Prolog/ Kapitel 1

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Er vermisste ihn. Er vermisste seine Augen, die sich in seine Seele gebrannt hatten. Er vermisste seine Stimme, die ihm immer und immer wieder Schauer über den Rücken laufen ließ. Doch vor allem vermisste er seine vertraute Nähe, in der er sich so geborgen gefühlt hatte. Er vermisste ihn; mehr als er sich eingestehen wollte.

*Ardys POV*

Leere.
Tiefe, dunkle, trostlose Leere.
Taddl war seit ein paar Tagen nicht mehr in der Schule erschienen.
Wenn ich zu ihm nachhause ging, öffnete niemand.
Und wenn ich in diversen Clubs nach ihm Ausschau hielt, war er nie da.

Da war sie wieder, die altbekannte Trauer die sich in einen hinein frisst.
Und das sah man mir wohl auch an.
Denn abgesehen von Luna, die mir immer wieder zuversichtliche Worte zusprach, waren auch meine restlichen Freunde zurück haltend.
Immer wieder kam ein besorgtes „Alles okay?" von Felix, oder ein „Meld' dich wenn du was brauchst." von Rewi. Selbst Manu, den Gefühlsduselein meist kalt ließen, warf mir immer mal wieder mitleidige Blicke zu. Wahrscheinlich dachten sie sich schon, warum ich wie das letzte Häufchen Elend durch die Gegen lief, aber konkret ansprechen taten sie es nie.

Doch heute war es anders.

„Ardy?", riss mich Izzi aus meinen kummervollen Gedanken, als ich gerade den Heimweg antreten wollte.
„Ich weiß, du bist momentan nicht gerade der kontaktfreudigste, aber ich dachte, es hilft vielleicht einfach mal 'ne Runde zu quatschen, so unter Freunden."
Obwohl mein Herz schrie und sich dagegen wehren wollte, nickte ich müde.

Kurze Zeit später saßen wir in Izzis Zimmer auf seinem Bett und schwiegen die Zeit tot.
Während ich Löcher in die Luft vor mir starrte, versuchte er wohl einen passenden Anfang zu finden.
„Es hat mir Taddl zu tun, oder?", fragte er endlich gerade heraus.
Ich seufzte nur und nickte mal wieder.
„Ist es schlimm?"
Ein Schulterzucken meinerseits.
„Habt ihr euch gestritten oder so?"
Wieder ein Nicken.
„Ach Ardy, jetzt lass dir doch nicht alles so aus der Nase ziehen! Ich habe keine Ahnung was da zwischen euch abging oder geht!"
„Ich weiß...", gab ich mich geschlagen und hob den starren Blick ein wenig.
„Ja, keine Ahnung, ich glaube ich habe Scheisse gebaut."
„Du glaubst?"
„Ich habe vor längerer Zeit mal was gesagt, was wohl in unser beider Interesse falsch war und seither ist er eigenartig. Dann war da noch so ein dummer Vorfall und als ich ihn darauf angesprochen habe hat er komplett die Fassung verloren."
„Hat er dir was getan!?"
„Um Gotteswillen, nein!" Ich starrte ihn schockiert und ein wenig entrüstet an, dass er so über meinen besten Freund dachte, aber eigentlich konnte er ja nicht anders...
„Er ist eher... naja, innerlich... zusammen gebrochen oder so. Ich weiß doch auch nicht was konkret los ist, ich weiß nur, dass er sich seit Tagen nicht meldet und den Kontakt komplett abgebrochen hat."
„Ich weiß leider recht wenig über Taddl, aber wenn ich etwas sicher weiß, dann das: Er lässt niemanden an seinem Leben teilhaben, außer seit kurzem dich. Was ihn dazu geritten hat, weiß wohl nur er alleine, aber irgendwas muss ihm ja an dir liegen sonst wärst du genauso wie wir abgestempelt und ignoriert worden. Ich sehe jetzt schon seit längerem dabei zu, wie glücklich du - und auch er! - scheint, wenn ihr zusammen unterwegs seid. Und obwohl wir als deine Freunde ziemlich vernachlässigt wurden-"
Er warf mir eine Art 'fühl-dich-ruhig-schuldig-Blick' zu ehe er fortfuhr.
„aber solange du mit ihm glücklich bist, kann man ja schlecht was dagegen sagen! Ich ertrage es aber nicht, dich weiter rum laufen zu sehen als ob du dich am liebsten die nächste Brücke runter stürzen willst!"
Ich seufzte resigniert und warf ihm einen 'ernsthaft?' Blick zu.

Er hatte ja gar nicht übertrieben! Nein, nein.

„Taddl ist anders als ihr alle glaubt. Er ist ganz normal, nur eben auf seine eigene Art...",
murmelte ich dann um ihn in Schutz zu nehmen, selbst wenn es ziemlich kindisch rüber kam, was ich an Alex' Grinsen sehen konnte.

„Du brauchst dich nicht rechtfertigen. Und ihn schon gar nicht. Das ist eure Sache, nicht unsere. Ich versuche nur dir zu helfen, oder dich wenigstens abzulenken."

Ih seufzte erneut.
Doch dann schoss mir ein Gedanke durch den Kopf und ich musste mir hart auf die Lippe beißen um ihn nicht unbedacht heraus zu schreien.

„Du Izzi...?"
„Hm?"

Ein weiteres, nervöses auf der Lippe rum kauen.

„Was hältst du eigentlich von... Homosexuellen?"

Kurze Stille kehrte ein und ich wagte nicht ihm in die Augen zu schauen.
Alex schien ernsthaft zu überlegen was er antworte solle, was mich nicht gerade beruhigte.

„Was soll ich groß davon halten?"
„Naja, findest du es nicht... komisch, oder so?"
„Nein, wieso auch? Jeder hat das Recht den zu lieben, den er will. Da kann einem die Meinung anderer doch egal sein!"

Ich schluckte.

„Bist du etwas...?"

Seufzend landete mein Kopf an der Wand hinter mir.

„Ich weiß es nicht..."

Mein Gegenüber nickte verstehend und betrachtete mich einige Herzschläge lang, ehe seine Lippen begannen sich zu kräuseln.

„Was?", blaffte ich.

„Naja, mich belustigt die Tatsache."
„Wow, gerade eben hast du noch gesagt du hast nichts dagegen!"
„Nein, nicht das."
„Was sonst?", schnaubte ich genervt.
„Wir alle machen uns Sorgen, weil unser Kumpel sich durch die Gegend schleppt als hätte er gerade den dritten Weltkrieg miterlebt! Dabei macht er nur so ein Drama..."

Ich schaute ihn verständnislos an.
Izzi grinste.

„Unser lieber Ardy hat Liebeskummer!"

Behind me ~ TardyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt