The First Taste #II

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Sookie und ich setzten uns auf die sehr bequemen Verandastühle und ich stellte das Tablett zwischen uns auf einen Hocker. Wir schwiegen uns an, da ich absolut nicht wusste, wie ich ein Gespräch anfangen sollte. „Möchtest du auch einen Whiskey?", fragte ich schliesslich, als ich mir bereits meinen dritten an diesem Tag einschenkte. „Nein danke, ich trinke nicht gerne Alkohol.", sagte Sookie lächelnd und griff wieder nach ihrem Wasserglas. Auch sie schien verunsichert. Schnell nahm ich einen großen Schluck um mir etwas Mut anzutrinken. Normalerweise hatte ich das überhaupt nicht nötig, aber jetzt, wo ich jemanden getroffen hatte, der anscheinend genau so war wie ich, fühlte ich mich extrem unsicher. „Sookie, wie lange kannst du schon Gedanken lesen?", platzte es aus mir heraus. Sie schrak kurz zusammen, anscheinend war meine Frage energischer rüber gekommen, als beabsichtigt. „Ähm.. Also eigentlich so lange ich denken kann. Es hatte also keinen bestimmten Anfang."-„Und du kannst die Gedanken von allen hören?"-„Eigentlich ja. Bis ich gestern Abend diesen Vampir getroffen habe, Bill. Seine kann ich irgendwie nicht lesen. Meinst du etwas bei mir ist kaputt?" Ich musste grinsen. „Warum grinst du?"-„Wir reden darüber, dass du Gedanken lesen kannst, und weil du die Gedanken von einem Vampir nicht hören kannst, denkst du etwas stimmt nicht mit dir?" Nun musste sie auch grinsen. „Ja, ich habe mich inzwischen dran gewöhnt. Du aber nicht, oder?" Ich schüttelte den Kopf. „Warum nicht? Hat es bei dir erst vor Kurzem angefangen?"-„Sozusagen. Ich habe schon immer die Gefühle von anderen Menschen spüren können, also ich wusste wie es ihnen geht, wie so Schwingungen die von ihnen ausgehen. Gedanken lesen ist erst später aufgetaucht, als ich so 12 Jahre alt war. Als ich allerdings bemerkte, dass ich eher bestraft als gelobt werde, wenn jemand mitkriegt, was ich kann, habe ich versucht es loszuwerden. Das hat auch irgendwann funktioniert. Ich habe nur noch sehr selten die Gedanken von anderen gehört, nicht mehr permanent. Und dann halt wieder gestern Abend, als ich dich getroffen habe."-„Oh.", war das Einzige was Sookie zu sagen hatte. „Und warum können wir das?", fragte ich sie. „Ich habe absolut keine Ahnung Lisa, tut mir leid." Ich kniff die Lippen zusammen und nickte stumm. Erst jetzt merkte ich, dass ich eigentlich gehofft hatte, dass Sookie mir Antworten geben kann. „Aber ich habe immer gedacht ich bin die Einzige, jetzt sind wir wenigstens zu Zweit.", versuchte sie mich aufzumuntern. Dabei griff sie nach meiner Hand und drückte sie. Diese einfache, tröstende Geste beruhigte mich zu meinem Verwundern sehr. Sehr lange hatte mich niemand mehr so liebevoll behandelt, wie Sookie heute. Sie hatte mich umarmt, mir tröstende Blicke während der Beerdigung zu geworfen und jetzt hielt sie meine Hand, obwohl sie wahrscheinlich genau so viel Unterstützung nötig hatte wie ich - schliesslich konnte auch sie Gedanken lesen. Ob sie wohl auch solchen Selbsthass empfand, wie ich es manchmal tat? „Sookie... Darf ich dich was persönliches fragen?"-„Süße, wir sprechen gerade darüber, dass wir beide Gedanken lesen können. Ich glaube bei persönlich sind wir schon angekommen."-„Hasst du dich manchmal selbst? Dafür, dass du anders bist?" Sookies Blick verschwamm und sie blickte ins Leere. Ihre Augen wurden feucht und sie drückte noch einmal fest meine Hand, bevor ihr Blick wieder klar wurde und sich ein kleines Lächeln auf ihrem Gesicht abzeichnete. „Früher einmal. Ich fand mich seltsam, und das definitiv nicht im positiven Sinne. Meine Mutter hatte Angst vor mir, mein Vater hat das Ganze einfach ignoriert. Es war schrecklich. Nachdem sie verstorben sind, bin ich zu meinen Großeltern gekommen. Meine Großmutter, Adele, hat mir von da an allerdings beigebracht, dass ich nicht seltsam, sondern besonders bin. Und das besonders sein immer etwas Gutes ist. Sie hat mein Selbstwertgefühl enorm aufgebessert in den letzten Jahren. Du hast sie vorhin auf der Beerdigung kennengelernt. Es tut mir so furchtbar leid, dass sie verstorben ist, deine Großmutter Brunhilde."-„Schon okay. Danke dir. Ich habe sie seit 10 Jahren nicht gesehen, und nur sehr spärlichen Kontakt zu ihr gehabt. Hier mal eine Weihnachtskarte, dort mal eine Geburtstagskarte." Ich dachte darüber nach, wie mein Leben wohl verlaufen wäre, wenn ich so eine Großmutter wie Sookie gehabt hätte. „Oh, wie kam das? Also, wenn ich fragen darf?" Ich lächelte verbissen. „Das ist eine sehr lange Geschichte. Die erzähle ich dir ein anderes Mal, ok?"-„Aber na klar." Sie drückte wieder meine Hand, die immer noch in ihrer lag. So saßen wir dort, Hand in Hand, und genossen das Gefühl, endlich jemanden gefunden zu haben, der genauso war wie man selbst. „Kannst du noch was anderes? Außer Gedanken lesen, meine ich?", hakte ich neugierig nach. „Nein, ‚leider' nur das. Und du? Kannst du noch mehr?"-„Ja, ich hab ja vorhin kurz erzählt, dass ich die Gefühle von Anderen spüren kann. Es ist nicht so, dass ich nur besonders gut beobachten kann. Es ist so, dass die Gefühle zu mir rüber wabern wie Nebel. Manchmal kommen solche Gefühle auch von Gegenständen, solche, die besonderen emotionalen Wert haben. Tagebücher, Schmuck und so."-„Oh wie spannend! Erzähl mir mehr davon!", entgegnete Sookie und beugte sich aufgeregt vor. Es war ein unglaublich schönes Gefühl, zu sehen, dass sich jemand für meine „Fähigkeiten" interessierte und sich nicht angewidert von mir abwandte oder mich bestrafte.

Who Am I? - True Blood.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt