21 ~ Angie

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Als ich wieder wach wurde, stand ich mitten in einem weißen Nebel. Weiße, fluffige Wolken umspielten meine Knöchel. Ich lief los und es war ein wunderbares Gefühl. Es war wie ein Wattegefühl unter meinen Füßen. Das weiße Kleid (Medium), welches ich trug, flatterte angenehm im Wind. Es ging mir ein bisschen bis über das Knie und ein weißes Band mit einer weißen Blüte zierte das Kleid. Es war ein wenig mit Spitze verziert. Meine Haare waren mir nach hinten gebunden worden und fielen mir in leichten Locken in den Rücken. Wo war ich hier? Eine weiße Perlenkette zierte meinen Hals und ich fühlte mich frei von Schmerz und Trauer. Barfuß schlenderte ich durch die Wolken und den Nebel. „Angie? Angie!", hörte ich eine Stimme. Ich drehte mich neugierig um. „Diego?", fragte ich lächelnd und ließ meinen Blick schweifen, doch ich fand ihn nicht. „Bitte! Du darfst jetzt nicht sterben! Ich brauche dich doch!", hörte ich Diegos Stimme sagen. Panik stieg in mir auf. Ich lief durch den Nebel, die ganze Zeit auf der Suche nach Diego. 

„Diego? Wo bist du?", rief ich, doch ich bekam keine Antwort. Danach war seine Stimme verschwunden und somit auch das Gefühl seiner Anwesenheit. Ich ging langsam weiter. Mir kamen langsam die Tränen. Doch dann lichtete sich der Nebel und es erstellte sich ein Bild. Vor meinen Augen erstreckten sich saftige grüne Wiesen mit vielen Blumen. Ich schlenderte durch die Wiese. Wo bin ich hier? Es ist ein wunderschöner Ort. Hier will ich nicht mehr weg. „Angeles...", hörte ich eine schmerzlich bekannte Stimme hinter mir. „Maria...", antwortete ich leise. Ich spürte die Tränen über meine Wangen laufen und drehte mich zu ihr um. Ihr weißes Kleid umspielte sanft ihre Beine und ihre dunkelbraunen Haare wehten im Wind. „Wo bin ich?", fragte ich traurig. Langsam schritt Maria auf mich zu. „Meine Angie...", sagte sie sanft. „Die Frage ist nicht wo, sondern warum? Deine Zeit ist noch nicht gekommen. Du hast Menschen auf der Erde, die dich vom ganzen Herzen lieben und dich nicht aufgeben wollen!" Ich fiel ihr in die Arme und schluchzte. 

Sie drückte mich an sich. „Willst du damit sagen, dass ich im Himmel bin?", fragte ich mit weinerlicher Stimme. Ich spürte wie Maria nickte. Ich schluchzte wieder. „Geh wieder zurück, Angie! Du gehörst noch nicht hierher! Du hast Freunde, die dich über alles lieben", beruhigte sie mich. Ich stieß sie sauer von mir weg. „Nenne mir eine Person, die mich liebt! Eine einzige! Germán ist auch sauer auf mich, weil so einfach abgehauen bin und Pablo hasst mich, weil ich nicht mehr richtig Arbeiten konnte vor Trauer! Ich habe niemanden der mich liebt! Du bist tot und Violetta liegt im Koma ohne Hoffnung, dass sie wieder aufwacht! Was soll ich denn noch da?", schrie ich sie weinend an. Maria strich sanft über meine Schulter. „Aber du hast jemanden vergessen...", murmelte sie ruhig. „Wen?", fragte ich hoffnungslos und senkte den Blick. „Komm mit! Ich zeige es dir!", sagte Maria und lief los. Ich folgte ihr und lief mit ihr über die grünen Wiesen. Wir kamen zu einem Tisch auf feinsten Stein. „Wow, was ist das?", fragte ich interessiert. „Bergkristall. Nicht sehr wertvoll, aber hilfreich!", grinste Maria. 

Ich setzte mich auf die grüne Wiese und pflückte Blumen, die ich zu einem wunderschönen Blumenkranz flechte. Maria beschäftigte sich mit dem Bergkristalltisch. Leise summte ich eine ausgedachte Melodie und vergaß alles um mich herum. So merkte ich auch nicht wie meine Schwester Diegos Namen nannte. „Sieh her!", sagte Maria und holte mich zurück in die Gegenwart. Ich stand auf und ging auf den Tisch zu. Das klare Weiß ist etwas milchig geworden. Als das Bild etwas klarer wurde, sah ich Diego. Wie er zusammengesunken auf einem Stuhl saß. Immer wenn eine Tür auf ging schreckte er sofort hoch und ich hörte, wie er aufgeregt nach mir fragte. Immer wieder ließ er sich verzweifelt auf den Stuhl zurücksinken. Ich sah, dass er Tränen in den Augen hatte. Ich spürte wie mein Herz traurig klopfte. Er tat mir ehrlich leid. „Was hat er?", fragte ich vorsichtig. Maria starrte mich fassungslos an. „Das fragst du mich jetzt nicht im Ernst?! Sieh ihn dir genau an!" Ich musterte ihn. Er saß auf der Intensivstation und starrte auf die Tür. Er zitterte stark und war schneeweiß im Gesicht. Ab und zu liefen ihm ein paar Tränen über die Wangen. 

Noch ein Arzt betrat den Gang. Wieder stand er auf und ich hörte wie er sich wieder nach mir erkundigte. Der Arzt schüttelte den Kopf und verschwand dann schweigend. Weinend ließ sich Diego wieder auf den Stuhl fallen. „Was ist passiert?", fragte ich hektisch. Marias Blick war traurig auf Diego geheftet. „Sie haben ihm gerade übermittelt, dass du tot bist! Er liebt dich wirklich, Angie! Geh zurück... Ihr werdet zusammen sehr glücklich sein!", versuchte sie mich zu überreden. Ich sah nachdenklich auf das Bild, welches langsam verblasste. „Ich weiß nicht...", murmelte ich nachdenklich. Maria sah mich traurig an. „Meine liebste kleine Schwester... Sag mir was dich hier hält?", sagte sie dann plötzlich. Ich sah mich um. Dann fiel eine Person in meinen Blick. „Ist das?", fragte ich lächelnd und mit Tränen in den Augen. „Ja, das ist er!", antwortete Maria. Ich fing an zu weinend und rannte vor Freude kreischend auf ihn zu. Ich fiel ihm um den Hals und warf uns beide um. „Langsam Angie!", sagte er lachend. „Aber ich bin so froh dich wieder zu sehen!", antwortete ich weinend und lachend. 

„Aber ich bin hier um dir zu sagen, das deine Zeit hier noch gekommen ist!", sagte er nun ernst. Ich stand auf. „Du auch noch? Wollte ihr mich los werden oder wie? Es ist doch so wunderschön hier!", maulte ich beide an. „Angie! Das hier ist nicht dein Leben! Denn dein Leben hast du noch vor dir! Du gehörst noch nicht hierher!", schrie er mich an. „Du hast doch keine Ahnung, Papa! Du weißt gar nicht wie es da unten ist! Ich leide da nur und hier? Hier ist alles friedlich und es ist so wunderbar!", fing ich wieder an und sah mich verträumt an. Mein Vater schüttelte den Kopf. „Was ist mit Violetta? Sie hat schon ihre Mutter verloren. Soll sie auch noch ihre geliebte Tante verlieren?", fauchte er mich an. Ich schüttelte verunsichert den Kopf. „Und was ist mit Germán? Er liebt dich mehr als mich!", fügt Maria hinzu. Ich sah ihren etwas verletzten Blick, wandte dann aber den Blick ab. „Was soll Pablo machen? Er wird seine beste Freundin verlieren!", setzte Papa noch einen drauf. 

„Und Diego wird seine große Liebe verlieren!", murmelte Maria und sah wieder zu dem Kristalltisch. Ich war sehr unsicher und dachte nach. Ich ließ meinen Blick zwischen Papa und Maria hin und her schweifen. „Aber ich würde euch verlieren!", erwiderte ich traurig. Papa und Maria umarmten mich fest. „Wir werden auf dich warten. Wir werden da sein, wenn deine Zeit gekommen ist! Aber jetzt solltest du zurück gehen!", sagte Maria ruhig. Ich seufzte. Was sollte ich nur machen? Um ehrlich zu sein, fehlen mir Germán, Diego und Violetta auch, aber die könnte ich doch alle von hier oben aus sehen, aber Papa und Maria nicht. Ich schluchzte auf. „Ich habe meine Entscheidung getroffen... Ich hoffe, es ist die richtige... Auch wenn es mir sehr, sehr schwerfällt!"

Welche Entscheidung Angie wohl trifft?


Tanzen ist das was mich ausmacht ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt