Kapitel 8

286 23 0
                                    

In dem Ausmaß hatte er es nicht gewollt. Er hatte es gespürt. Erst wie ein leichtes Reißen, dann ein Bröckeln. Und er wollte nicht wahrhaben, was das zu bedeuten hatte. Denn er hasste die Tatsache, dass die Konsequenzen sein ganzes Leben wieder auf den Kopf stellen würden.

*Taddls POV*

Nachdem Ardy sich wieder halbwegs beruhigt hatte und den Alkohol somit wieder aus seinem Körper verdrängt hatte, half ich ihm aufstehen.
Eine Zeit lang standen wir nur da und schauten uns an, bis sich auf unseren Gesichtern begann ein Grinsen hervor zu bahnen und wir schließlich doch in Gelächter ausbrachen.

„Ich weiß ja nicht was du so in deiner Freizeit machst, aber ich bin nicht so ein Junkie." lachte der Kleinere.
„Stimmt, weißt du nicht." gab ich nur schlicht als Antwort und fing mich schnell wieder.
„Und nenn mich nicht Junkie, das bin ich nämlich ganz und gar nicht."

Ich lachte nicht.
Ich sollte jedenfalls nicht.
Lachen war ein Zeichen der Aufgeschlossenheit und das war ich ganz und gar nicht.

Ich weinte auch nicht.
Weinen war etwas für Schwächlinge, Tränen etwas für Verlierer.

Gefühle zu zeigen machte einen verwundbar.

Also versteckte ich mein Grinsen genauso schnell wieder wie es gekommen war und drehte mich um.

„Komm, ich bring' dich nachhause."

Ich konnte Ardys Blick im Rücken deutlich spüren. Er versuchte ebenfalls aus mir schlau zu werden, aber das würde ihm nicht gelingen.
Abgesehen davon; ich würde meine Fassade aufrecht erhalten.
Aber darin hatte ich mittlerweile jahrelange Übung.

Still saßen wir nebeneinander im Auto.
Den Wind in den Haaren, die Lichter an einem vorbei ziehend.
Geld war eben nicht mein Problem, trotzdem bekam meine Mutter keinen Anteil da ich genau wusste, wo das hin fließen würde.

Doch Ardy schaute nicht wie bei der Hinfahrt begeistert hinaus. Nein, diesmal lag sein Blick bei mir. Ich spürte es. Und mich durchfuhr ein unangenehmes Kribbeln.

„Was starrst du so?" keifte ich genervt.
„Ich versteh' dich nicht."
„Das ist auch gut so."

Stille kehrte wieder ein. Nur ein Seufzen seinerseits war zu hören und als er wieder die Stimme hob, konnte ich den wütenden Unterton deutlich hören.
„Weißt du, zuerst bequatscht du mich so lange, dass ich es zulasse, dass du mich in irgendeinen Club am Ende der Welt verschleppst, dann lässt du mich zulaufen und jetzt tust du so als ob es widerlich oder so wäre neben mir zu sitzen und redest genauso wie sonst auch. Ich frag' mich echt wieso ich überhaupt mitgekommen bin! Ich meine, ich kenne dich doch überhaupt nicht! Woher sollte ich denn wissen ob du nicht irgendein verdammter Vergewaltiger oder so 'n Scheiss bist!"

Ich bremste so hart und ruckartig, das Ardy fast nach vorne geflogen wäre.
Erschrocken starrte er mich an und ich musste mich beherrschen, meine aufgestiegene Wut nur an meinem Lenkrad auszulassen, welches gerade sehr unter meinen zusammen geballten Händen litt.
Meine Stimme klang bedrohlich leise und sie zitterte leicht als ich sagte: „Hör mir genau zu. Ich bin erstens keine Schwuchtel und zweitens, wenn ich dich hätte vergewaltigen wollen, würdest du schon längst verkümmert in irgendeiner dunklen Gasse liegen und wie ein kleines Kind wimmern! Außerdem hätte ich dich auch einfach mit Drogen zulaufen können lassen wenn ich wollte, aber falls du es schon vergessen hast: Wer war derjenige der dich halten hat müssen, damit du dich nicht in deiner eigenen Kotze wälzt!?"
Ich war ungewollt lauter geworden und starrte ihn nun deutlich an, sah das Gefühlschaos in seinen Augen und starrte wütend wieder geradeaus.
„Es ist gefährlich einfach so stehen zu bleiben." murmelte Ardy nur und ich zischte: „Wir sind da, du Honk."
Ardy wandte den Blick und brachte nur ein verlegenes „Oh..." heraus.
Dann öffnete er die Türe und stieg aus meinem Wagen.

Noch ehe der blauhaarige ein weiteres Wort von sich geben konnte, hatte ich den Motor aufheulen lassen und war losgerast. Nicht zu mir nachhause. Irgendwo hin wo es leer war.
Leer.
So wie ich auch.

Schließlich hatte ich auf einem verlassenen Parkplatz geparkt und starrte in den wolkenlosen, Sternen bedeckten Himmel hinauf, während ich mal wieder eine der Zigaretten zwischen meinen Fingern hielt.

Seine Worte hatten mich verärgert.
Nicht, weil sie mich wütend gemacht hatten.
Sie hatten mich verletzt.
Und das machte mich rasend!

Er hatte diesen Einfluss auf mich den er nicht haben sollte.

Ich seufzte, legte den Kopf zurück und schloss die Augen.
Er sollte genauso einen Respekt vor mir haben wie alle anderen.
Und da waren wir schon wieder beim Punkt.
Er war eben nicht wie die anderen!
Also belog ich mich praktisch selbst wenn ich wollte, dass er so war.

Ich war mir zwar sicher, dass er die Augen höchstens halb fürs echte Leben geöffnet hatte, aber um ehrlich zu sein, wollte ich gar nicht dass er sie ganz öffnete.
Das würde er aber, wenn er mich kennen lernen würde.
Und das wollte ich noch weniger.

Wieso nur herrschte so eine Unzufriedenheit und Unentschlossenheit in mir, seit dieser Junge in mein Leben getreten war?

Ich nahm noch einen Zug, warf die Zigarette dann jedoch seufzend weg.
Es brachte so oder so nichts.

Behind me ~ TardyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt