Schmerz

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Aus Danielles Sicht:
Ich musste einfach weg. Ich hielt das nicht aus. Es war zu viel für mich. Ich rannte und rannte, in der Hoffnung irgendwann würde mir die Kraft ausgehen, irgendwann wäre ich am Ende, jedoch war das nicht der Fall. Ich rannte weiter und weiter, tief in den Wald hinein. In der Mitte des Waldes, in der Nähe des Bayous, blieb ich stehen. Ich schlug gegen die Bäume und schmiss sie um. Mit meiner Magie verwandelte ich einen ganzen Hecktar Bäume in Kleinholz, das ich dann anschließend verbrannte. Aber noch immer fühlte ich mich nicht besser. Ich hämmterte wie wild gegen die Bäume. "Danielle?", hörte ich eine vertraute Stimme. Ich drehte mich zu dieser Person. "Jackson", sagte ich. "Was ist passiert?", fragte er und kam ein paar Schritte näher. "Es ist...", begann ich, aber ich konnte nicht weiter reden und brach stattdessen wieder in Tränen aus. "Ganz ruhig", sprach Jack zu mir und umarmte mich. Ich brauchte das - Trost. "Elijah... Er ist vielleicht tot. Bitte sag Hayley vorerst nichts", bat ich ihn. "Ja, sicher", versprach er mir. Ich versuchte ruhiger zu atmen, mich wieder zu beruhigen. Er hielt meine Schultern fest und sagte zu mir tief in die Augen blickend:" Es hilft darüber zu reden." "Ich bin noch nicht bereit dafür", widersprach ich. "Das ist nicht schlimm. Irgendwann bist du es", sprach Jackson. Er hatte recht. "Jack", rief jemand. Ich versteckte mich so schnell ich konnte hinter einem Felsen. "Was machst du da?", rief die Stimme. "Nichts", log Jack. "Es gibt gleich Essen", schrie die Frau zurück. "Ich komme", versicherte Jackson ihr und dann verschwand sie zurück ins Haus. "Geh nur zu Hayley", sagte ich zu ihm. "Brauch ich mich um dich nicht zu sorgen?", fragte er mich. "Nein. Und jetzt geh", sagte ich mit einem aufgezwungenen Lächeln. Das tat er und das trotz, dass er wusste, dass es mir noch immer nicht gut geht. Er wusste, dass ich jetzt Zeit für mich brauche. Langsam trottete ich in Richtung Villa. Ich eilte nicht, sondern ließ mir Zeit. Als ich wieder auf das Grundstück kam, blickte ich auf den Brunnen. Dort hin gingen Elijah und ich, als es mir auf dem Ball schlecht ging, als ich zusammen brach. Den Weg daneben liefen wir in der Nacht, in der ich mich in einen Wolf verwandelt habe, entlang. Alles steckt voller Erinnerungen. Überall, trotz seiner Abwesenheit, war er. Wieder kamen mir die Tränen. Ich hasse es zu weinen. Ich hasse es. Ich hasse es schwach zu wirken und keine Kontrolle zu haben, nicht dazu in der Lage zu sein stark zu sein. Ich hasse es so sehr, den Schmerz. Ich will, dass es aufhört. Ich will, dass dieser Schmerz verschwindet. Ich halte das nicht aus. Es ist unaushaltbar. Ich weiß nicht, wie es ist zu sterben, aber ich glaube das ist schlimmer als der Tod. Das Schlimmste, was es gibt ist jemanden geliebten zu verlieren. Die innere Leere zu fühlen, so voller Leere. Es fühlt sich an, wie als würde ein Teil von mir fehlen, als wäre ich nicht vollständig ohne ich ihn. Dieser Schmerz ist schlimmer als jede Verletzung, die ich durchlebt habe. Das ist die schlimmste Art von Schmerz. Ich setzte mich auf den Boden, mit dem Rücken an den Brunnen gelehnt und vergrub mein Gesicht zwischen meinen Knien. So schluchtzte ich leise vor mich hin. Ich wollte nicht, dass mich jemand so sieht und ich wollte diesen Schmerz nicht fühlen müssen.

Aus Niklaus Sicht:
Draußen sah ich Danielle. Sie saß neben dem Brunnen. Ihr Schluchtzen war bis ins Haus deutlich hörbar. Ich wusst nicht, wie ich ihr helfen konnte. Was sollte ich tun? Ich muss ihr helfen, Elijah hätte es so gewollt.
Sie darf ihre Lebenskraft nicht verlieren. Ich muss ihr klarmachen, dass sie weiter machen muss. Es gibt vielleicht kein Happy End, aber die Geschichte geht weiter. Ihre Geschichte geht weiter. Sie darf nich aufhören zu kämpfen, Danielle muss stark bleiben. Sie ist die Stärkste, die ich kenne. Danielle symbolisiert Stärke. Aber Elijah war ihre Schwäche. Man konnte sie nicht verletzten, aber er war verwundbar. Er wurde verletzt, um ihr weh zu tun. Eine solche Grausamkeit ist für mich inakzeptabel. Es ist das Schlinmst, was man jemanden antun kann.
Ich muss Danielle beweisen, dass sie keine Schuld trägt. Ich muss ihr zeigen, dass das nicht wahr ist. Es war nicht ihre Schuld. Sie konnte nichts dafür. Ich lief aus dem Haus und schloss die Tür leise hinter mir. Langsam und vorsichtig schlich ich mich an sie ran.
"Danielle?", flüsterte ich. Sie blickte auf. Ihr Gesicht war voller Tränen. Eine Träne folgte der anderen. Man könnte es sogar schon fast als ein Meer aus Tränen bezeichnen. "Ja?", fragte sie. Ich setzte mich neben sie. "Ich weiß, wir fühlen nicht denselben Schmerz, jedoch fühle auch ich Schmerz", sagte ich zitternd. Verzweifelt blickte ich in den Himmel und sah dann wieder zu ihr. Ganz unerwartet kamen mir auf einmal die Tränen. "Ich... Ich habe gerade meinen Bruder verloren", stotterte ich. Es klang so unglaubwürdig und doch kamen diese Worte aus meinem Mund. "Oh mein Gott... Ich habe meinen Bruder verloren", wiederholte ich mich. "Ich weiß. Es tut mir so leid", sagte Danielle, welche immer noch weinte. "Dich trifft keine Schuld. Du hast alles probiert, um sein Leben zu retten und dafür bin ich dir außerordentlich dankbar", sprach ich an sie gewand. Ein kleines Lächeln zwang ich mir auf, so tat sie es mir gleich.
Wird es immer so sein? Werde ich anderen immer etwas vormachen müssen? Werde ich mir immer etwas vormachen müssen? Werde ich je wieder echt lachen können? Ist irgendwann alles wieder beim Alten? Ich wusste es nicht. Ich wusste nur, dass die Gegenwart unaushaltbar und grauenhaft ist.

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