Nachdem der Jeep am Hauptgebäude der Ferox angekommen ist, ist alles wieder beim alten. Fast als hätte man einen Schalter umgelegt, weicht der freundliche Ausdruck in Erics Gesicht wieder der kalten Anführer Miene. Und als er mich ansieht, erscheint es mir fast schon naiv zu glauben, dass das alles gerade real war und nicht nur ein Traum. Aber ich weiß, dass dieser warme und besorgte Eric existiert, dass hat er mir oft genug bewiesen. Man muss es nur schaffen, ihn hervor zu holen. Und wenn ich ehrlich bin: Sind Eric und Ich uns wirklich so verschieden?
Eine Weile stehen wir beide noch im stumm im Regen, ehe sich Eric abrupt abwendet und ins Gebäude marschiert. Da ich nicht wirklich scharf darauf bin, im nassen Unwetter zu stehen, folge ich ihm einfach. Eric sagt nichts dazu, er läuft einfach stur gerade aus. "Erzähl niemanden von dem Test" Perplex sehe ich zu ihm auf, oder besser gesagt zu seinem Rücken. Hatte er eigentlich schon immer so breite Schul- arghhh, falscher Gedanke Claire! "Warum?" frage ich und kann mir keinen Sinn aus seinen Worten bilden. "Es ist sicherer, glaub mir einfach" Da war er wieder, dieser herrischer Befehlston, eben wieder der Anführer Eric. Ich seufze leise auf und ich schätze, dass Eric das als Bestätigung nimmt.
Wenig später befinden sich meine Füße auf den Weg zum Schlafsaal. Die Worte meines Ausbilders schwirren in meinem Kopf herum. Es ist sicherer, glaub mir einfach. Wieso sollte es sicherer sein? Vor lauter Gedankengänge merke ich überhaupt nicht, wie mir plötzlich etwas entgegen kommt. Erst, als ich schmerzhaft gegen etwas Hartes laufe, blicke ich auf. "Oh tut mir leid, Ich -" Der umwerfende Geruch von Lavendel zieht mich in seinen Bann. "Peter!" Meine Stimme hört sich erschreckender Weise mehr wie der Laut eines verwundeten Tieres an, als wie eine menschliche Stimme. Die dunklen Augen von Peter bohren sich in meine und ein paar Sekunden stehen wir einfach nur überrascht da. Dann schlingt Peter auf einmal die Arme um mich und wirbelt mich herum. "Prinzessin! Was machst du denn schon hier?" grinst er mich an und lässt mich wieder runter. Ich lache und umarme meinen besten Freund fest. "Die Arbeiten bei den Ken sind alle abgeschlossen und ich konnte zurück. Es sei denn du willst, dass ich noch eine Weile weg bleibe, dann kann ich natürlich..." - "Ach Quatsch, natürlich will ich dich hier behalten. Es ist nur überraschend, dass die Prinzessin so früh in ihr Schloss zurück kehrt" zwinkert er mir zu. Erneut lache ich und boxe ihm spielerisch gegen die Schulter. Jetzt, wo er wieder vor mir steht, fällt mir erst aus, wie sehr ich meinen besten Freund vermisst habe. Doch als ich ihn mir genauer ansehe, stelle ich erschrocken fest, dass etwas anders an ihm ist als sonst: Die Augenringe unter seinen Augen sind noch tiefer und noch dunkler als vorher, seine Züge wirken erschlafft und insgesamt sieht er einfach nur müde und erschöpft aus. Natürlich, das können alles Folgen der Simulationen sein, aber etwas in mir sagt mir, dass dem nicht so ist. Irgendetwas muss passiert sein irgendetwas, dass ihm zusetzt. "Was ist passiert?" frage ich leise und weiß nicht einmal selbst, warum ich flüster. Peters Augen werden für einen kurzen Moment noch dunkler als sie ohnehin schon sind und er weicht meinem Blick aus. "Alles in Ordnung, nur die Simulationen" Würde ich Peter nicht so gut kennen, würde ich ihm bestimmt diese Lüge abkaufen. Aber dadurch, dass ich ihn inzwischen besser kenne, als jeden anderen, sehe ich die Lüge in seinen Worten. Er lügt mich an. Selbstverständlich, es gibt immer Dinge über die man selbst mit seinen besten Freunden nicht reden will, aber wieso scheint es Peter förmlich zu zermürben, dass er mich anlügt? Am liebsten würde ich weiter fragen, meine Neugier droht mich zu zerfressen, aber mein Instinkt sagt mir, dass das keine gute Idee ist. Also belasse ich es bei einem Nicken und starre interessiert auf die Wand hinter Peter. "Wo ist Cia?" - "Bei diesem Alex und Emily." - "Du magst sie nicht, oder?" - "Nein, nicht wirklich." Unsere trocken Konversation liegt mir schwer im Magen, seit wann ist Peter so still? Allerdings stimmt was er sagt, er mag die beiden gebürtigen Ferox wirklich nicht. Dies beruht jedoch auch auf Gegenseitigkeit. Und erst jetzt wird mir richtig klar, wie alleine Peter eigentlich ist. Natürlich, Cia, Peter und Ich sind Freunde, aber die Symphatie zwischen Cia und Peter war noch nie die Beste. Ich glaube, Cia bevorzugt sowieso eher die Gesellschaft der beiden gebürtigen Ferox als Peters und allen anderen Initianten geht es genau so. Für sie ist Peter nur eine Gefahr, ein tödlicher Initiant, der alle umwalzt. Dabei ist Peter genauso verletzlich und verwundbar, wie wir alle. Ich habe nie daran gedacht, was ich für den dunkelhaarige Fast-Ferox bedeute; Immerhin bin ich die einzige, die zu ihm hält. Cia verbringt scheinbar eher zwangsweise Zeit mit ihm. Im Grunde genommen heißt das, ich bin der Einzige den er hat. Von dem Gedanken überwältigt, schlinge ich meine Arme um Peters Oberkörper, der die Umarmung mehr als überrascht erwidert. "Womit hab ich das denn jetzt verdient?" fragt er scherzend, aber ich kann die Überraschung aus seiner Stimme heraus hören. "Einfach so" nuschel ich in sein schwarzes T-Shirt und atme tief seinen beruhigenden Geruch ein. Ohne Frage, ich liebe Peter. Aber wie einen Bruder und nicht wie einen Partner. Und ich bin unendlich froh darüber, dass Peter genauso denkt. Denn es war nie eine Frage, in welcher Beziehung wir zueinander stehen. Wir beide fühlen einander wie Geschwister es tun, nicht mehr und nicht weniger.
Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie glücklich ich über einen Freund wie ihn bin."CLAIRE!" Die schrille Stimme der jungen Ferox hallt durch die gesamte Grube wieder und ein paar der anderen Anwesenden sehen sie verstört an. Cia jedoch interessiert das herzlich wenig, quieckend kommt sie auf mich zugelaufen und fällt mir stürmisch um den Hals. "Claire, Claire, Claire! Du bist wieder zurück!" Mit einer fast schon kindlichen Freue hüpft die ehemalige Altruan vor mir auf und ab und sieht mich begeistert an. Es ist mir fast schon ein wenig unangenehm, immerhin liegen die Blicke der gesamten Grube auf uns, und verzweifelt versuche ich Cia zu beruhigen. Doch die blonde Ferox lässt sich einfach nicht ausschalten und aufgeregt zieht sie mich zu der Gruppe Ferox hin. In meinem Rücken kann ich Peters warmes Gelächter warnehmen und unwillkürlich muss ich kopfschüttelnd seufzen. Dieses Mädchen ist wirklich zu aktiv.
"Seht mal, wer wieder hier ist" quietscht Cia und schiebt mich in die Mitte der Gruppe. Die kleine Gruppe besteht hauptsächlich aus Initianten, manche sind Wechsler, manche Gebürtig. Unter den gebürtigen erkenne ich auch Emily und Alex, welche mich beide anstrahlen. "Schön dich wieder bei uns zu haben" sagt Emily und schließt mich in ihre Arme. Lächelnd erwidere ich die Begrüßung und als die Rothaarige mich los lässt, wende ich mich an den blonden Großen. Alex steht mit verschränkten Armen vor mir und grinst auf mich herunter. Gerade als ich fragen will, warum er grinst, tut er etwas, womit ich nie gerechnet hätte. Er packt mich an der Taille, hebt mich hoch und wirbelt mich einmal herum. Erschrocken keuche ich auf und stützte mich auf seinen breiten Schultern ab. Lachend entlässt mich Alex wieder auf den Boden und wuschelt mir einmal durchs Haar. "Willkommen zurück, Kleine"
Gerade will ich mich über meinen neuen Kosenamen beschweren, als ein Schnauben hinter mir ertönt. Im ersten Moment fürchte ich, dass es von Eric kommt, doch ein Blick über meine Schulter belehrt mich eines Besseren. "Ich denke nicht, dass sie klein ist" sagt Peter und seine Stimme zittert aus einem unbekannten Grund vor Wut. Auf Alexs Gesicht erscheint ein steinerner Ausdruck, seine Augen werden schlagartig dunkel. "Wen interessiert deine Meinung?" Die Angespanntheit zwischen den Beiden ist beinah spürbar und es ist mir wieder einmal ein Rätsel, wieso die beiden sich so hassen. Es sind Männer, Claire. Die müssen nun mal ihre Revier Kämpfe austragen, schließlich kann nur ein dominantes Männchen existieren. Warscheinlich stimmt das sogar. Unsere Urinstinkte siegen manchmal eben doch. Auch wenn ich stark bezweifle, dass einer der beiden hier das dominante Männchen ist."Also..." Erfolglos versuche ich die knisternde Situation zu entschärfen. "Wer hat Lust auf ein bisschen Training?"Seit einer Woche bin ich nun wieder bei den Ferox. Nach und nach hat sich mein Alltag wieder eingegliedert und alles ist wieder beim Alten. Auch zwischen mir und Eric ist alles wie zuvor, er ist genauso abweisend und kalt zu mir, wie zu allen anderen auch. Einerseits beruhigt mich diese Tatsache. Andererseits enttäuscht es mich, dass Eric das, was auch immer es zwischen uns war, einfach so abtut. Letztenendes hat mein Verstand mit Sicherheit doch Recht und ich war für Eric nichts weiter als eine gelegentliche Ablenkung. Das wird es wohl sein.
Gedankenverloren marschiere ich über das Außengelände der Ferox und genieße den frischen Wind in meinen Haaren. Zufrieden schließe ich die Augen und atme tief ein. Vielleicht war es doch keine so schlechte Idee die Ferox zu wählen?
"Claire" Eine vollkommen unbekannte Stimme reißt mich aus meinen Überlegungen. Doch, so unbekannt ist mir die Stimme gar nicht. Denn als ich mich umdrehe steht vor mir niemand anderes als Liv.
"Liv!" Ich kann meine Überraschung nicht verstecken. Wieso ist Liv bei den Ferox?
"Warum bist du hier?" frage ich verwirrt und Liv schaut für einen Moment auf den Boden.
Dann hebt sie wieder den Blick und sieht mir fest in die Augen."Wir müssen reden"
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Unique - das erste Buch der »Unique« Reihe
FanfictionHighest Ranking: #1 in "Divergent" (14.09.2018) #2 in "Eric" (4.07.2018) #1 in "Tris" (6.07.2018) #16 in "Fantasy" (14.8.2017) _________________________________________ »I'm no angel, I'm just me, but I will love you endlessy« Eigentlich wa...