Doch bevor ich richtig fallen konnte, fing er mich auf. Das Tagebuch noch immer fest an mich gedrückt sah ich ihm in die tiefen, dunklen Augen, die fast genauso fesselnd waren, wie die von Germán! Aber halt nur fast... Lange standen wir da und sahen uns tief in die Augen. Doch schon der nächste laute Donnerschlag ließ mich zusammenfahren und zerstörte somit diesen wunderbaren Moment. Der junge Mann hob mich einfach so hoch und trug mich zu seinem Haus. Ich war noch immer am Zittern, nun aber mehr vor Unbehagen statt vor Kälte. Dennoch hielt ich mich erschöpft an ihm fest und legte ihm sogar meinen Kopf auf die Schulter. Er trug mich in sein Haus, vorbei an seinen anscheinend verblüfften Eltern, den ich es nicht verübeln konnte, dass sie so überrascht waren, in sein Zimmer, wo er mich sanft auf seinem Bett ablegte.
Ohne irgendein Wort zu sagen, verließ er den Raum. Ich sah mich ein wenig um. Es hingen viele Bilder vom Studio hier in seinem Zimmer und auch Plakate von unseren Shows. Eins erkannte ich sofort wieder. Es war das Plakat von unserem Weihnachtskonzert. Ich musste unwillkürlich lächeln. Das war noch eine wunderbare Zeit... Maria war noch am Leben, Ich war nicht in Germán verliebt und Violetta lag nicht im Koma. Die Tür öffnete sich wieder und er betrat erneut den Raum mit ein paar Handtüchern. Ich setzte mich erschöpft auf. Er setzte sich schweigend neben mich und legte sanft ein Handtuch um meine Schultern. Ich lächelte zaghaft. „Danke für die großzügige Hilfe!", sagte ich leise. „Das ist doch kaum der Rede wert! Ist doch selbstverständlich!", meinte er. Ich schüttelte den Kopf. „Nein, ist es nicht...", erwiderte ich erschöpft.
„Wie heißen Sie?", fragte er mich sanft. „Du... Duze mich bitte... Ich heiße Angeles, aber Angie reicht voll und ganz!", antwortete ich genauso sanft. „Angeles ist ein sehr schöner Name und er passt perfekt zu dir!", grinste er leicht. „Danke, aber darf ich auch wissen, wie mein Retter heißt?", fragte ich lächelnd. Er lachte leicht. „Aber natürlich. Mein Name ist Diego... Einfach nur Diego", lächelte er. Müde legte ich ihm meinen Kopf auf seine Schulter. „Diego ist auch ein sehr schöner Name!", murmelte ich mit einem leichten lächeln auf den Lippen. Ich schloss die Augen und spürte nur wie Diego mir sanft über die Haare fuhr. „Danke!", flüsterte er sanft, daraufhin drückte er mich wieder in sein Bett und deckte mich vorsichtig zu. „Aber jetzt schlaf erstmal ein wenig, Angie! Du bist ja vollkommen fertig!", meinte er fürsorglich und strich mir eine Strähne aus dem Gesicht. Lächelnd schlief ich dann auch wirklich ein.
Ich träumte von Vilu und Germán. Wir waren auf Líssás Hof. Espinosa war inzwischen ausgewachsen und eingeritten, Violetta saß stolz auf ihrem Rücken und galoppierte über den Platz. Kurz darauf nahm sie den ersten Sprung und Espinosa flog gerade zu über die Stangen. Strahlend ritt Vilu auf uns zu und blieb vor dem Zaun stehen. Sie lächelte mich glücklich an. Es war schön sie wieder auf einem Pferdrücken zu sehen. „Sie ist ein wunderbares Springpferd, aber genug trainiert! Gehen wir ausreiten?", fragte Violetta mich und Germán. Ich nickte und ging mit Germán in den Stall. Ich nahm Corazón, wie immer natürlich, und Germán nahm Angeles, auf der Vilu eigentlich immer geritten ist. Gemeinsam putzten wir die Pferde und sattelten sie.
Lachend gingen wir zurück zu Violetta. Sie ritt im Trab über den Platz, ließ Espinosa angaloppieren und flog gerade zu über den nächsten Sprung. Ich gurtete kurz nach und schwang mich ebenfalls in den Sattel. Ich warf einen kurzen Blick auf Germán, der mich glücklich an lächelte. Sanft drückte ich meine Beine an Corazóns Bauch und sie lief los. Violetta verließ mit Espinosa den Reitplatz und trabte elegant den Schotterweg in den Wald entlang. Die feinen Kieselsteine flogen etwas zur Seite. Germán und ich folgten Vilu grinsend. Gedankenverloren sah ich ihnen nach, bis mich eine Berührung in die Gegenwart zurück holte. Germán hatte mir sanft eine Strähne aus dem Gesicht gestrichen. Ich sah ihm in die Augen und verlor mich sofort in ihnen.
Ich spürte wie Corazón stehen blieb. Angeles blieb ebenfalls stehen. Germán wandte den Blick kurz ab, um Angeles so nah an uns zu lenken, dass ich mit meinem Bein ihren Bauch berührte. Nun hob er wieder den Blick und ich erschrak. Da saß nicht mehr Germán auf Angeles, sondern Diego, der mich sanft an lächelte. Er streckte die Hand nach mir aus und legte sie auf meine Wange. Ich erwiderte das Lächeln glücklich. Langsam kamen wir uns näher, bis ich seinen Atem auf meiner Haut spüren konnte. Wir hielt kurz inne, so als würden wir drüber nach denken, ob es richtig ist, was wir taten... Ich war mir sicher... Kurz entschlossen überbrückte ich die letzten Millimeter und küsste ihn!
Dann wurde ich wach. Mein Herz schlug immer noch schnell. Ich sah mich um. Ich lag immer noch in Diegos Bett und er saß neben mir auf den Boden. Er war eingeschlafen. Sein Kopf lag neben mir auf der Bettkante. Noch immer schlug mein Herz schnell und ungleichmäßig. Ich versuchte mich aufzusetzen, doch ein stechender Schmerz durchfuhr meinen Körper. Ich verkrampfte total und schnappte angespannt nach Luft. Augenblicklich war Diego wach und sah mich erschrocken an. Er nahm kurz meine Hand und fühlte dann meine Stirn und meine Wangen. „Du glühst ja, Angie! Ich werde einen Arzt holen!", sagte er entschieden und verließ schnell das Zimmer. Ich fing an zu zittern.
Ich nahm Germáns Tagebuch wieder in die Hand und versuchte etwas zu lesen, doch ich schaffte es nicht mal meine Hand zu heben. Mir liefen verzweifelt die Tränen über die Wangen. Es dauerte ein wenig, bis Diego wieder zurück kam. Er setzte sich neben mich auf sein Bett, nahm sanft meine Hand und streichelte mir sanft über die Wange, was mich ein wenig beruhigte. „Gleich wird ein Arzt kommen! Du brauchst keine Angst haben, Angie! Du bist nicht alleine!", murmelte er mir leise zu. Ich nickte schwach und umklammerte krampfhaft seine Hand. Mein Atem ging schwach, zittrig und ungleichmäßig. Diego musterte mich besorgt. Er machte Anstalten mir Germáns Tagebuch aus der Hand zu nehmen, doch ich zog es noch ein bisschen mehr an mich. Er könnte es mir nicht abnehmen.
Niemals!
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Tanzen ist das was mich ausmacht ✔
FanficFortsetzung von 'Singen ist das was mich ausmacht'. Nach Violettas Geburtstag hat Maria einen tödlichen Unfall... Violetta ist am Boden zerstört. Angie versucht so gut es geht die Familie auf andere Gedanken zu bringen, das sie ihre eigenen Gefühle...