Kapitel 2

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Next Kapitel xD Das da oben ist ein Bild von Claire ^^

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"Ist etwas...?" frage ich vorsichtig nach und die grünen Augen des Ferox bohren sich in Meine. "Was weißt du über Unbestimmte Claire?"

Unbestimmte. Sie sind wie das Ungeziefer unserer Gesellschaft. Sie haben keinen Nutzen, sind gesetzlos und undefinierbar, sind fehlerhaft. Es graut mich davor einen Menschen mit dem Wort fehlerhaft zu beschreiben, als wären sie stumme, charakterlose Objekte, deren Wille man bestimmen und dessen Form man variieren kann. Menschen sind keine Objekte, sondern eben Menschen. Und auch wenn Unbestimmte vielleicht nicht so sind wie wir, sind sie noch lange nicht fehlerhaft. Natürlich habe ich diese Gedanken nie meiner Mutter gegenüber geäußert, aber still in mir denke ich, dass Unbestimmte nur deswegen gejagt und getötet werden, weil die Regierung sie nicht kontrollieren kann. Es gab immer wieder Vorfälle wo Unbestimme den neusten Technologien überlegen waren und diese überleben konnten. Dennoch vermute ich, dass die Dunkelzahl der toten Unbestimmten weit aus mehr ist, als zugegeben wird.
Ich schlucke und sehe Jack an. Ich brauche nicht zu fragen, ich sehe die Antwort in seinem Blick. Ich sehe mein Ergebnis in seinem Blick. Und ich weiß was das bedeutet. Ich kann nicht bei den Ken bleiben. Jackson, kurz Jack, räuspert sich. "Du kommst sowohl für Amite, Ken und Ferox in Frage, Claire. Ich werde das Ergebnis manuell eintragen und in deiner Akte heißt es dann, dass dein Ergebnis Ken ist...-" "Nein, bitte trag nicht Ken ein!" Ich spüre wie sein überraschter und verwirrter Blick auf mir liegt und wende den Kopf ab, nur um ihn dann durch den Spiegel anzusehen. Irgendwie geht es auf die Weise leichter. "Bei den Ken wäre ich in wenigen Tagen tot. Genauso wie bei den Candor. Altruan kommt für mich nicht in Frage, genauso wenig wie Amite, also..." Ich schließe die Augen und atme tief durch. "Bitte trag als Ergebnis Ferox ein" sagte ich monoton und starre mir dabei selbst in meine blauen Augen.

Es ist jetzt fast 5 Stunden her, dass ich erfahren habe, dass ich unbestimmt bin. Jetzt liege ich auf meinem Bett und starre an die Decke meines Zimmers. Die kahlen weißen Wände waren sonst für mich immer ein wohltuender Zufluchtsort, aber heute lassen sie mich einfach nur schlecht fühlen. Ich rolle mich zur Seite und sehe die Wand neben mir an. In anderen Zimmern hängen vielleicht Bilder oder Fotos an den Wänden, aber hier bei den Ken achten alle auf Sauberkeit und Ordnung. Bilder und Fotos stören da nur. Seufzend wälze ich mich hin und her. In ein paar Stunden wird meine Mum nach hause kommen und Antworten fordern. Sie wird mich nach meinem Test fragen, obwohl sie die Ergebnisse längst gesehen hat. Was sie wohl dazu sagt? Wahrscheinlich gar nichts. Morgen früh wird sie mich kurz umarmen und sagen, dass sie meine Entscheidung akzeptieren wird. Vielleicht nicht einmal das. Das Verhältnis zwischen meiner Mutter und mir war nie wie die typische Mutter-Tochter Verbindung. Sie sah mich mehr wie eine Arbeitskollegin, ein Kopf weniger der ab morgen höchstwahrscheinlich nicht mehr in den Laboren arbeiten konnte. Schade eigentlich, ich bin sicher ich wäre einmal in die Fußstapfen Jeanines getreten. Tja, leider stand nur absofort Ferox in meinen Unterlagen. Und ab morgen würde ich auch Eine sein. Zumindest teilweise, immerhin musste ich erst einmal die Initation überleben und ich war nicht gerade für meine Sportlichkeit oder Grausamkeit bekannt. Von meiner Ausdauer ganz zu schweigen.

Ich glaube ich muss nicht erwähnen, dass meine Motivation am nächsten Morgen hinüber ist. Meine Mum ist gestern erst spät am Abend wiedergekommen (Irgendwelche dringenden Angelegnheiten im Labor) und nun sitze ich gelangweilt am Frühstückstisch, während Amy, unser Hausmädchen, das Geschirr wäscht und meine Mutter schon wieder auf ihrem Tablet Dokumente anschaut
Ab und zu  bekomme ich ein wenig Aufmerksamkeit geschenkt in Form von "Sieh mal Claire, sind diese Werte nicht erstaunlich?" oder "Diese Altruan denken auch sie dürfen alles, findest du nicht auch Claire?". Ansonsten besteht unser alltäglicher Morgen aus Schweigen und den gelegentlichen Fragen von Amy, ob wir denn noch Tee wollten oder doch lieber Kaffee. An sich mochte ich Amy aber heute Morgen wünsche ich mir einfach nur meine Ruhe, obwohl Amys Stimme fast schon eine beruhigende und tröstende Wirkung hat. Irgendwann ist auch dieses Frühstück geschafft und langsam schlurfe ich in mein Zimmer um mich fertig zu machen. Dabei lasse ich mir etwas mehr Zeit als sonst und schaue mich ein letztes Mal in meinem Zimmer um, wo ich 16 Jahre lang gewohnt habe. Eigentlich sieht es mir nicht ähnlich nachtragend und emotional zu sein, aber wenn man genau weiß, etwas nie wieder zu sehen wird man eben automatisch so. Seufzend setze ich mir eine silber blaue Haarspange ins Haar und halte sie mir so aus dem Gesicht. Ein letztes Mal blicke ich in mein Zimmer, ehe ich die Tür hinter mir zu ziehe. Mit schweren und ziehenden Schritten gehe ich in den Flur, wo bereits meine Mutter ungeduldig auf mich wartet. "Komm schon Claire, wir haben nicht ewig Zeit" Sie hat keine Ahnung. Oder es ist ihr einfach egal. Ich persönlich tippe eher auf Letzteres.

Die Zentrale ist schon komplett überfüllt und ich stehe bei den anderen Ken Jugendlichen in meinem Alter, meine Mutter hat sich schon lange verabschiedet. Als man uns einlässt und die Fraktionen auf ihre Plätze gehen, setze ich mich einfach irgendwo möglichst Abseits in der Loge der Ken und warte desinteressiert ab. Erst wildes Geschrei und Gelache lässt mich aufschauen. Ich wende meinem Blick zu dem Lärm und meine Vermutung bestätigt sich. Die Ferox. Laut redend lassen sie sich auf ihre Plätze fallen und wieder einmal staune ich, was für merkwürdige Gestalten die Ferox doch hergeben. Da bleibt mein Blick an ein paar grüne Augen hängen. Jack. Er scheint mich ebenfalls erkannt zu haben, denn ich sehe, wie er mir kurz zu nickt und sich dann dem Typ neben sich zuwendet. Der Mann, der neben ihm steht, muss ungefähr im selben Alter sein, hat dunkelblonde Haare und zwei Piercings oberhalb der rechten Augenbraue. Genau wie Jack hat er einen muskulösen Körperbau, wobei ich sogar sagen würde, dass dieser Typ noch kräftiger wirkt als Jack. Seine Oberarme sind tättowiert, allerdings sieht es nicht aufdringlich oder abstoßend aus, im Gegenteil, irgendwie geben diese Tattos ihm einen verwegenen und wilden Ausdruck. Auch an seinem Hals schauen die Anfänge von Tattos hervor. Aber was mich am meisten fasziniert sind die Metallblauen Augen, die sich plötzlich in Meine bohren. In Ihnen liegt keine Freundlichkeit oder Nettigkeit, alles was ich aus ihnen lesen kann ist Kälte und ein Hauch von Interesse. Er muss meine intensive Musterung wohl bemerkt haben, anderenfalls kann ich mir das breite Grinsen auf seinem Gesicht nicht erklären, und verlegen wende ich den Blick ab, während mir das Blut in die Wangen schießt. Verdammt was ist los mit dir Claire? Du wirst doch sonst nicht so schnell rot! Die restliche Zeit bis zum Beginn der Zeremonie ignoriere  ich die Ferox und wartete einfach stumm auf die Rede meiner Mutter, welche auch bald anfängt. Ich machte mir nicht die Mühe zu zuhören, kenne ich den Text doch sowieso schon komplett auswendig (ich musste als Tochter von Jeanine bereits öfters bei diesen Feiern dabei sein). Irgendwann began Markus, ein Führer der Altruan, die Namen vorzulesen und nach und nach teilten sich die Jugendliche in ihre neuen, bzw. alten Fraktionen auf. Bald erklang der Name "Matthews". Ich atmete tief durch und ging dann erhobenen Hauptes hinunter auf die Bühne. Langsam, Schritt für Schritt, ermahne ich mich. Lass es nicht wie eine Flucht wirken. Eine Flucht wovor? Vor dem Tod, der unmittelbar mich geholt hätte, wäre ich bei den Ken geblieben? Vor einer Gruppe von Leuten, die Menschen wie Versuchkaninchen betrachten? Oder vielleicht sogar vor meiner Mutter? An dieser laufe ich im übrigen gerade vorbei und ein letztes Mal sehe ich ihr als eine Ken in die Augen. In diesem Moment wird mir klar, dass sie es weiß. Sie weiß von meinem Ferox Ergebnis und sie wusste auch, dass ich wechseln würde. Und trotzdem hat sie sich nie richtig verabschiedet. Sie hat mich gehen lassen. Einfach so, als wäre ich nur irgendeine Sekretärin für sie. Nichts weiter. All diese Gedanken schweben durch meinen Kopf, bis ein Zischen mich zurück holt. So eben ist mein Blut auf die Kohlen getropft. So eben habe ich für immer meine Ken abgelegt und schreite nun, mit erhobenen Kopf, hinunter zu meiner neuen Fraktion, welche mich mit Jubelschreien empfängt. Ich bin absofort keine Ken mehr, nein, ab jetzt bin ich eine Ferox.

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