Ich brachte kein Wort heraus - Sookie schrie noch immer. Es war eine gefühlte halbe Ewigkeit her, dass ich eine Leiche gesehen hatte, und ich vermisste diesen Anblick absolut gar nicht. Mein Kopf schaltete auf Abwehrmodus, ich blendete alle Geräusche aus und mein Gedankenkarussell hielt an. Das Bild von Sookie, die sich jetzt über die tote Dawn beugte, brannte sich in meine Netzhaut und ich wusste, es würde mich für eine sehr lange Zeit nicht mehr loslassen.
Dann merkte ich, dass jemand hinter uns das Haus betreten hatte - es war Jason. Er sagte etwas, aber ich hörte immer noch nichts - das einzige Geräusch, dass zu mir durchdrang, war ein leiser, sehr heller, durchdringender Ton. Sookie warf sich in seine Arme und auch er schien völlig überrumpelt von der Szenerie. Kurz darauf kam schon eine vierte Person in Dawn's Apartment - eine ältere Frau in Nachthemd. Sie drückte sich an uns vorbei Richtung Bett, drehte sich dann in Jason's Richtung sagte etwas. Ich stand immer noch wie angewurzelt auf dem Fleck, aber langsam fing mein Gehör wieder an vernünftig zu funktionieren. „...Sie hat auf sie geschossen, und sie rannten weg. Und jetzt ist sie tot!", hörte ich aus dem Mund der Frau.
Jetzt redeten alle durcheinander. Jason beteuerte seine Unschuld, Sookie versuchte aus ihm herauszubekommen, was vorgefallen war, und die Frau zeterte weiter rum, bevor sie beschloss die Polizei zu rufen. Sie stürmte also aus dem Haus - Jason schmetterte den Blumenstrauß weg, den er für Dawn mitgebracht hatte, und lief dann ebenfalls hinaus zur Tür. Sookie sagte irgendwas, aber ich reagierte nicht. „Lisa?", sagte sie nun eindringlicher und berührte mich am Oberarm. Ich zuckte zusammen. „Ja?"-„Alles ok bei dir?"-„Ja, sorry, ich... ich steh grad völlig neben mir."-„Ich auch.", sagte sie verbissen und wir verließen gemeinsam das Haus. Draußen stellten wir fest, dass sich bereits eine Meute zum gaffen angesammelt hatte. „Na toll.", sagte Sookie, „typisch Bon Temps."
Kurz darauf traf auch schon die Polizei ein. Wir saßen erneut in Dawn's Haus und wurden der Reihe nach von Sheriff Bud Dearborne gefragt. Als ich an der Reihe war, schien er es äußerst interessant, dass ich die Enkelin von Brunhilde Ballard war. „Wirklich ein Jammer, dass sie verstorben ist. So ein Verlust für unsere Gemeinde. Und sie sind hier um ihren Nachlass zu verwalten?"-„Ja, genau. Ich bleibe und 14 Tage hier, dann muss ich zurück nach Hause."-„Ja, sie wohnen in Miami, richtig?"-„Richtig."-„Und wo sind sie aufgewachsen?-„In Washington DC." Warum fragt er mich das alles? Das gehört sicher nicht zur Befragung... Sookie saß zusammen mit Jason auf dem Sofa und wartete auf ihre Befragung - bei meinen Gedanken musste sie lächeln. Eine Welle von Belustigung ging von ihr aus - eine willkommene Abwechslung von den Gefühlsströmen voller Angst, Trauer und Entsetzen, die seit der Entdeckung von Dawn auf mich einströmten. „Ah, ja, sehr schön. Ok, und woher kennen sie Dawn?"-„Ich kenne sie nicht. Ich habe sie nur einmal kurz im Merlotte's gesehen, aber nicht mit ihr gesprochen. Ich bin mit Sookie hergefahren."-„Ah, ok, und warum sind sie mit Sookie hergefahren?"-„Wir wollten nach Dawn gucken, sie war zu spät zu ihrer Schicht."-„Und wo sind sie her gekommen? Wo waren Sookie und sie?" Ich merkte, wie Sookie sich versteifte und mein Blick huschte in ihre Richtung. „Sag nicht, dass wir bei Bill waren!", hörte ich plötzlich ganz klar in meinem Kopf. Ich konnte gerade noch ein Nicken unterdrücken - dann antwortete ich. „Wir waren shoppen, in Shreveport." Sookie entspannte sich. Keiner hatte etwas von unserer stillen Kommunikation mitbekommen.
Nachdem auch Sookie befragt wurde, verließen wir erneut das Haus. Wir setzten uns auf die Treppenstufen und ich zündete mir eine Zigarette an. „Willst du auch eine?" Sie blickte mich nur an, antwortete aber nicht. „Nicht?", hakte ich nach. „Hast du meine Antwort nicht gehört? Ich habe sie gedacht."-„Nein, gar nichts."-„Komisch, eben hat es noch funktioniert. Vielleicht muss ich es energischer probieren." Jetzt blickte sie mich ganz konzentriert an. „Nein, ich will keine Zigarette.", hallte es in meinem Kopf. „Es hat funktioniert!" Sookie lächelte mild. „Super, dann haben wir jetzt ein Kommunikationsmittel für den Notfall." Dann nahm sie meine Hand und drückte sie. Ein Mann trat vor uns und wir guckten beide zu ihm hoch. „Hi Sam.", sagte Sookie matt. „Hi Sookie." Ich erkannte ihn wieder, da ich ihn bereits auf der Beerdigung meiner Großmutter gesehen hatte. „Sam, dass ist Lisa. Du hast sie schon auf der Beerdigung von"-„Ja, von Brunhilde gesehen. Ich weiß. Schön dich kennenzulernen Lisa, auch wenn es traurige Umstände sind, die dich hier her nach Bon Temps geführt haben. Mein Beileid." Er streckte mir die Hand hin und ich ergriff sie. „Danke, Sam. Ebenfalls schön dich kennenzulernen, Sookie hat mir schon viel von dir erzählt."-„Ich hoffe nur Gutes!"-„Selbstverständlich - Dank ihrer guten Erziehung blieb ihr gar nichts anderes übrig." Wir mussten alle ein wenig schmunzeln.
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Who Am I? - True Blood.
FanfictionIn dieser Story geht es um Lisa Ballard - eine junge Frau, die aus einem sehr traurigen Grund nach Bon Temps kommt, ihrer Intuition folgt, und deswegen wesentlich länger dort bleibt, als sie geplant hatte. Mit Hilfe vieler neuer Freunde lernt sie ni...