Kapitel 27

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All die Freude dieser Erde fordert Schmerzen zuvor. Es ist wie ein Test. Wer es schafft, das Leid zu ertragen, wird mit Glück belohnt. Und obwohl es sehr schmerzte, war das, was danach kam, der schöne Beginn etwas Neuem.

*Ardys POV*

Noch lange war ich mit Alex zusammen gesessen und hatte einfach mit ihm geredet.
Und tatsächlich hatte es geholfen einen Teil der Last freizugeben.

Immer noch in Gedanken, jedoch auch erleichtert, machte ich mich spät Abends auf den Heimweg. Meine Mutter sollte mittlerweile auch zuhause sein.

Leise drehte ich den Schlüssel im Schloss, um meine Mutter - falls sie nach einem anstrengenden Arbeitstag schon schlafen würde - nicht zu wecken.
Die Wohnung war still und dunkel, die einzige, dämmrige Lichtquelle war der Lichtstreifen, welcher unter der Wohnzimmertüre in den Flur fiel.
War sie doch noch wach?
War sie wegen mir wach geblieben?
Misstrauisch bewegte ich mich durch den dunklen Flur auf die geschlossene Türe zu und öffnete diese leise, ließ meinen Blick durch das Zimmer schweifen und erstarrte.
Mein Herz hörte für einen Moment auf zu schlagen, als ich sah, was hier abging.

„Scheisse..." hauchte ich, ehe ich vorstürzte und zu meiner am Boden liegenden Mutter fiel.

„Mum!?" verzweifelt versuchte ich sie an den Schultern wachzurütteln.
Vergeblich.
Mit zittrigen Fingern tastete ich nach meinem Handy und wählte die Nummer der Rettung, ehe sich die Tränen begannen aus meinen ängstlich geweiteten Augen zu lösen.

Doch ein weiteres mal versuchte ich einen Kontakt anzurufen, was mit meiner verschwommenen Sicht gar nicht mal zu einfach war.
Wimmernd hielt ich das Handy an mein Ohr, während ich meiner bewusstlosen Mutter liebevoll die Haare aus dem Gesicht strich.

Am anderen Ende der Leitung wurde abgehoben.
„Was?", vernahm ich eine monotone, kalte Stimme.
Doch meine verriet wohl jegliches Gefühl und das Wimmern konnte ich auch nicht unterdrücken.
„Taddl? Ich brauch dich..."

*Taddls POV*

Monoton und ausdruckslos war mein Blick immer noch in die dunkle Leere vor mich geheftet, als ein plötzliches, schrilles Geräusch mich aus meiner melancholischen Stimmung riss.
Wer rief denn um diese Uhrzeit noch an!?

Und, oh verdammt, als ob es nicht genug wäre an ihn denken zu müssen, stand da jetzt auch noch groß und fett sein Name.

Sollte ich ran gehen?

Aber natürlich handelte mein Körper schneller als mein Kopf und eher reflexartig hielt ich mir mein Handy schon ans Ohr.
Was verflucht nochmal tat ich da!?

„Was?" versuchte ich so gut als möglich abweisend zu klingen, jedoch brach ich mein Vorhaben als ich seine zittrige Stimme vernahm.
„Taddl? Ich brauch dich..."

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Nun saß er da, neben mir am Bett, den Kopf in meiner Schulter vergraben, schluchzend und zitternd während ich ihm beruhigend über den Rücken strich.
Seine Mutter war scheinbar an Burn-Out zusammen gebrochen und lag nun im Krankenhaus.
Und obwohl ich mir eigentlich geschworen hatte Abstand zu diesem Jungen zu halten, wollte ich nichts sehnlicher als ihn in meinen Armen zu trösten.
Er sollte aufhören zu weinen.
Es brach mir das Herz ihn so zu sehen...

Ardys Finger hatten sich in meinem Shirt verkrampft, seine blauen Haare standen verwuschelt zu allen Seiten ab, sein Schluchzen war nur noch leise aber an meinem nassen Schulterteil merkte ich, dass er immer noch weinte.

Plötzlich war es so egal, dass der jeweils andere ganz offen sehen konnte was in einem abging, ohne sich zu schämen.

„Taddl?" flüsterte er heiser.
„Hm?"
„Es tut mir leid. A-all diese Scheisse. Ich pack das nicht, dass es zwischen uns so läuft! Wieso können wir verdammt nochmal einfach beieinander sein ohne dass es irgendwer wieder verbockt!?"
Er sah auf und ich musste ein seufzen unterdrücken.
Mit einer sanften Bewegung fuhr ich mit dem Daumen über seine Wange um die restlichen Spuren seiner Trauer wegzuwischen, ehe ich leise murmelte: „Können wir, Ardy. Du hast mich viel zu sehr verändert als das ich wieder zurück in mein 'altes-Ich' schlüpfen könnte."
Leicht zuckte ich mit dem Mundwinkel und streichelte erneut sanft über seinen Wangenknochen.
Auch Ardy begann wieder leicht zu lächeln und lehnte sich wieder an meine Brust.
„Was passiert jetzt mit deiner Mutter?"
„Ich weiß nicht... die Ärzte meinten, sie müsse noch mindestens zwei Woche im Krankenhaus bleiben und sich erholen. Solange muss ich wohl alleine zurecht kommen."
„Hey, sag das nicht. Du bist nicht alleine, Kleiner. Du kannst solange bei mir wohnen, okay?"
Ardy hob erneut den Blick und sah mich ungläubig an.
„Im Ernst?"
Ich nickte nur.
„Und deine Mutter?"
„Die ist nicht da und der kann es auch reichlich egal sein was ich mache oder entscheide."
„Und du lässt es zu, mich einfach so in deiner Nähe zu haben...?"
„Ja."
„Wer bist du und was hast du mit Taddl gemacht!?", lachte er nun und mein Herz tat einen Satz.
„Spinner..."
Ich grinste verlegen und mein Gegenüber schüttelte lächelnd den Kopf.
„Danke..."
Ich winkte ab.
„Gegenleistung."
Eine Wärme breitete sich in mir aus als ich in seine wunderschönen, leicht verwirrten Augen blickte.
„Für?"
„Für dich."

Behind me ~ TardyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt