Papa hatte beschlossen, dass alle Sachen von Mama einen eigenen Raum bekommen würden und wir alles so hinstellen würden, sodass es aussehen würde, als würde sie jeden Moment nach Hause kommen, von ihrer Tour. Wir wählten dafür ihren Lieblingsraum aus. Es war das Dachzimmer. Hier standen viele Sachen von Mama, da es früher immer ihr Rückzugsort war.
An der Wand hingen Bilder von mir, Papa, Angie und ihr selbst. Es war auch ein total aktuelles Bild darunter. Auf dem Bild waren Angie, Espinosa und ich. Ich nahm das Bild und nahm es mit in mein Zimmer. Ich stellte es auf die Kommode in Angies und mein Zimmer. Angie und Papa waren gerade dabei, die Kleider von Mama aus dem Schlafzimmer ins Dachzimmer zu bringen. Papa hat mir erlaubt, die Kleider immer zu tragen, wenn ich es will.
Ich sollte eigentlich etwas essen, da ich schon nichts gefrühstückt habe, aber so richtig hunger habe ich gar nicht, deshalb habe ich auch nur zwei Erdbeeren und eine Weintraube gegessen. So habe ich wenigstens etwas im Magen. Traurig lief ich in den Garten. Von hier aus rannte ich direkt zu dem Baum, auf dem ich saß, als ich mich mit Angie gestritten hatte. Ich kletterte barfuß in den Baum und legte mich auf den selben Ast wie früher und erinnerte mich daran, wie Mama und Angie auf der Treppe saßen und wie Angie weinte.
Wegen mir ist Angie die Treppe runtergefallen... Sie hatte mir Gott sei Dank verziehen, aber trotzdem habe ich immer noch Schuldgefühle... Es ist ja auch noch nicht solange her. Angie kam gerade die Treppe runter gelaufen. Anscheinend suchte sie etwas. Ich kramte auf dem Tisch herum, aber das was sie suchte fand sie nicht. Ich sah wie Angie etwas wütend durch das ganze Wohnzimmer warf und dann weinend auf den Boden zusammenbrach.
Im selben Moment kam Papa die Treppe runter gerannt und er kniete sich neben sie. Ich sah wie er beruhigend auf sie ein redete, aber sie reagierte nicht auf ihn. Und dann nahm er sie in den Arm. Mir fielen fast die Augen aus dem Kopf. Papa hatte Angie doch immer gehasst... Aber es war ja Mama, die gestorben ist... Da findet man doch etwas Zusammenhalt. Papa und Angie saßen ganz lange auf dem Boden, Arm in Arm.
Vorsichtig kletterte ich von dem Baum und ging rein. Sie bemerkten mich nicht. Hin und wieder schluchzte Angie auf und ich sah wie Papa sie dann ein Stückchen fester an sich drückte. Olga kam aus der Küche um den Tisch zu decken, schließlich gab es bald Abendessen. "Violetta, wie siehst du denn aus?", rief Olga entsetzt. Papa und Angie fuhren auseinander und beide drehten sich zu mir um. Ich sah wie Angie sich noch schnell die Tränen aus den Augen wischte. "Violetta, woher hast du all die Kratzer? Ritzt du dich etwa?", fragte Papa mich entsetzt. Ich sah an mir runter.
Mein Rock hat ein paar grüne Flecken, die wahrscheinlich nie mehr rausgehen, mein weißes Top ist auch verdreckt und ich war an den Armen und Beinen sehr stark zerkratzt. Es blutete auch ein wenig. Ich schüttelte den Kopf. "Nein, Papa, ich ritze mich nicht. Ich bin nur auf den Baum geklettert, da musst ich mir die Schrammen zugezogen haben." Papa gab sich mit der Antwort zufrieden, Angie auch, nur Olga nicht. Sie stürmte auf mich zu und zog mich in die Küche. "Kind, Kind, Kind, sowas geht doch nicht."
Mit einer Handbewegung bedeutet sie mir, dass ich mich setzen solle. Ich kletterte auf den Tisch. Olga ging zum Waschbecken und kurz an den Medikamentenschrank. Als Olga sich um drehte und sah wo ich saß, verdrehte sie kurz die Augen und schüttelte den Kopf. Mit einem nassen Tuch wusch sie mir alle Kratzer aus. Sie drehte sich kurz zum Waschbecken und ich roch einen mir sehr bekannten, beißenden Geruch.
Bevor mir klar wurde, was es war und ich abhauen konnte, hatte Olga schon die ersten Wunden mit Alkohol desinfiziert. Es brannte fürchterlich und ich schrie laut auf vor Schmerz. Innerhalb von Sekunden kamen Angie und Papa in die Küche gestürmt. Als Papa sah, das Olga mir nur die Wunde säuberte, verschwand er wieder. Angie blieb bei mir. Sie stellte sich direkt hinter mich und legte ihr Kinn auf meine linke Schulter und legte mir vorsichtig beide Armen um den Bauch. Ich lehnte mich vorsichtig an sie.
Hin und wieder verkrampfte ich, als Olga frischen Alkohol auf die Wunden machte. Olga bedachte mich und Angie mit einem sanften Lächeln. "Wenn Maria euch jetzt sehen würde,...", fing Olga an, verstummte dann aber als sie sah, das Tränen in mir aufkamen. Angie nahm mich fester in den Arm und ich drückte mich fester an sie. Uns würde niemand mehr trennen. Wirklich niemand, nicht mal Papa... Mir war klar, das Angie jetzt genau dasselbe durch den Kopf ging.
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Tanzen ist das was mich ausmacht ✔
FanfictionFortsetzung von 'Singen ist das was mich ausmacht'. Nach Violettas Geburtstag hat Maria einen tödlichen Unfall... Violetta ist am Boden zerstört. Angie versucht so gut es geht die Familie auf andere Gedanken zu bringen, das sie ihre eigenen Gefühle...