Kapitel 6

5K 168 9
                                    

Ich dachte immer ich sterbe einmal als alte Frau glücklich auf der Veranda meines Hauses. Aber seit ich die 'liebevollen' Weck Methoden von Four kenne überlege ich mir das glaube ich nochmal. Denn als Four am nächsten Morgen mit einem Metall Rohr gegen das Geländer schlägt, sterbe ich fast an einem Herzinfakt. Vor Schreck falle ich aus dem Bett und lande unsanft auf den kalten Boden. Ich hasse diesen Tag jetzt schon. "Wir treffen uns in 10 Minuten in der Grube. Wer nicht pünktlich ist hat ein Problem" meint Four herzlos und ist bereits wieder weg. Schnaubend will ich aufstehen, als eine Hand vor meinem Gesicht auftaucht. Überrascht blicke ich hoch und bin noch überraschter als ich den Besitzer der Hand sehe. Peter. "Hat die Prinzessin gut genächtigt?" fragt er spöttisch und augenverdrehend nehme ich seine Hand und ziehe mich hoch. "Ja, sehr gut. Vielen Dank der Nachfrage" sage ich zuckersüß und schnappe meine Sachen. Als Peter sich wieder entfernt hat, kann ich den skeptischen Blick von Cia auf mir spüren. Fragend sehe ich sie an. Sie hebt eine Augenbraue und nickt Richtung Peter. "Was war DAS?" fragt sie ungläubig und ich kann nicht anders als kurz zu grinsen. "Eine Unterhaltung" gebe ich als informative Antwort und verziehe mich dann ins 'Bad'. Ich schmeiße mir ein wenig kaltes Wasser ins Gesicht um wach zu werden und putze mir dann schnell die Zähne. Anschließend kämme ich mir die Haare. Zurück bei den Betten beginne ich mich dann umziehen und da ich keine Ahnung habe, was mich heute erwartet entscheide ich mich für die Leggins und das Top. Beide Sachen liegen eng an und auch wenn ich kein Fan der Farbe schwarz bin, muss ich sagen, dass es gar nichr so schlecht aussieht. "Du siehst wie eine echte Ferox aus" meint Cia staunend und ich lache leicht. "Du aber auch" sage ich lächelnd und gemeinsam schlendern wir in die Grube. Wir sind einer der Ersten die hier sind und erleichtert stelle ich fest, dass die anderen genauso müde wirken wie ich. Endlich sind alle eingetrudelt und four beginnt zu sprechen. "Heute ist der erste Tag eurer Initation, welche sich in Zwei Phasen teilt. Die erste Zielt auf den Körper, die zweite auf den Geist. Ihr werdet in beiden Phasen mit Punkten bewertet und diese bestimmen euer Ranking" "Das Ranking ermittelt außerdem wer geht" dringt plötzlich eine Stimme hinter uns durch die Stille und alle drehen sich zu ihr um. Überraschenderweise steht dort Eric und dieser kommt nun langsam durch uns hindurch geschlendert nach vorne, wobei er jeden ganz genau mustert und anschaut. Anders als alle sehe ich weiter nach vorne zu Four, welcher aber inzwischen nicht mehr mich, sondern etwas neben mir anschaut. Ich ahne Böses. Und wirklich. Als ich leicht zur Seite sehe steht dicht neben mir Eric und sieht mich direkt an. Jackpot. Sein kalter Blick bohrt sich in meine Augen und es ist wie ein Kampf mit Blicken. Wegsehen bedeutet aufgeben. "Wer nach einer der Phasen unterhalb der roten Linie steht ist raus" sagt Eric emotionslos und behält mich weiter im Blick. Ich muss nach oben sehen um ihm in die Augen zu schauen, da ich gerade mal bis zu seinen Schultern reiche. Noch mehr Jackpot. Das wirkt mit Sicherheit total ernstzunehmend. "Raus?" piepst da die kleine Amite und endlich, endlich hat Eric genug von mir und dreht sich zu dem zierlichen Mädchen. "Richtig. Das heißt ihr scheidet aus der Initation aus" Er geht nach vorne und stellt sich neben Four. "Zurück zu euren Eltern könnt ihr nicht, also werdet ihr Fraktionslos" Entsetztes Raunen. "Das hätte man uns sagen müssen!" platzt es einem Mädchen aus Candor heraus. "Wieso, hättest du dich dann anders entschieden? Dann kannst du gleich gehen! Wenn ihr Ferox seid dann werdet ihr nicht einmal daran denken zu versagen!"
Stille. "Ihr habt euch für uns entschieden, jetzt müssen wir uns für euch entscheiden"

Keuchend stehe ich vor einem der Sandsäcke und versuche das Ding irgendwie zu bewegen. Erfolglos. Dabei gebe ich mir wirklich Mühe alles genauso zu machen wie Four es uns gezeigt hat und meinen Berechnungen nach zu urteilen müsste es eigentlich auch klappen. Ich lege eine kleine Pause ein und schiele zu Cia. Sie ist ein naturtalent, denn auch wenn sie noch relativ schwach sind, jeder ihrer Schläge sitzt perfekt. Frustriert streiche ich mir die Haare zurück und blicke zim Sandsack. Mein Kopf rattert und versucht den besten Einschlagswinkel zu finden. Wenn ich von rechts unten komme dann müsste er.."Wer hat dir erlaubt eine Pause einzulegen Initiantin?" sagt auch eine kalte Stimme hinter mir und bringt mich dazu erschrocken herum zu wirbeln. Natürlich ist es niemand anderes als Eric der dort steht und mich missbilligend ansieht. Ich werfe ihm nur einen kalten Blick zu der seinem Konkurrenz machen könnte und wende mich dann wieder an den Trainingssack. Ich gebe mir alle Mühe das Ding wenigstens etwas zu bewegen, nur für jetzt wo Eric jede meiner Bewegungen analysiert. Irgendwas erinnert mich daran stark an den Blick der Ken, den fast jeder dort drauf hat. "Du denkst zu viel nach" irritiert sehe ich ihn an. "Wie bitte?" - "Du denkst zu viel nach. Du versuchst zu rechnen und dabei geht dir Kraft verloren. Hör auf Hypothesen aufzustellen und fixier einfach den Punkt an wo du hinschlagen möchtest. " Als ich mich immer noch nicht rühre seufzt er genervt auf. Dann packt er mich etwas grob an der Taille und dreht mich Richtung Sandsack. Mit seinem Fuß schiebt er meine Beine etwas auseinander und anschließend nimmt er wieder seine Hände weg, nur um daraufhin seine rechte Hand auf meinen Bauch zu legen und einen leichten Druck auszuüben. "Halt hier mehr die Spannung" sagt er und ich kann ihn nur anstarren. Ich bin kein Körperkontakt gewohnt, bei den Ken gibt es immer so etwas wie einen "Sicherheitsabstand" und dementsprechend verwirrt und verunsichert bin ich durch sein Handeln. Verunsichert? Ja, ich schätze das bin ich wirklich. Einerseits breitet sich in meinem Körper eine kribbelnde Wärme aus von dort, wo er mich berührt, andererseits würde ich am liebsten wegspringen und ihn anfauchen mir nie wieder zu nahe zu kommen. Erst das Heben einer Augenbraue seinerseits holt mich in die Realität zurück und während ich mich abwende und einen Punkt auf dem Trainingssack fixiere, spüre ich wie das Blut in meine Wangen schießt. Wieder diese untypische Röte, wieder diese gewisse Nervosität, die ich in seiner Nähe empfinden. Als ob ich jederzeit auf der Hut sein müsste. Ich schlage ein paar Mal zu und tatsächlich schwingt der Sack ein paar mal hinher. Ein Triumphsgefühl durchströmt mich. Ich hab es geschafft! Mit einem siegessicheren Lächeln schaue ich über meine Schulter zu Eric und erst da fällt mir auf, wie nah er mir eigentlich gekommen ist. Mein Lächeln verschwindet langsam und ich sehe ihn an. Er nickt nur. "Schon besser" sagt er, nimmt jedoch seine Hand nicht weg und sieht mich weiter an. Ich erwidere den Blick und auf einmal wird mir unsaglich heiß. Vor Anstrengung oder aufgrund seiner Nähe weiß ich nicht. Es fühlt sich an wie Stunden die wir da stehen und uns einfach nur ansehen, aber warscheinlich sind es nur ein paar Sekunden die wir so verharren, ehe er wortlos seine Hand weg nimmt und zum nächsten Initianten geht. Ich atme ein paar mal durch und versuche meinen rasenden Puls zu beruhigen. Was um Himmels Willen war das gerade? Ich schaue zu Cia und sehe, dass Four bei ihr steh und irgendwas wohl zu ihr gesagt haben muss, denn jetzt lächelt sie ihn an und ich glaube sogar ein kleines Lächeln auf Fours Lippen gesehen zu haben. Unwillkürlich steckt mich das Lächeln der Zwei an und ich wende mich wieder dem Boxsack zu oder besser gesagt will es, aber ein Arm versperrt mir die Möglichkeit zu trainieren. "Also..." höre ich Peters Stimme "Du bist keine 24 Stunden hier und flirtest schon deinen Anführer an?" Ich verdrehe die Augen, obwohl es mir innerlich sehr missfällt das Peter Eric und mich gesehen hat. "Er hat mir gezeigt wie man richtig steht" gebe ich knapp zurück und schiebe seinen Arm beiseite um weiter zu machen. Er grinst amüsiert auf mich runter. Ich übe weiter die Schläge und tatsächlich klappt es schon viel besser. "Wollen wir später was zusammen machen?" Peters Frage bringt mich etwas aus dem Konzept. "Wie bitte?" - "Du hast mich schon verstanden Prinzessin" Ungläubig schaue ich Peter an, dann zucke ich mit den Schultern. "Solange Cia mitkommen kann gerne" Während meine Ellenbogen auf das harte Leder einschlagen beobachte ich Peter aus den Augenwinkeln. Cias Anwesenheit scheint ihm ziemlich zu missfallen, trotzdem nickt er. Wieder einmal überrascht mich sein Verhalten, anfangs schätzte ich ihn nicht gerade als einen netten und sozialen Menschen ein. Tja, man kann sich in Menschen täusschen. "Gut, dann bis nachher" mit diesen Worten geht Peter wieder auf seinen Platz. Schweigend sehe ich ihm hinterher, dann übe ich weiter.

Als Four und Eric uns endlich entließen stolperte ich förmlich nach draußen. "Das halt ich nicht aus" murmel ich Cia zu, die nur grinst. Auf dem Weg zum Schlafraum wünsche ich mir einfach nur eine heiße Dusche, aber ich werde auf keinen Fall in Anwesenheit der anderen duschen. Also lege ich mich seufzend auf mein Bett. Cia setzt sich mir gegenüber und ich bemerke, dass sie ein leicht verträumtes Lächeln auf den Lippen hat. Ich muss sie unbedingt auf das Gespräch zwischen Four und ihr ansprechen, obwohl...eigentlich geht es mich nichts an. Ich werde die Sache einfach im Auge behalten. Plötzlich senkt sich das Bett neben mir und ich blicke neben mich. Peter sieht mich und Cia abwartend an. "Also?" "Also was?" fragt Cia skeptisch. "Was machen wir?" Mir ist nicht entgangen, dass sehr viele im Raum uns anstarren und miteinander tuscheln. Besonders ein kräftiges, ehemaliges Candor Mädchen schaut böse zu uns rüber. Ich zucke die Schultern. "Keine Ahnung schlag was vor" Peter grinst schelmisch und auf einmal wirkt er nicht mehr wie der fiese Candor, der mich im Zug ausgelacht hat, sondern eher wie ein frecher Schuljunge. Unwillkürlich muss ich lächeln. Und jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher, ob Peter wirklich so ein schlechter Kerl ist.

Unique - das erste Buch der »Unique« Reihe Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt