ich wollte mehr über ihn wissen.
Schon bald stand ich vor meiner Haustüre und drehte den Schlüssel um die Türe zu öffnen.
Lustlos schmiss ich meinen Rucksack in eine Ecke und wollte die Treppen zu meinem Zimmer hoch stapfen, als ich die nervende Stimme hörte die ich von allen am meisten verfluchte. „Wo warst du?"
Meine Mutter. Sie war betrunken. Wie immer.
„In der Schule, wie immer." knurrte ich und schenkte ihr nur einen Blick aus dem Augenwinkel.
Zwischen meiner Mutter und mir herrschte Krieg. Hass lag in der Luft wenn wir beide zuhause waren. Sie kümmerte sich nicht um mich, ich mich nicht um sie. Obwohl sie es wahrscheinlich dringender brauchen würde als ich.
Sie stand immer unter Alkohol Einfluss, lag die meiste Zeit nur am Sofa herum und stopfte sich mit Tabletten und Pillen zu. Oder sie war bis spät in die Nacht in irgendwelchen Bars oder Spielläden unterwegs.Mir war es egal. Für mich war meine Mutter schon längst gestorben. Das war auch der Grund warum ich sie ignorierte. Sie war tot und ich redete nicht mit Toten.
Den oberen Stock bewohnte eigentlich nur ich. Ein Wohnzimmer, ein Bad und mein Zimmer. Mehr brauchte ich nicht, mehr wollte ich nicht.
Während meine Mutter mir noch Beschimpfungen an den Kopf schmiss, von wegen ich sollte mir endlich einen Job suchen damit sie wohl mehr Geld für ihre kranken Suchtmittel hatte, stapfte ich einfach weiter und ließ meine Türe hinter mir ins Schloss krachen, verschloss diese und ließ mich auf mein Bett fallen. Wenn die wüsste.Eine neue Zigarette verschwand zwischen meinen Lippen und wurde gezündet. Ja, ganz so unschuldig war ich im Vergleich zu meiner Mutter vielleicht auch nicht, aber an Tagen wie diesen brauchte ich sie zum runter kommen. An Tagen wie diesen reichte meine Musik eben nicht mehr aus.
Meinen einen Arm legte ich unter meinen Kopf und starrte an die Decke, doch von entspannen war keine Rede. Dafür schwirrten mir zu viele Gedanken im Kopf herum.Genervt stand ich nach einigen Minuten wieder auf und ging ins Bad. Meine verstümmelte Zigarette verschwand in einem Aschenbecher hinter der Türe.
Ich betrachtete mich. Meine Hochhausfrisur saß immer noch perfekt während mein Bandana im Tarnmuster brav an seiner Stelle lag.
„Thaddeus!" schrie eine raue, brüchige Stimme von unten und augenblicklich zogen sich meine Mundwinkel runter.
Ich reagierte nicht.
„Ich rede mit dir!" sie klang wütend und ich hatte absolut keine Lust darauf, dass sie heute wieder stundenlang vor meiner Türe stehen und keifen würde.
„Was!?" brüllte ich zurück.
„Räum gefälligst deinen Dreck weg!"
Dieser Satz brachte mich zum rasen und schneller als gedacht war ich die Treppen unten und genau vor ihr gewesen. „Sag du mir verdammt nochmal nicht was ich zu tun habe!" brüllte ich ihr so laut entgegen, dass es mir in den eigenen Ohren schmerzte.
Noch bevor sie etwas erwidern konnte, hatte ich das Haus verlassen und rannte blind vor Wut die Straße entlang.Wenn Leute mich aufregten bekamen sie meine Wut zu spüren, aber so sehr ich diese Frau auch hasste, schlagen konnte ich sie nicht.
Irgendwann blieb ich in einer Hausecke stehen, neue Zigarette im Mund und sog den Rauch tief in meine Lungen, während mir der mittlerweile stärkere Regen das Gesicht herab rann und an den Wimpern abtropfte.
Ich hasste solche Tage.
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Behind me ~ Tardy
FanfictionTaddl, oder besser bekannt als der Schrecken der Schule. Er trug diesen Namen, weil er einer der wenigen war, der die harte Realität in dieser trostlosen Welt bereits kannte. Er war anders als die anderen und das machte ihnen Angst, da sie ihn nicht...