Ich schlief an Angies Seite ein. Ich träumte von Angie, wie sie im Krankenhaus lag und in meinen Armen starb. Sie verabschiedete sich kraftlos von mir eh das EKG anfing schrill zu piepen. Es dauerte nicht lange und ich begriff, dass der Piepton nicht aus meinem Traum war. Erschrocken fuhr ich hoch. Das EKG fand keinen Herzschlag. Ich musste schwer schlucken. Sanft strich ich über ihre Wange.
„Angie? Angie! Bitte! Du darfst jetzt nicht sterben! Ich brauche dich doch!", schluchzte ich auf.
Ärzte stürmten in den Raum und eine Krankenschwester führte mich aus dem Raum. Bevor sie wieder den Raum betreten konnte, hielt ich sie fest. „Stop, warten Sie bitte!", sagte ich verzweifelt. Die Schwester blieb stehen und drehte sich zu mir um. „Was ist?", fragte sie ungeduldig. „Hat Angie noch Familie? Außer ihrem Schwager?", fragte ich leise. Die Frau sah mich traurig an, aber sie nickte. „Ihre Nichte... Sie können sie gerne besuchen. Neurologie, Zimmer 219." Mit diesen Worten drehte sie sich um und verschwand in Angies Zimmer. Neurologie? Klingt nicht so gut... Dennoch machte ich mich auf den Weg. Ich suchte den Weg durch das Krankenhaus und befand mich nach 10 Minuten in der Neurologie. Ich sah auf die Raumnummern.
„215... 216... 217... 218... Da, 219!", murmelte ich unsicher.
Ich starrte auf die Tür. „Soll ich oder nicht?", fragte ich mich selbst. Doch dann überwand ich meinen inneren Schweinehund und klopfte an. „Herein?", hörte ich eine aufgeregte Männerstimme. Ich schluckte und betrat den Raum. „Was willst du denn hier?", fuhr mich der Mann an. „Ich freue mich auch dich zu sehen, Germán!", antwortete ich abwesend. Er war sofort still. „Warum bist du hier? Ich dachte, du wolltest zu Angie? Das ist nicht Angie, sondern meine Tochter Violetta!", sagte er misstrauisch. „Ich war ja auch bei Angie! Aber dann kam da eine Kleinigkeit dazwischen und ich wollte einfach mal ihre Familie kennenlernen...", antwortete ich seufzend. Germáns Blick lag wieder auf seiner Tochter. Sie war fast genauso schön wie Angie. Aber halt nur fast! „Was... Was ist mit Angie?", stammelte Germán gerade. Ich versuchte die Tränen zu unterdrücken, aber das war schwerer als erwartet.
„Also... Ich... Es war so...", fing ich die Sätze an, doch ich wollte keinen von ihnen richtig beenden.
Gegen meinen Willen fing ich an zu schluchzen. Germán sah mich panisch an, stand auf und drückte mich auf den Stuhl, wo er noch gerade saß. Er selbst setzte sich neben seiner Tochter auf das Bett. „Was ist passiert, Diego?", fragte er mich nun sehr angespannt. „Ich weiß nicht, was passiert ist... Ich bin neben ihr eingeschlafen und wurde vom EKG wach. Laut dem EKG hatte Angie keinen Herzschlag mehr... Ich habe Angst, dass sie stirbt. Wenn ich gewusst hätte, was sie für einen Hintergrund hatte... Ich hätte sie sofort zurückgebracht!", schluchzte ich ärgerlich. Germán sah mich nur stumm an. Ich senkte leise schluchzend den Blick und heftete ihn auf den grau gemusterten Boden. „Du kannst nichts dafür...", murmelte Germán leise. „Du hattest keine Ahnung, Diego. Angie ist nun mal stur, das war ihre Schwester auch. Wenn Maria ihren Willen durchsetzen wollte, dann tat sie es auch und Angie ist aus demselben Holz geschnitzt." Ich hob den Blick und sah, dass auch Germán Tränen über die Wangen liefen. Er lächelte etwas.
„Du meintest, du hättest Angie das Leben gerettet. Wie meintest du das?", fragte er mich etwas scheu und wandte seinen Blick ab.
„Als ich Angie gefunden habe, saß sie weinend und erschöpft unter einem Baum im Gewitter. In diesen Baum schlug ein Blitz ein und stand sofort in Flammen. Als ich begriffen hatte, dass der Baum umstürzen würde und sie sich nicht vom Fleck bewegte, rannte ich hinaus in den Sturm und trug sie dort weg. Keine Sekunde zu spät. Denn kaum, dass ich sie dort weg hatte, brach der Baum um und auf die Stelle wo Angie saß. Ich habe sie dann zu mir nach Hause getragen...", erzählte ich und schluchzte ab und zu auf. Germáns Blick konnte ich nicht wirklich definieren. Glaubte er mir oder nicht? „Was ist mit Angies Schwester?", fragte ich vorsichtig nach. Germán seufzte und schloss kurz die Augen. „Also, du musst mir gar nichts sagen. Es ist deine Entscheidung!", fügte ich hinzu. „Maria... Also Angies Schwester und Violettas Mutter... Sie ist vor ein paar Monaten bei einem Autounfall gestorben... Ein paar Wochen nach Marias Tod fiel Violetta dann erst ins künstliche Koma und dann ins Koma. Angie hat diesen ganzen Blödsinn nur veranstaltet, weil sie Vilu so nicht ertragen konnte... Es tut mir so leid!", schluchzte nun auch Germán. Ich wusste nicht was ich sagen sollte.
„Danke, dass du mir das erzählt hast und das mit deiner Frau tut mir echt leid...", murmelte ich leise.
Germán nickte nur. Ich sah zu Violetta und auch ihr liefen Tränen über die Wangen. „Meine Mutter ist Ärztin. Eine sehr gute sogar. Ein paar Sachen habe ich von ihr gelernt...", murmelte ich und spürte Germáns Blick auf mir liegen. „Und?", fragte er mich. „Auch wenn die anderen Ärzte nicht dran glauben... Deine Tochter wird irgendwann wieder aufwachen. Du musst nur Geduld haben. Sie zeigt Reaktion, deshalb weint sie auch. Sie hört alles was wir bereden. Sie wird bestimmt nicht sterben! Bei Angie... Bei Angie bin ich mir da nicht so sicher...", erklärte ich und wurde zum Ende hin immer langsamer und leiser. Germán lächelte gezwungen. „Danke, Diego! Ich weiß nicht warum, aber ich mag dich wirklich gern. Ich hoffe, du passt gut auf Angie auf!", sagte Germán dann. Ich lächelte zaghaft. „Natürlich passe ich auf sie auf! Darauf kannst du dich verlassen!", antwortete ich mit fester Stimme. Germán klopfte mir sanft auf die Schulter. „Am besten, du gehst jetzt zurück zu Angie. Es wird schon alles besser werden!", meinte er. Ich nickte zustimmend, stand auf und ging zur Tür. Bevor ich den Raum verließ drehte ich mich noch einmal um. „Vielen Dank, Germán!", sagte ich noch und verschwand dann. Ich lief den Gang entlang, zurück zu Angies Zimmer. Angies Zimmer war leer. Angie und die Ärzte waren verschwunden. Ich spürte wie die Panik in mir hoch kam und rannte zum Schwesternzimmer.
„Wo... Angie?", fragte ich in Panik.
Die diensthabende Krankenschwester sah mich verständnislos an. „Bitte was möchten sie?" Ich stützte mich am Türrahmen ab. „Angeles Carrara... Wo ist sie?", fragte ich etwas atemlos. Die Schwester sah im Computer nach. Sie verzog etwas das Gesicht. „Also Angeles Carrara.... Ja, ich habe hier etwas... Sie finden sie im 2. Stock auf der Intensivstation. Station 4", erzählt sie mir, aber sie schien nicht sehr interessiert zu sein. Ohne ein Wort drehte ich mich um und rannte die zwei Stockwerke zur Intensivstation nach oben. Bevor ich den Raum betreten konnte, wurde ich von einem Arzt abgefangen. „Stop, wo wollen Sie denn hin?", fragte er mich. „Angeles Carrara!", antwortete ich schnell und wollte weiter laufen. Doch er hielt mich wieder auf. „Sie können nicht zu ihr!", sagte der Arzt diplomatisch. „Warum denn nicht?", fuhr ich ihn an. „Sie wird gerade Notoperiert!" Ich starrte ihn geschockt an.
Wie kann das sein?
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Tanzen ist das was mich ausmacht ✔
FanfictionFortsetzung von 'Singen ist das was mich ausmacht'. Nach Violettas Geburtstag hat Maria einen tödlichen Unfall... Violetta ist am Boden zerstört. Angie versucht so gut es geht die Familie auf andere Gedanken zu bringen, das sie ihre eigenen Gefühle...