Kapitel 9 - Verkorkste Gesellschaft

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"Das glaube ich auch..." flüstere ich. Er zieht mich noch ein bisschen näher an sich und gibt mir einen Kuss auf die Stirn. Wir stehen noch eine Weile in dieser Position bis es langsam dunkel wird. "Wir sollten weiter fahren, bevor sich deine Eltern noch Sorgen machen." nuschelt er in mein Haar. Benommen nicke ich, er kann ja nicht wissen das meine Mom verstorben ist. Wir lösen uns aus unserer Umarmung und steigen wieder in den Pick-Up. Während er erneut den Motor startet, hole ich mein Handy aus meiner Tasche und sehe drauf. Wow, das hätte ich jetzt nicht erwartet. Sieben verpasste Anrufe von Ella und dreiundzwanzig Nachrichten. Jedoch sind davon siebzehn von Liam. Pff, der kann mich mal.

Oder vielleicht habe ich ja auch übertrieben und sollte ihm verzeihen? Nein, sollte ich nicht. Oder vielleicht doch?
"Was machst du da?Leg' sofort dein Handy weg!" sagt er etwas panisch. Sofort sperre ich mein Handy und stopfe es schnell in meine Tasche.
"Und wieso sollte ich es jetzt wegpacken?" frage ich etwas verwirrt.
"Na, weil ich dachte du willst mich googeln, und das will ich nicht. Ich finde es reicht wenn wir wissen wie wir heißen und wie alt wir sind. Sobald man den anderen im Netz sucht ist der ganze Zauber und Nervenkitzel an der Sache hin." lächelt er. Er hat Recht, wir suchen sofort nach dem anderen im Netz wenn wir ihn nicht kennen. Schon irgendwie traurig.
Ich seufze und lausche weiter den Texten meiner absoluten Lieblingsband. Wie so oft an diesem Tag sehe ich aus dem Fenster und kann sehen wie die Sonne die Straße nur noch spärlich beleuchtet. Lediglich kleinere Fetzen schaffen es den Asphaltboden zu berühren. Zum vorerst letzten Mal an diesem Tag fährt er runter vom Highway. Wir befinden uns relativ nah an dem Bezirk in dem ich wohne. Jacob lässt die Fenster herunter und man kann schon von Weitem das Rauschen des Meeres hören. Es ist mittlerweile schon dunkel geworden und man könnte denken, dass es ziemlich kalt sein muss, ist es aber nicht.Es sind noch kuschlige 23 Grad was üblich für Florida in dieser Jahreszeit ist. Er fährt weiter die Dünen hinauf bis der Wagen auf dem vermutlich lauwarmen Sand zum stehen bleibt. Ich ziehe mir meine Schuhe sowie meine Socken aus und lasse sie achtlos auf meinem Sitz liegen. Ich steige aus, laufe barfuß auf dem warmen Sand. Jacob trottet mir ebenfalls barfuß hinterher.

Er setzt sich hinten auf die Ladefläche seines Pick-ups und klopft mit der flachen Hand einladend auf die Stelle neben sich. Ich tapse hin und setze mich zu ihm. Wir stehen auf einer Klippe, vor uns das türkisblaue Meer. Man kann die Wellen hören wie sie gegen die Felswand schlagen und somit brechen. Jacob wühlt unter der Decke die neben ihm liegt und fischt kurz darauf eine Packung Zigaretten heraus. Aus seiner linken vorderen Hosentasche holt er ein Feuerzeug heraus. Er zündet sich eine Zigarette an und zieht genüsslich daran. "Gott, die war nötig..." murmelt er. Ich klaue ihm die tabakgefüllte Stange und inhaliere selbst die kalten Dämpfe. Ich versuche den Rauch solange wie möglich in meinen Lungen zu halten bevor ich ihn wieder heraus blase. Nach zwei weiteren Zügen reiche ich ihm seine Zigarette. Er mustert mich entsetzt und sagt bloß: "Du rauchst!?"
Ich zucke bloß mit den Schultern und nicke stumm. "Ach ja..." flüstere ich und ernte somit einen interessierten Blick seinerseits. "Du hattest Recht, die war wirklich fällig." grinse ich ihn frech an. Er schüttelt daraufhin bloß lachend den Kopf und schnipst den verglühenden Zigarettenstummel in den Sand. Kurz darauf lässt er sich rücklings auf die Ladefläche fallen. Ich tue es ihm gleich und sehe in den mit Sternen übersähten Himmel.

"Wunderschön..." flüstere ich. Er stimmt mir zu.
"Und wann fahren wir zum letzten Stopp?" frage ich frech. Er schlägt mir lachend leicht gegen den Oberarm."Du hast alles kaputt gemacht." sagt er trocken und steht wieder auf. Auch ich stehe auf nachdem ich mich dazu überwunden habe. Bevor wir wieder in seinen Wagen steigen, klopfen wir unsere Füße ab um keinen Sand herein zu schleppen. Als wir wieder auf unseren Plätzen sitzen, zieht er sich rasch seine Schuhe an und startet zum letzten mal heute den Motor. Während er immer weiter weg von den Klippen fährt starre ich aus dem Fenster. Als er gerade in die Ecke zur Colonial Street biegt sage ich:"Stopp, halt hier bitte an."
Er sieht mich verwirrt lächelnd an und hält.
"Ich wohne nur zwei Straßen weiter, ich kann den Rest zu Fuß gehen." schmunzele ich. Er nickt.

Ich lehne mich zur Tür und will aussteigen, doch er greift nach meinem Handgelenk und hält mich fest.

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thatgurlnamed <3

Catching LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt