Kapitel 4

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Er wusste nicht was er von dem Jungen halten sollte. Irgendwas war da, irgendwas, was ihm sagte, dass er einerseits genauso war wie alle sagten, andererseits das komplette Gegenteil. Doch was davon stimmte, wusste er nicht. Er wusste nur, dass er sich nicht sicher war.

*Ardys POV*

Taddl war irgendwo am Hof verschwunden und langsam kehrte wieder Leben in unsere Gruppe.
„Wer sind die anderen Mädchen?" fragte ich nun um die Stimmung zu lockern.
Neben Luna standen noch vier weitere Mädchen. Zwei davon blond, eine braunhaarig und eine hatte hellbraune Haare.
„Das blond gelockte heißt Dagmara, wird aber von allen nur Dagi genannt. Unter den Top 5 in der Schule, also mach dir keine Hoffnungen." meinte Rewi.
„Das hübsche blonde Mädchen heißt Caty." sagte Simon und ein Grinsen huschte über meine Lippen als ich seinen verliebten Blick bemerkte.
„Reiß dich zusammen Simon." lachte Manu und ich warf ihm einen kurzen Blick zu, da seine Stimme auch außergewöhnlich klang.
„Dann sind das noch Kelly und Paola. Aber Paola-" Dner deutete auf das braungebrannte, dunkelhaarige Mädchen. „Ist schon vergeben."
„Luna seit kurzem nicht mehr." fügte Izzi grinsend hinzu und kassierte einen leichten Boxer von mir.

Langsam wurden mir die vielen Menschen zu aufdringlich, also sagte ich schnell: „Leute, ich muss mal aufs Klo, wir sehn' uns." und ging schnellen Schrittes um die nächste Ecke, wo ich mich seufzend an die Wand lehnte und die Augen schloss.

Zu viele Menschen.
Zu viele aufgedrehte Menschen.

„Hast länger durchgehalten als erwartet." ich riss erschrocken die Augen wieder auf als ich diese tiefe Stimme hörte. Taddl stand zwei Meter neben mir, hatte einen Fuß an das Schulgebäude gestützt und schaute vor sich in die Leere.
Als ich nicht antwortete, warf er mir einen kurzen Blick zu, griff dann in seine Hosentasche und holte ein Päckchen heraus.
Zigaretten.
Er klemmte sich eine davon zwischen seine rau aussehenden Lippen und hielt seine Hand als Windschutz davor, ehe er sein Feuerzeug zückte und sie anzündete. Entspannt lehnte er seinen Kopf nach hinten an die Mauer und blies den eingezogenen Qualm wieder aus.
„Was ist wenn dich ein Lehrer sieht?" merkte ich an.
Er grinste nur leicht. „Passiert nicht."
„Wieso bist du dir da so sicher?"
„Du stellst zu viele Fragen, Kleiner." nun warf er mir erneut einen kurzen Blick zu und ich meinte etwas bedrohliches darin zu sehen.
Aber vielleicht bildete ich mir das auch nur ein, da die Tatsache, dass der Junge vor dem alle Angst haben, rauchend neben mir stand und scheinbar nicht überaus glücklich über meine Aussage war, doch ein bisschen bedrohlich wirken könnte.
Er nahm einen weiteren Zug und drehte sein Gesicht wieder von mir weg.

„Warum hast du dir die Haare blau gefärbt?"
Ich stutzte ein wenig, da ich so eine Frage nicht wirklich erwartet hatte, fing mich jedoch schnell wieder.
„Hatte Bock drauf. Und mir gefällt's. Also juckt es mich reichlich wenig was andere darüber denken."

Wieder so ein komisches Grinsen, ohne das er mich anschaute.

„Mir gefällt deine Einstellung. Die haben heutzutage wenige Menschen." sagte er mit seiner rauchig, monotonen Bassstimme.

Schlau wurde ich aus ihm nicht, doch irgendwie hatte ich das Gefühl, dass er mich bereits durchschaut hatte.

Einige Zeit verstrich in der wir einfach nur da standen, an die Wand gelehnt, den anderen nicht beachtend. Irgendwann spürte ich seinen brennenden Blick jedoch wieder auf mir und wandte mich ihm zu.
Taddl hielt mir seine Zigaretten Packung hin, doch ich winkte ab.
„Ich rauche nicht."
Der Größere schnaubte abfällig und knurrte: „Also doch wie alle. Noch das kleine, unschuldige Kind das vor allem Übel der großen, bösen Welt bewahrt wird." Ironie schwang in seiner Stimme mit und obwohl ich nicht die leiseste Ahnung hatte wovon er sprach, wurde ich wütend.
„Wenn du mal aufhören würdest in Rätseln zu sprechen, könnte ich dir vernünftige Antworten geben, du Spinner!" blaffte ich ihn an, doch das stellte sich als keine weise Entscheidung da.
Ehe ich realisieren konnte, was gerade passierte, hatte er mich gepackt und an die Wand gepresst, während er sich groß vor mir aufbaute. Sein Gesicht war meinem so nahe, dass ich seinen rauchigen Atem riechen konnte und meine Augen zu brennen begannen, doch die Angst war im Moment größer.
Seine Augen funkelten wütend und seine Stimme war nicht mehr als ein leises Zischen: „Pass auf was du sagst, Neuer. Das ist meine Stadt und meine Schule."
Ich wurde genauso plötzlich losgelassen, wie er mich unter seine Gewalt gebracht hatte. Doch als ich mich keuchend aufrappelte, war von dem wasserstoffblonden nichts mehr zu sehen.
Nur diese unglaubliche Kälte blieb zurück und der leichte Geschmack von Nikotin in der Luft.

Behind me ~ TardyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt